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bei Hunderten pro Tag.)
32 Er bestand darauf, dass er keine Marionette war, und zitierte das alte Sprichwort: Ein ausländischer Mantel passt einem Russen nie.
33 (Die Uniform, die sie ihm entworfen hatten, war braun wie die der SA .) Auf feindselige Fragen erwiderte er, die Deutschen hätten begonnen, ihre Fehler einzusehen. Und schließlich sei es unrealistisch, zu hoffen, fast zweihundert Millionen Menschen versklaven zu können …
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( Ihr könnt nicht alle hundertneunzig Millionen Russen aufhängen, hatte Soja gesagt.)
General Lindemann, der ihn einst gefangen genommen hatte, kam gratulieren, und sie stießen miteinander an.
Eine mitreißende Rede, das muss ich schon sagen! Diese Menschen glauben an Sie, ganz ohne Zweifel …
Offen gesagt, ich bin verzweifelt, sagte Wlassow, denn er hatte eben erfahren, dass seine Einheiten aus russischen Freiwilligen aufgelöst und auf deutsche Einheiten verteilt worden waren.
Also wirklich, wie kann ein Soldat so etwas sagen? Üben Sie sich nur noch eine Weile in Geduld, dann lenkt Berlin ein, das verspreche ich Ihnen!
Es sind ja nicht nur die Kriegsverbrechen, es ist die Absurdität des Ganzen. Wie kann Ihre Führung nicht begreifen , dass sie ihre eigenen Ziele sabotiert, wenn sie die Massen gegen sich aufbringt?
Der deutsche General seufzte und sagte: Wie dem auch sei, mein lieber Freund. Ost und West sind zwei Welten, und sie können einander nicht verstehen.
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Als er nach Berlin zurückkehrte – der Frühlingsmatsch des Reiches war so mausgrün wie Hitlers Waffenrock –, setzte er eine weitere mahnende Denkschrift an die Reichsregierung auf: Die breite Masse des russischen Volkes betrachtet diesen Konflikt nun als deutschen Eroberungsfeldzug.
36 (Zykow verlor beim Patience-Spielen und sagte noch eine Strophe von Puschkin auf.) Er erklärte seinen Herren, es sei selbst jetzt noch möglich, gute Beziehungen zu den Menschen aufzubauen, da sie unter dem Kommunismus so schrecklich gelitten hätten, aber ein sofortiger Kurswechsel der Besatzungspolitik sei unabdingbar.
Die Sekretärin Olenka war verschwunden, aber ihre Nachfolgerin, eine lettische Brünette namens Mascha, war noch viel lebenslustiger als sie. [ 32 ]
Eines Morgens erwachte er im Hotel Russischer Hof, und sie schlief noch in seinen Armen. Er blickte ihr ins sanfte Gesicht, und ihm war, als sähe er die geschlossenen Augen seiner gebrochenen Frau. (Und ich, ich sehe die großen braunen Augen der Frau, die mich am Ende verließ, der einen, die für immer bei mir geblieben wäre, wenn ich nur ein bestimmtes Versprechen abgelegt hätte. Sie war meine Redlichkeit.)
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Ich wiederhole: Bisher hatten die persönlichen Angriffe auf Wlassow nur zu einem begrenzten taktischen Durchbruch geführt. Die Angreifer konnten keinen Überrumpelungseffekt erzielen. Wie Strik-Strikfeldt so weise gesagt hatte: Zu viel Propaganda ist eben nur Propaganda.
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Und so fand er sich wieder an der Arbeit. Kühle und lauwarme Berliner Tage, wolkengesättigte Tage und Schatten unter den Linden; was der Frühling ausschwitzte, kroch ihm auf das Angenehmste unter die Haut. Er saß da und fragte sich, was tun. Zykow war noch nicht abhandengekommen. An einer Wand seines schäbigen, kleinen Dienstzimmers stapelten sich die literarischen Ergüsse eines Kollegen: Und diese Unterwelt des Untermenschen hat ihren Führer gefunden: den ewigen Juden!
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Die Gestapo warnte ihn, die UdSSR habe einen gewissen Major S. N. Kapustin darauf angesetzt, seine Armee zu infiltrieren und ein Attentat auf ihn zu verüben. Das war ihm egal. Betrunken erzählte er einem Büromenschen weiblichen Geschlechts: Ich erinnere mich noch an meinen Gegenangriff bei Nemirow. Vier Tage Panzerschlacht …
So wie eine zerschlagene Einheit von Soldaten sich um die Städte oder Befehlsstände sammelt, die sie kennt, weshalb der Feind dazu neigen wird, tödliche Kreise um eben diese Punkte zu schließen, so war Wlassow weiter von seiner Geco-Patronenhülse besessen und drehte sie ohne Unterlass zwischen den Fingern hin und her, um sich gegen
die nächste Offensive zu wappnen. Zykow lachte ihn aus. Einmal hatte Mascha ihm sein Spielzeug geklaut, nur zum Spaß, aber er wurde sehr böse, und sie entschuldigte sich und ließ es ihm errötend wieder in die hohle Hand fallen. Irgendwie gab es immer so viel Schnaps, dass er das Denkschriften-Schreiben aufgab. Bald war er so apathisch, dass er sich kaum noch die Mühe machte, mit dem Mann vom Amt für die
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