Eulenspiegel
Protokoll hängt seit einer Woche aus.«
»Ich nehme an, Sie kennen das Paßwort.«
»Ja, nur ich.«
So ein Schwachsinn! Wenn die morgen der Schlag traf, konnten sie sich erst mal einen Programmierer chartern.
»Dann sagen Sie es mir doch bitte, damit ich endlich vorankomme.«
Sie lachte. »Wo wäre da der Sinn? Nein, aber ich kann es von hier aus eingeben.«
»Ausgesprochen effektiv, das Ganze«, murmelte Heinrichs leise, aber die Meinhard hatte gute Ohren.
»Wenn Sie Einwände haben, sollten Sie die bei der nächsten Teambesprechung vorbringen. Deshalb habe ich diese Sitzungen doch eingeführt. Sie wissen, daß ich jederzeit ein offenes Ohr habe für konstruktive Kritik.«
»Natürlich, das wissen wir doch alle«, sagte er und legte auf. »Ja, ja«, murrte er, »und ’n Ei vom Konsum. Ich müßte tatsächlich mal den Mund aufmachen, dann aber gute Nacht, Marie.«
Die E-Mail kam vom BKA aus Wiesbaden. Sie hatten den Hersteller des braunen Isolierbandes ermittelt, das beim Postraub in Kleve und bei den beiden Attentaten verwendet worden war. Eine Firma Durocott in Saarbrücken.
Wie? Und das war alles? Nichts über das Klebeband bei den anderen Raubüberfällen? Und wieso landete die Nachricht eigentlich bei ihm und nicht beim ED?
Er ließ den Drucker schnurren. Das hier konnte eine heiße Spur sein. Wenn er rauskriegte, wo das Band verkauft wurde, konnte er möglicherweise auch erfahren, wer es gekauft hatte.
Und verdammt noch mal, es wurde höchste Zeit, daß sie die Kerle schnappten. Helmut mochte die Sache runterspielen, aber insgeheim wußte der genau, was die Uhr geschlagen hatte. Jeder von ihnen war wohl schon mal von irgendeinem Knacki, der sich rächen wollte, bedroht worden. Aber dieser Brandanschlag ging ein gutes Stück weiter: Helmuts ganze Familie war in Gefahr gewesen.
Heinrichs dachte an seine eigenen Kinder und spürte, wie sein Herz holperte.
Klaus van Gemmern las in einem Buch.
»Habt ihr die E-Mail auch gekriegt?« Heinrichs hielt ihm den Ausdruck hin.
Van Gemmern zuckte die Achseln. »Ich habe nicht nachgeschaut.« Sein Terminal war nicht mal eingeschaltet.
»Was ich wissen möchte: War das Isoband in Dormagen und Grevenbroich nun eindeutig dasselbe?«
»Darum hat sich Rother gekümmert, und der ist unterwegs. Aber ich kann mal nachgucken.«
Van Gemmern ging zu dem Glasschrank, in dem sie die Asservate zu den aktuellen Ermittlungen aufbewahrten. »Die Vergleichsproben sind da, und hier ist die Tüte vom Postraub.« Er wog den prallen Kunststoffbeutel in der Hand. »46KD-001 …«
In dem grauen Ordner an Rothers Platz fand er die Eintragung. »Ja, die Vergleichsproben haben ergeben, daß es sich mit 90%iger Sicherheit um dieselbe Materialzusammensetzung handelt.«
»Fein, fein«, meinte Heinrichs. »Dann werde ich mal loslegen.«
Aber van Gemmern war mit seinen Gedanken schon wieder woanders.
Die Dame bei Durocott fand es offenbar spannend, daß die Kripo etwas von ihr wollte. Ja, ihre Firma belieferte ausschließlich den Fachgroßhandel für Elektrobedarf, und zwar in Deutschland, Frankreich, Belgien und den Niederlanden. Aber natürlich würde sie ihm sofort eine Liste der Händler in ihrer Region faxen. Auch in den Niederlanden?
»Aber gar kein Problem, Herr Kommissar, dauert nur ein paar Minuten.«
In den nächsten Tagen klagte niemand über Langeweile. Die Befragungen liefen zügig und glatt, sie hatten alle nur einen Fehler: Sie führten zu nichts.
Heinrichs lernte viele Elektromeister kennen und kam günstig an eine neue Waschmaschine.
Astrid wurde von der Chefin immer mal wieder von den Ermittlungen abgezogen. Sie sollte die Räume für das neue Dezernat in Goch begutachten und Vorschläge für die Inneneinrichtung erarbeiten. »Sie müssen eine vertrauenerweckende Atmosphäre schaffen, in der sich die Kinder und die Frauen wohlfühlen.«
»Aber es ist doch noch Monate hin«, hatte Astrid sich wehren wollen.
»Haben Sie eine Ahnung, wie lange das dauert, bis die Mittel bewilligt sind!«
Dann trieb sie einen Kinderpsychologen auf, der Astrid beraten sollte.
Die Presse hatte sich auf Eulenspiegel eingeschossen. Gierig hatten fast alle Blätter den Namen übernommen, und jeden Tag erschien irgendwo ein Artikel mit neuen Spekulationen über seine Identität und seine Motive. Auf eine Verbindung zum organisierten Verbrechen kam niemand. Das Feuer auf Toppes Hof war in der Zeitung zwar kurz erwähnt worden, aber glücklicherweise hatte keiner herausgefunden, daß
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