Eulenspiegel
recht bekanntes Werk von Joseph Beuys:
Das Schweigen von Marcel Duchamp wird überbewertet stand da in großen Lettern, braun wie geronnenes Blut. Darunter auf dem Boden frisches, junges Blut in einer großen Lache. Toppe schauderte: Eulenspiegel liebte die Inszenierung; er hatte zweifellos Phantasie, eine zynische, widerwärtige, morbide Phantasie.
Van Gemmern schickte sie weg. »Wir sind gleich durch, dann könnt ihr euch in Ruhe umschauen.«
Astrid machte sich auf die Suche nach der Toilette; sie wollte endlich ihre besudelten Hände waschen. Die anderen sammelten sich im Treppenhaus.
»Alle Gäste sind draußen«, meldete Flintrop über Funk. »Keiner hatte Blut an den Klamotten.«
»Gottverdammter Mist!« ging es mit van Appeldorn durch.
»Außerdem stehen hier jede Menge Leute vom Fernsehen und wollen mit einem von uns sprechen«, redete Flintrop weiter. »Ach, da kommt die Chefin, alles klar. Over!«
»Hört mal«, rief Heinrichs. »Das kann doch nur bedeuten, daß sich Eulenspiegel noch im Schloß oder im Park befindet.«
Van Appeldorn gab unverzüglich den Befehl zum Durchsuchen des gesamten Geländes.
Astrid kam zurück. Sie war immer noch sehr blaß.
»Diesmal hat er kein Isolierband benutzt«, stellte Toppe fest.
Sie hob den Kopf. »Und was bedeutet das?«
»Ich habe nicht die leiseste Ahnung.«
Die Durchsuchung verlief mit professioneller Ruhe, bis jemand plötzlich durchdringend schrie. Alle auf einmal stürmten sie in dieselbe Richtung. Es kam zu Abschürfungen, mehreren Blutergüssen und einer ausgerenkten Schulter.
Van Gemmern und Rother waren die einzigen, die nicht an der Hatz teilnahmen, einfach deshalb, weil sie direkt hinter op den Hoek arbeiteten, der völlig außer sich vor einem Kunstwerk stand und brüllte.
»Wie kommen Sie überhaupt hier rein?« schnauzte van Gemmern ihn an. Dann entdeckte er, daß es nicht die Blutlache war, die den Mann so aus der Fassung gebracht hatte, sondern ein Beuys-Objekt, das ein Stück von der Wand 3 weg aufgebaut war: »Tisch und Aggregat«. Unter einem schwarzen hochbeinigen Tisch mit einem schwarzen Aggregat darauf und zwei an Kupferkabeln befestigten schwarzen Kugeln darunter lag ein blutverschmiertes Plastikknäuel. Keinem war es bisher aufgefallen, jeder hatte es offenbar für einen Bestandteil des Kunstwerks gehalten.
Aus dem Rahmen fiel nur, daß es noch naßfrisch glänzte.
Rother blickte van Gemmern über die Schulter, als dieser das Knäuel mit zwei Pinzetten aufhob und entfaltete: eine lange, durchsichtige Plastikschürze.
»Das erklärt die unversehrte Kleidung.«
»Was für ein ausgebuffter Kerl«, sagte Rother fast ehrfürchtig.
Van Gemmern guckte sich um. Der Raum war voller Polizisten. Rechts neben dem Fenster entdeckte er Flintrop. »Meiner Meinung nach könnt ihr die Suche abbrechen. Der Typ ist längst draußen.«
23
Bergfeld war auch am Abend noch nicht vernehmungsfähig. Immer noch liefen Bluttransfusionen, immer noch lag er in tiefer Bewußtlosigkeit.
»Es ist doch wie abgebissen!« Van Appeldorn schlug mit der Faust auf den Tisch, daß alle zusammenzuckten.
Niedergeschlagen hatten sie sich alle im K 1-Büro versammelt. Alle, bis auf Toppe, natürlich, und bis auf die Meinhard, die den ganzen Tag tapfer ein Interview nach dem anderen gegeben hatte und jetzt vermutlich in irgendeinem Fernsehstudio saß. Ob Eulenspiegel sich diese Popularität erträumt hatte?
»Ich verstehe nicht, wie der Typ durch unser Netz schlüpfen konnte«, meinte Heinrichs. »Der muß das durchgezogen haben, als op den Hoek sein Interview gegeben hat und wir alle nur darauf gespitzt waren.«
»Oder während der Reden«, überlegte Astrid. »Aber wann auch immer, wir waren seit gestern im Schloß, haben jeden überprüft, der da rumlief, und auf der Videoüberwachung in allen Treppenhäusern war auch nichts Ungewöhnliches.«
»Im Kurhaus war es doch genauso«, grübelte Heinrichs weiter. »Und wenn es doch einer aus dem internen Kreis ist? Einer von den Promis? Oder von der Presse? Wir müssen nachgucken, wieviele Leute zu allen drei Veranstaltungen geladen waren: Die Ausstellung, das Kurhaus und Moyland.«
»Und ich wüßte zu gern«, unterbrach ihn van Appeldorn, »was Bergfeld eigentlich in diesem Raum verloren hatte. Der Rundgang durch die Ausstellung war doch noch gar nicht angesagt. Er war allein auf der Veranstaltung, soweit wir wissen. Aber trotzdem muß der doch mit irgendwem geredet haben. Irgendwer muß doch gesehen haben, wann
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