Eulenspiegel
Kritik hören wollen: Bei dem Polizeiaufgebot konnte die Atmosphäre kaum entspannt sein, festlich schon gar nicht. Und darum ging es eigentlich. Ich denke … wir … haben ein wenig übertrieben.«
Es raunte und zischelte. Rother an Toppes linker Seite hatte das Kinn auf die Brust gesenkt, Heinrichs rechts nickte vehement.
»Danke, Herr Toppe«, kam es von vorn. »Dürfte ich um weitere Wortmeldungen bitten?«
Erstaunlicherweise meldete sich Flintrop: »Ich kann das alles nicht so geschwollen ausdrücken, aber irgendwie hat Toppe recht. Ich meine, nicht, daß ich unsere Truppe nicht super im Griff gehabt hätte, aber es waren einfach zu viele. Mehr als die Hälfte stand nur sinnlos rum und hat genervt, obwohl die ja gar nichts dafür konnten. Und ich habe immer bloß gedacht: gut, daß die Banken heute zu sind. Das wäre der ideale Tag für einen Raub gewesen. Auf jeden Fall kam ich mir die ganze Zeit, wenn ich so rumguckte, vor, wie auf der Demo in Kalkar damals.«
Damit setzte er sich sehr zufrieden wieder hin.
Charlotte Meinhard warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. »Keine Wortmeldungen mehr? Nein? Dann danke ich Ihnen, Herrschaften.« Sie sah Flintrop an. »Ich verspreche Ihnen, ich werde mir Ihre Kritik durch den Kopf gehen lassen. Und vielleicht möchte sich der eine oder andere von Ihnen ja bis Montag alternative Konzepte überlegen, die wir dann im kleinen Kreis erörtern können. Das würde mich sehr freuen. Aber einstweilen wünsche ich uns allen ein schönes Wochenende.«
Sofort setzte lautes Stühlescharren ein; die meisten wollten endlich nach Hause und den restlichen Samstag genießen.
Toppe rappelte sich langsam hoch. Heinrichs wartete, und plötzlich war auch van Appeldorn neben ihm.
»Die wird auch noch leiser«, sagte er nachdrücklich. »Wo gehen wir hin, Helmut? In deine Kemenate oder ins Büro?«
»Ins Büro«, meldete sich Astrid von hinten. »Ich hab da noch was in meinem Schreibtisch, das könnte uns jetzt allen gut tun.«
Es war eine Flasche edelster Cognac.
»Geschenk von der Meinhard«, erklärte sie. »Nachträglich zum Geburtstag und gleichzeitig Glückwunsch zu meiner Entscheidung, das neue Dezernat zu übernehmen. Ihr wißt doch, wir Frauen müssen zusammenhalten.«
Heinrichs kramte im neuen Schrankelement. »Tss, was ist das denn für eine Schlamperei? Keine Cognacschwenker! Ich fürchte, da werde ich doch ein Alternativkonzept für die Ausstattung der Büros erarbeiten müssen.« Damit stellte er vier Wassergläser auf Astrids Schreibtisch. »Gieß mir einen doppelten ein, Mädchen.«
Toppe wurde es auch ohne Cognac langsam ein bißchen wärmer.
»So«, setzte Astrid sich schließlich hin. »Auf dem Rückweg vom Museum bin ich beim Krankenhaus vorbeigefahren und habe mit Geldek gesprochen.«
Toppe stellte sein Glas ab. »Und?«
»Der hat gestern morgen einen Anruf gekriegt, angeblich von einem Journalisten von der Zeitschrift Kunst in der Architektur. Die wollten um 10 Uhr mit ihm im Museum ein Interview machen.«
»Wann kam der Anruf?« fragte Toppe.
»Um zehn nach neun.«
»Kurze Anfahrtszeit, findet ihr nicht?«
Heinrichs nickte. »Die Täter müssen schon vor Ort gewesen sein. Und zuversichtlich, daß Geldek darauf anspringt. Wir sollten natürlich sicherheitshalber bei der Zeitschrift nachfragen, ob die nicht tatsächlich einen Reporter in Kleve hatten, aber wer’s glaubt …«
»Der Anrufer war ein Mann, der lupenreines Hochdeutsch gesprochen hat«, fuhr Astrid fort. »Aber seine Stimme habe irgendwie dumpf geklungen, meinte Geldek. Zur Tat selbst konnte er wenig sagen. Er wäre ein paar Minuten zu früh am Treffpunkt gewesen, sei zwischen den Chinesen rumgegangen und habe sich die angeguckt. Dann hätte er plötzlich eine Bewegung hinter sich gespürt, aber gehört hatte er nichts.«
»Indianer«, flachste van Appeldorn. »Nur Indianer können sich lautlos bewegen.«
Astrid blieb friedlich. »Geldek wollte sich umdrehen, aber da hatte er schon ein Tuch unter der Nase. Auch er beschreibt den Geruch als eklig süß. Tja, und dann schwanden ihm die Sinne.«
»Nett formuliert.« Van Appeldorn kippte seinen Stuhl gegen die Wand und streckte die Beine aus. »Dem hätten die Sinne ruhig schon früher schwinden können, dann wären uns ein paar scheußliche Gebäude erspart geblieben, von diversen dreckigen Machenschaften mal ganz abgesehen.«
»Ich hatte meine liebe Mühe, mit Geldek überhaupt ins Gespräch zu kommen, Norbert«, meckerte Astrid. »Der ist
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