Eulenspiegel
kannte, war herangetreten. »Botho van Beveren«, stellte er sich vor. »Sie sind von der Kriminalpolizei.« Den holländischen Akzent konnte man nur ahnen. Der Mann schilderte angenehm sachlich und unaufgeregt, was passiert war, daß man Geldek schon gegen zehn Uhr kurz im Museum gesehen hatte, ihn aber später nicht mehr auftreiben konnte, und in welchem Zustand man ihn schließlich gefunden hatte.
»Hat jemand Geldek nach oben gehen sehen?« wollte Toppe wissen.
»Nein, bestimmt nicht. Sonst hätten wir doch nachgeschaut, als wir alle versucht haben, ihn zu finden.«
Dann nahm er Toppe und Rother mit hinauf in den ersten Stock. »Hier hat er gelegen.«
Geldeks Schuhe standen noch da.
Rother sah sich verdrossen um. »Wenn hier, wie Sie sagen, zwanzig bis dreißig Personen im Raum waren, was soll ich denn da für Spuren nehmen?«
»Die Schuhe dort«, wandte sich Toppe an van Beveren, »gehören die zum Kunstwerk?«
»Nein, ich denke, die gehören Geldek. Der hatte nackte Füße.«
Rother zog sich Handschuhe an, holte zwei Plastikbeutel aus seinem Koffer und packte die Schuhe vorsichtig ein. »Tja.«
»Tja«, meinte auch Toppe. »Am besten, Sie fahren gleich mit mir zum Krankenhaus. Da können Sie dann Proben vom Klebeband nehmen, und vielleicht finden sich ja Fingerspuren am Kondom.«
Karin Hetzel hatte unten gewartet. Toppe ließ sich noch einmal alles erzählen, erfuhr aber nichts Neues.
»Bestimmt kann ich dir Fotos von der Szene besorgen«, bot sie an. »Von Geldek und vielleicht auch von den Gästen. Wenn du mir mal dein Handy leihst …«
Keine zwei Stunden später saß Toppe im Büro, einen ganzen Stapel Vergrößerungen vor sich auf dem Tisch. Der Fotograf der Niederrhein Post hatte mehrere Bilder vom bewußtlosen Geldek für ihn abgegeben, außerdem noch Fotos vom derangierten Birkenhauer, die nicht gedruckt worden waren.
Toppe stützte den Kopf in die Hände.
Geldek war noch nicht ansprechbar gewesen. In seinem Blut hatte man nicht nur reichlich Alkohol, sondern auch eine gehörige Portion Barbiturate gefunden. Ein gefährlicher Cocktail, hatte der Arzt gesagt und Toppe einen frischen Einstich gezeigt. Der Täter mußte die Barbiturate gespritzt haben. Oder die Täter, korrigierte er sich.
Warum diesmal Schlafmittel? Geldek war gegen zehn Uhr nach oben gegangen. Wenn er nur mit Alkohol abgefüllt worden wäre, hätte er womöglich randaliert wie Birkenhauer, und man hätte ihn schon vor der Veranstaltung entdeckt. So aber mußte er beim Rundgang gefunden werden, als Teil eines Kunstwerkes gewissermaßen. Eine perfekte Inszenierung.
Das Telefon riß Toppe aus seinen Gedanken. »Hier ist Norbert. Ich bin mittlerweile in Grevenbroich. Hör zu, ich schaffe das nicht alles an einem Tag, aber ich komme gut voran. Einer der Kollegen hier hat mir sein Gästezimmer angeboten, deshalb werde ich wohl erst morgen zurückkommen.«
Toppe erzählte ihm, was passiert war.
»Geldek?« grunzte van Appeldorn. »Nicht, daß mir das besonders leid tut, aber da kann einem schon komisch werden. Günther zieht seine Razzia durch, und schon einen Tag später schlagen die Jungs zurück.«
»Welche Jungs?«
»Na, die Russen, oder?«
»Wenn man’s wüßte …«
Toppe legte bald auf. Irgend etwas in ihm sträubte sich gewaltig. Ob Geldek auch einen Anruf gekriegt hatte? Wieso sollte der sonst eine Stunde vor der Zeit im Museum sein? Heute abend konnte er ihn fragen, hatte der Arzt gemeint.
Er betrachtete wieder die Fotos. Bloßstellen, der Lächerlichkeit preisgeben, das war doch etwas ganz anderes als ein Ohr oder einen Finger abzuschneiden. Und dann beide Male die Sache mit den Schniedeln. Konnte da nicht etwas ganz anderes dahinterstecken? Ein sexuelles Motiv? Toppe wurde mulmig.
Beide Opfer gehörten zu dieser Klever Unternehmermafia, sicher, aber da war noch eine Übereinstimmung. Wieso hatte im Kurhaus keiner den – oder von ihm aus auch – die Täter gesehen, genauso wenig wie bei der Rhein-Maas-Ausstellung? Zufall? Möglich, aber es gab auch noch eine andere Erklärung.
Wieder wurde er in seinen Überlegungen gestört. Charlotte Meinhard kam herein, und zum ersten Mal erlebte Toppe sie aufgeregt. »Der Teufel ist los! Zur Eröffnung morgen wird der Landesvater erwartet, und nach dem, was heute vorgefallen ist, können Sie sich denken, daß wir etwas unternehmen müssen. Aber ich weiß jetzt, wie wir es machen werden. Im Grunde liegt das auf der Hand.«
12
»Ich leih’ mir eine Uniform«, meinte
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