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09:15 hatte die Minenstation unseres Regiments einen Volltreffer abbekommen. Zu den Gefallenen gehörte mein Freund, der Regimentsadjutant Hauptmann Hildebrand. (Von ihm stammte das geflügelte Wort: Hätte schlimmer kommen können! Wir hätten in Stalingrad landen können!) Sein blasser Kopf lag im Dreck; dunkles Blut rann ihm aus dem Mund. Na und? Es hätte mich treffen können. Einer, den ich nicht kannte, brabbelte schon etwas von verratener Offensive, und die Offiziere brüllten alle, viel zu spät: Verteidigungsstellungen einnehmen!, worauf das Donnern unserer Achtundachtziger jedes menschliche Geräusch übertönte. – Um 10:00 hatten wir unser zweites Ziel erreicht, den Punkt 210,7, wo sich uns das 1. und 2. Bataillon anschlossen. Hier wurden wir wieder von Panzerfallen aufgehalten.
Rüdiger, der gefühlvolle Rüdiger, saß nun im Lastwagen vor meinem, und Volker war hinter mir. Seinem Reiseführer zufolge soll das Twerskaja-Viertel von Moskau sehr hübsch sein; Stalin hat extra für uns die Straßen verbreitern lassen. Was den alten Krüppel angeht, zuerst hatte ich geglaubt, er sei bei Feldwebel Gunther, was aber unmög
lich gewesen wäre; ehrlich gesagt, er war mir gerade herzlich egal. Wir konnten die Slawen in den Weizenfeldern rundherum fast atmen hören. Ich war ganz krank vor Angst. Und ich möchte hier anmerken, dass der Schlafwandler dafür sorgte, dass seine Lieblinge von der Waffen-die besten Sturmgewehre bekamen; wir waren unterbesetzt und hatten ganz bestimmt keine gepanzerten Transporter, das kann ich Ihnen versichern! Wie ich schon zu Protokoll gegeben habe, saß ich nur am Feldtelefon; ich musste auf einem offenen Laster fahren. Ich sagte mir: Wenn ich nur etwas tun könnte; wenn ich mir die Sache nur klar machen könnte! Ich bin kein guter Mensch, aber ich bin auch kein Ungeheuer. Ich habe noch nie einen Zivilisten erschossen, höchstens auf Befehl. Ich habe ein Recht zu leben. Was kann ich tun? Einsiedlerkrebse werden ganz Helm, wann immer sie wollen; Schmuggler denken sich Verstecke aus, auf die noch keiner gekommen ist; Panzerbesatzungen lassen sich in einen Tiger versetzen. Und Panzer schützen sich mit antimagnetischer Paste gegen russische Haftminen …
Dann erhob sich plötzlich etwas Metallisches aus einem dichten Wald aus Sonnenblumen, es sah aus wie eine Tasse an einem Stiel; dieses harmlose Ding wirbelte durch die Luft, landete auf der Motorhaube des Panzer III an unserer linken Flanke, Dankwarts Panzer, und sprengte ihn in die Luft, genau wie ich erwartet hatte; das war Dankwarts Ende. Für den Schlafwandler war das alles einfach nur massierte Aufklärung.
Um 11:00 hatten unsere Pioniere ihre Brücke über die Niederung von Gersowka fertiggestellt, und obwohl ich es besser wusste, hätte ich mir beinahe eingeredet, dass wir wirklich durchbrechen und diese übernatürlich starke Feindkonzentration zerschlagen könnten, denn jede Illusion war besser als die Gemeinheit eines Feldwebel Gunther, der sagte: Wer nicht fällt, ist ein Verräter, weil er verloren hat, also könnt ihr gleich alles geben! Und euch gefangen nehmen lassen könnt ihr auch vergessen. Betrinke dich, wie aus dem Schädel des Feindes der Slawe sich einst betrank!
15 – Um 13:00 brachten wir einen russischen Panzerangriff auf Korowino zum Halten und zerstörten alle sieben Panzer. Aber dann kamen mehr Panzer in Formationen von ein- und zweihundert.
Nun, wir taten weiter, was wir konnten. Unser Wille war gepanzert wie Herz, Sonderzug und Automobil unseres Führers. Wir werden es
nicht mehr ändern, entgegnete Volker, lasst uns weiterreiten. Es gibt kein Zurück mehr!
16
Am Abend des zweiten Tages waren wir bis auf eine Tiefe von fünfzehn Kilometern durchgebrochen. Danach ging gar nichts mehr. Am Tag fünf waren wir trotzdem weiter vorgedrungen, ein halbes Dutzend Kilometer weiter; unser Wille mag gepanzert gewesen sein, aber die Panzerung des Feindes war stärker. Wir übten uns in Vorsicht; wir hoben unsere Feldstecher und spähten durch Löcher in jeder Mauer; aber in der Todeszone lagen tote Männer im Stacheldrahtverhau, schwarz von Fliegen. Selbst wenn nur jeder Vierte ein Deutscher war, hatten wir doch verloren, denn sehen Sie, Russen gibt es so viele!
Unsere Flugzeuge stiegen weiter über uns auf, kreischten in einem fort, aber es gab mehr russische Flugzeuge, als ich je gesehen hatte, und manchmal rammten sie unsere im Flug. Feldwebel Gunther befahl mir, sofort in der Schaltstelle Europa
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