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Europe Central

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Titel: Europe Central Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William T. Vollmann
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wenn Sie bitte die Schlussformeln hinzufügen würden, Adam? Sie wissen, wie man so etwas anständig macht …
    Jawohl.
    Sind Sie so weit? Dann bitte zur Unterschrift vorlegen. Wissen Sie, Adam, Sie erinnern mich manchmal an meinen Sohn Friedrich. Ein sehr tapferer und energischer junger Mann. Wir fügen besser eine Entschuldigung dafür an, dass die Nachricht handschriftlich ist. Also gut, versiegeln Sie das.
48 Suchen Sie sich einen vertrauenswürdigen Offizier und lassen Sie ihn das ins Hauptquartier der Heeresgruppe Don fliegen.
    Zu Befehl, Herr Generaloberst! Soll ich es Generalmajor Schmidt bringen?
    Wozu?
    Zur Freigabe, Herr Generaloberst.
    Ich habe Ihnen doch gesagt, das ist nur für Feldmarschall von Manstein persönlich bestimmt.
    Jawohl.
    Sie können abtreten.
    Er versuchte, die Augen zu schließen, aber schon nach einer Viertelstunde klopfte Generalleutnant Jaenecke an, der nicht nur ein treuer Untergebener war, sondern auch ein Freund, um wieder für einen Ausbruch zu plädieren. Wir gehen durch die Russen durch wie das Messer durch die Butter!, insistierte er.
49
    Das steht ganz außer Frage, aber wir müssen dem Wort des Führers folgen, erwiderte er.
    Es war ganz natürlich, dass Männer wie Jaenicke verklärten, was vor ihnen lag. (Und was war das? Mangelernährung, auch als Hunger bekannt.) Über ihnen allen hing das Gespenst des Feldmarschalls von Reichenau. Er erinnerte Paulus ein wenig an seinen Vater, dem beinahe alles gelang. Wie könnte man die Art vergessen, wie von Reichenau unseren Angriff auf Kiew buchstäblich selbst angeführt hatte? Und doch, Angriffe, so glanzvoll sie auch sein mögen, können nur gelingen, wenn man über Reserven verfügt – von einem Angriffsziel ganz abgesehen.
    Von Reichenau, Rommel und selbst von Manstein, von ihnen allen hörte er nun sagen, sie wären einfach losmarschiert und hätten Stalingrad geräumt, bevor der Führer es hätte verbieten können. Selbst Jaenecke hatte in ihrem kurzen Gespräch darauf angespielt. Nun, das mochte alles sein, aber spielten die Vorwürfe der Illoyalität, die schon jetzt gegen die Führungsriege der deutschen Wehrmacht erhoben wurden, denn überhaupt keine Rolle? Bormann und die anderen suchten nur nach einem Vorwand, den Generalstab abzuschaffen und alles zu nazifizieren. Und welche Rolle spielte Schmidt bei all dem? Er traute niemandem mehr.
    Eine Abordnung Offiziere sprach bei ihm vor und bat um Einleitung des Unternehmens Donnerschlag, das streng geheim hätte sein sollen und bei den Soldaten in aller Munde war; und als er erwiderte, im Augenblick könne ein Ausbruch nicht bewilligt werden, explodierten sie buchstäblich, so wie Eisbrocken aus zugefrorenen russischen Flüssen platzen, wenn wir sie unter Artilleriebeschuss nehmen; er erklärte ihnen, in dieser Sache gebe es keine Diskussionen mehr, da sie sich selbst gegen den Rückzug an den Tschir gewandt hatten, als er dieses Thema im vergangenen Monat mit ihnen angeschnitten hatte; er wäre ihnen daher sehr verbunden, wenn sie ohne vorherige Genehmigung nicht wieder damit anfingen. General von Hartmann wirkte am traurigsten, daher bat Paulus ihn, noch zu bleiben, als die anderen gingen. Sein Besucher schlug die Hacken zusammen, verbeugte sich und versicherte
ihn der ungebrochenen Loyalität aller Beteiligten. – Natürlich muss man loyal sein, erwiderte Paulus. Das steht außer Frage, Hartmann. Ohne die Rechtfertigung des Gehorsams ist ein Soldat der reinste Mörder.
    Jawohl, Herr Generaloberst. Ich frage mich, wie unser ganzes Ringen und unser Kummer wohl aussehen mögen, wenn man, sagen wir, vom Sirius darauf schaut.
    Das kommt sicher ganz darauf an, ob man die Frage vor oder nach unserer Unterwerfung der Sirianer stellt! Eine Zigarette, Hartmann?
    Danke, Herr Generaloberst? Sie glauben also, dass der Gehorsam die Teilnahme an diesem Feldzug rechtfertigt?
    Sie haben vorsichtiger zu sein, Hartmann. Ihre letzte Äußerung würde ich zum Beispiel vor Generalmajor Schmidt nicht wiederholen. Sie dürfen abtreten.
    Er zündete sich eine Zigarette an und unterzeichnete betrübt ein Todesurteil wegen Feigheit vor dem Feinde. Der Gefreite Vogel hatte sich selbst in die linke Hand geschossen, in der Hoffnung, als Verwundeter aus Stalingrad ausgeflogen zu werden. Erst Beethoven vom Grammophon, dann noch eine Zigarette, dann der Brief an Coca: Ich habe zur Zeit eine recht schwierige Aufgabe, von der ich hoffe, sie bald gelöst zu haben. Sie würde ihn verstehen, sie war die

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