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erklärte, warum sie ihr Operationsbesteck jetzt von russischen Mädchen säubern ließen. Er hoffte noch immer darauf, dass man ihm erlauben würde, Unternehmen Donnerschlag einzuleiten, so sehr seine entkräfteten Truppen dabei auch dezimiert werden könnten. Aber aus der Wolfsschanze nichts als Schweigen. Erst Entsatz, dann Ausgabe von Treibstoff und Munition, dann Ausbruch; er wusste, wie man das machte. Ein Ausbruch nach Südwest war in der Theorie die korrekte Vorgehensweise. Ist der Absprung der Flugzeuge trotz Bedrohung von Tazinkaja noch sichergestellt? , diktierte Schmidt der Schreibkraft am Fernschreiber laut,
55 nicht der,
die geweint hatte, einer anderen, die ihn ein wenig an seinen Sohn Friedrich erinnerte. Paulus wünschte seinen Stabsoffizieren fröhliche Weihnachten, und sie stießen auf die 6. Armee an. In jener Nacht trat er, das Gesicht so grauweiß wie das Element Germanium, hinaus zwischen die abgefressenen Gerippe der Pferde und inspizierte die Stellungen so lautlos wie möglich, um die Männer nicht mit falschen Hoffnungen zu stören oder zu ermüden. Die Rettungstruppen waren jetzt auf dem Rückzug und wurden erst an den Aksai zurückgeschlagen, dann nach Kotelnikowo. In den Gebeinen eines Wohnblocks hielt ein Kaplan vor einem Altar aus einer Munitionskiste einen Gottesdienst ab. Die Gemeinde betete mit Inbrunst, manche weinten. Generalmajor Schmidt, der neben ihm her lief, sagte: Nun, Herr Generaloberst, sehen wir es positiv, diese Entbehrungen werden unseren Rassenhass stärken.
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Generalmajor Schmidt hatte aus unseren Reserven Sondereinheiten aufstellen lassen, sogenannte Greifkommandos. Ihre Aufgabe war es, Deserteure zu erschießen.
Billigen Sie diese Maßnahmen, Herr Generaloberst?
Ich spreche lieber Empfehlungen für langfristige Planungen aus, erwiderte Paulus.
Jawohl. Billigen Sie diese Maßnahmen?
Allerdings. Jeder Soldat muss Befehlen folgen. Sie können verfahren, wie Sie es für angemessen halten …
Da seinen Panzern das Benzin inzwischen fast ganz ausgegangen war, befahl er, sie an der Front einzugraben, so tief und dauerhaft wie möglich, als Unterstände für die Infanterie. Wenn damit die Wachen nur einen Ort hatten, sich vor dem mörderischen Wind zu schützen, der sich schlimmer anfühlte als vor Moskau im vergangenen Jahr, obwohl er das natürlich nicht war; es kam ihnen nur so vor, wegen der Unterernährung.
Ein Unteroffizier sagte: Ich habe schon immer gewusst, dass ich Russisch hätte lernen sollen! … – und Generalmajor Schmidt verpasste ihm persönlich einen Kopfschuss, ohne mit der Wimper zu zucken. Paulus zündete sich eine Zigarette an.
Er besuchte mit Oberst Adam die Front und wich dabei seinen Deut
schen aus, die in ihren eingeschneiten Schützengräben lauerten und ihre Sturmgewehre, die nun zu Sturmabwehrgewehren geworden waren, in ihren Armen vor der Kälte schützten. Es war stockdunkel. Halb hoffte er, das Mündungsfeuer unserer Entsatztruppen sehen zu können, obwohl er wusste, dass es nicht mehr möglich war. Oberst Adam drängte ihn zur Umkehr, der Gefahr wegen. Plötzlich nahm der Feind sie unter Feuer. Er hockte sich so entspannt in den Schnee, dass Oberst Adam sicher war, er sei getroffen worden, aber er lächelte nur und zündete beiden eine Zigarette an.
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Die Botschaften von Feldmarschall von Manstein klangen jetzt weniger dringlich, weniger aufmunternd. Er versuchte, einen größeren Gefechtsverband bei Millerowo unter seinen Befehl zu nehmen, aber der Führer hatte noch nicht darüber entschieden.
Paulus setzte einen Funkspruch an ihn ab:
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Feldmarschall von Manstein hoffte dagegen, das Rollfeld bei Tazinkaja wieder einnehmen zu können. Er tat sein Bestes, den Führer dazu zu bewegen, der 6. Armee den Ausbruch zu gestatten, obwohl es inzwischen natürlich nur noch wenige Überbleibsel durch den feindlichen Belagerungsring schaffen würden.
Die Wintertage der 6. Armee gingen ins Land, und die Wegmarken aus steifgefrorenen Pferdebeinen versanken im Schnee. Paulus' Zigaretten gingen zur Neige. Weihnachten war natürlich nicht schön, schrieb er Coca. In solchen Zeiten besser keine Feiertage.
57 Erst das Kreischen der feindlichen Katjuscha-Raketen, viel schriller als die Sirenen in der Wolfsschanze; dann die Detonationen, denen nach kurzer Pause das kristallklare Prasseln von zersplitterndem gefrorenen Schutt folgte, die Schreie der Überlebenden, ein jeder aus tiefem Herzen und ganz für sich allein, als wäre dieser eine
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