Eulenspiegel
einem weitläufigen Park mit jahrhundertealten Buchen, Eiben und Ilexbäumen.
Toppe folgte der gewundenen Auffahrt bis zur großen Freitreppe und parkte neben dem maronenfarbenen Jaguar.
Sofort öffnete sich das Portal und ein bulliger Mann von Ende Fünfzig in ausgeleierten Cordhosen und kariertem Flanellhemd trat hinaus. Er hatte Hände wie Kohlenschaufeln und einen beeindruckenden roten Schnurrbart, der sich an den Enden kunstvoll nach oben bog. Nach einem kritischen Blick auf den Besucher verschwand er, ohne ein Wort zu verlieren, wieder im Haus. Toppe blieb verwundert auf der untersten Treppenstufe stehen und wartete unschlüssig, bis Lowenstijn endlich auftauchte.
»Komm nur herein, wir beißen nicht.«
»War das gerade dein Butler?«
»Ja, das war Daniel. Du mußt ihn entschuldigen, er schämt sich. Sein Deutsch ist noch sehr schlecht, meint er.«
Sie schüttelten sich die Hände. »Wie ein Butler sieht er nicht gerade aus.«
»Laß ihn das nur nicht hören. Er war auf einer der besten Butlerschulen der Welt, in London, und er ist sehr stolz auf sein Diplom. Warte nur, bis du ihn in seiner Kluft siehst.«
Toppe folgte ihm in die mahagonigetäfelte Eingangshalle.
»Allerdings«, flüsterte Lowenstijn, »hat er diese Schule erst vor vier Jahren besucht. Mein Geschenk zu seinem Fünfzigsten. Es war sein Lebenstraum. Früher war er Schweißer in Birmingham.«
»Und wie bist du an den gekommen?«
»Ach, das ist eine lange Geschichte. Erzähle ich dir mal bei Gelegenheit. Soll ich dich herumführen?«
Das Haus war prachtvoll, die Möbel ausgesuchte Kostbarkeiten, und natürlich hatte ein Umzugsunternehmen längst alle Arbeit erledigt.
»Du hast doch gesagt, du brauchst meine Hilfe.«
Mittlerweile waren sie in der Küche angekommen, und Lowenstijn holte zwei Flaschen belgisches Bier aus dem Kühlschrank und goß es in schlanke Gläser.
»Brauche ich auch. Komm mit nach draußen. Und nimm dein Bier mit, wir setzen uns ein wenig in die Sonne.«
Neben dem Haus standen ein paar große Pflanzkübel mit Oleander und Jasmin. »Die müssen auf die hintere Terrasse. Der Gartenbaumann liefert nur bis vor die Haustür. Er ist Holländer.«
Sie setzten sich auf eine verwitterte Steinbank unter einen Baum.
»Und deshalb sollte ich kommen?« lachte Toppe. »Die schafft dein Daniel doch ganz allein mit Links.«
Lowenstijn nippte an seinem Bier. »Der Mensch braucht Freunde. Und jetzt, wo ich in Deutschland wohne … Du und ich, wir haben einiges gemeinsam.«
Toppe antwortete nicht. Er lehnte sich gegen den Baumstamm und ließ den Blick über die Ebene schweifen. In der Ferne konnte man die Silhouetten der Schwanenburg und der Stiftskirche erahnen. »Es ist herrlich hier, aber meinst du nicht, es könnte ein bißchen zu groß sein für einen allein?«
Lowenstijn lächelte mit den Augen. »Vielleicht will ich ja eine Familie gründen.«
»Du? Nie im Leben!«
»Wieso nicht? Ich denke, fünfzig ist genau das richtige Alter dafür.«
»Da habe ich so meine Zweifel. Außerdem braucht man im allgemeinen dazu eine Frau.«
»Es gibt Anwärterinnen. Obwohl meine Favoritin ja leider dir vollkommen verfallen ist. Und davon läßt sie sich nicht abbringen.«
Toppe verschluckte sich und mußte husten. »Hattest du nicht gerade etwas von Freundschaft gesagt?«
Lowenstijn schaute ihn unschuldig an. »Bitte, ich habe immer mit offenen Karten gespielt und mit fairen Mitteln. Und ich akzeptiere eine Niederlage.«
Ein Kleinwagen kam den kopfsteingepflasterten Weg hochgerollt. Er war rot und hatte vier postgelbe Kotflügel. Das konnte nur Karin Hetzel sein.
»Da kommt eine Anwärterin«, nickte Toppe in ihre Richtung.
»Nein«, entgegnete Lowenstijn ernsthaft. »Ich bevorzuge jüngere Frauen, genau wie du. Für ernste Beziehungen jedenfalls.«
Karin kam gelaufen und umarmte beide Männer herzlich. »Das ist ja traumhaft hier. Darf ich mich umsehen? Kann ich ein paar Fotos machen?«
»Nur zu, fühl dich ganz wie zu Hause. Helmut und ich haben sowieso noch etwas zu besprechen.«
»Haben wir?« fragte Toppe, als Karin zum Auto gegangen war, um ihre Kameras zu holen.
Lowenstijn nickte. »Ich habe heute morgen Zeitung gelesen. Moyland ist euch ja wohl ganz schön in die Hose gegangen.«
»Das kannst du laut sagen«, antwortete Toppe finster.
»Wieso nimmst du diesen Fall eigentlich so persönlich?«
Toppe lachte auf. »Wie würdest du ihn denn nehmen, wenn dir jemand dein Haus anzündet und auf dich schießt?«
»Ich
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