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Europe Central

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Titel: Europe Central Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William T. Vollmann
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anzurufen.
    Ich rollte mein Telefonkabel aus und lauschte dem Knochenklappern, erfuhr aber nur, dass unser FREYA -Netz tot war. Keine Anweisungen! Dann ein Flüstern in der Leitung: eine vage Andeutung, T-34 stünden bereit, plötzlich in ungeheurer geheimer Stärke aus dem Nichts loszuschlagen.
    Da kam wieder ein Schwarm Schturmowiks! – Deckung!, rief Feldwebel Gunther – Ich hoffte inständig, dass sie nicht von den »Nachthexen« geflogen wurden; das waren die schrecklichsten Frauen der Welt! Damals anno 41, zu Beginn des Unternehmens Barbarossa, hätten wir sie alle mit unseren magischen Achtundachtzigern abschießen können. Die Achtundachtziger ist ein Flugabwehrgeschütz; wirklich die ideale Kanone, aber jetzt brauchten wir die Achtundachtziger, um uns vor diesen T-34-Panzern zu schützen! Falls Ihnen jemand erzählt, das gehe auch mit einer Fünfundsiebziger, glauben Sie ihm nicht! Ich habe zu oft gesehen, wie unsere Panzer IV einen Volltreffer landeten und trotzdem den Kürzeren zogen. Du kannst mit dem Maschinengewehr auf einen Vampir schießen, aber wenn keine deiner Kugeln aus Silber ist, kannst du dich genauso gut selber damit erledigen! – Nicht vergessen, sagte Feldwebel Gunther immer, aufs Heck dieser T-34 zielen. Schickt sie dem Kommissar Himmel auf einer Feuersäule! – Aber ich habe nie einen abgeschossen, ich sitze ja nur am Feldtelefon. Ein Wunder, dass sie mich nicht schon tausend Mal abgeschossen haben.
    Wir verreckten, drangen dabei ein paar Zentimeter weiter in ihre Verteidigungsstellungen ein und weigerten uns, die stufigen Schattenrisse der anrückenden Panzer am Horizont zur Kenntnis zu nehmen. Nur nicht allzu weise werden, heißt es.
17 Ich war froh, als ich sie in dem schwarz-braunen Rauch, der sich schräg aus den Motoren unserer abgeschlachteten Panzer IV erhob, wieder aus den Augen verlor.
    Bestimmt öffnete der Schlafwandler in Berlin wieder einen Aktenordner, einen grünen oder einen grauen, für taktische Rettungspläne mit Zangen, so effektiv wie Wagners ineinander verzahnte Leitmotive: Das Unternehmen Zitadelle würde sein Ziel erreichen! Was aber, wenn er gerade mittagessen gegangen war? Wir duckten uns; Rauch erhob sich aus dem Dorf hinter dem Weizenfeld. Der Feind brach durch, russische Flugzeuge kamen in Wellen heran, so raste unser Leben dahin. Die 15. Schützendivision war schon bis an die Hügel im Westen zurückgedrängt worden; die Roten nahmen uns aus ihren 14,5-Millimeter-Panzerabwehrkanonen unter Feuer; dann ballerten unsere Achtundachtziger los und machten sie alle; dem Himmel sei Dank für die Achtundachtziger!
    Am 9.7.43 steckten wir fest. Wir hatten fast schon ein Sonnenblumenfeld durchquert, bestimmt das letzte, da stießen wir auf eine Schützenlinie der Roten Armee, die uns aus ihren Gräben unter Beschuss nahm. Dann stürmte ein Slawe vor und zog den Ring seiner Handgranate. – In dem Fall, lachte Rüdiger, wünschte ich, ich hätte nie versucht, mit dir zu streiten. – Seine Kugel fand vor meiner ihr Ziel. Aber da kamen schon die nächsten zwanzig Slawen!
    Haben Sie je aus Unkenntnis oder Starrsinn und Fahrlässigkeit eine Bohrspitze ruiniert? Vielleicht war sie für Holz gedacht, und Sie wollten ein Loch in eine Stahlplatte bohren. Das Metall ist gar nicht so dick, da wird die Bohrspitze schon halten. Aber sie läuft heiß, und Sie stemmen sich gegen die Bohrmaschine, bis der Bohrer hinüber ist, und durchgekommen sind Sie nicht. Deshalb brachte Rüdiger wissende Blicke zustande, ohne auch nur die Augen zu bewegen. Nicht nur, dass der Abrieb der feindlichen Gegenangriffe unsere Klingen stumpf gemacht hatte – von den Höhen vor uns, tief im Kursker Bogen und jenseits unserer Reichweite, nahmen uns russische Batterien unter Beschuss. Warum konnte unsere Luftwaffe sie nicht ausschalten? Außerdem fehlte es uns an Flammenwerfer-Mannschaften; sogar das gelierte Benzin war
uns ausgegangen. Trotzdem kämpften wir weiter darum, dieses neue Märchen wahr werden zu lassen, ein Märchen, das von antimagnetischer Paste zusammengehalten wurde und mit den roten Emaillesternen geschmückt war, die wir von Sowjetgräbern gestohlen hatten; es handelte von deutschen Panzern mit grün-gelbem Tarnanstrich; aber am 11.7.43 brachen feindliche Speerspitzen in unseren Frontvorsprung bei Orel ein, und Generaloberst Model, der noch nicht Feldmarschall war, musste einige von uns vom Angriff abziehen, um dieser Bedrohung zu begegnen. Um es ganz deutlich zu sagen: Wir

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