Eva Indra
Grinsen aufgesetzt, sondern er schürte mit Absicht das Feuer ihrer Wut, indem er ihr mitleidig ins Gesicht tätschelte, als wäre sie ein trotziges Kind. Anna war seiner Hand letztendlich ausgewichen, um ihre Rage mit einem großen Schluck Wein hinunterzuspülen. Doch kaum hatte sie den Wein in ihrem Mund, konnte sie doch nicht schlucken, weil ihr die Tränen in die Augen schossen. Mehr emotional als reiflich überlegt spuckte sie den Wein aus ihrem Mund in einem Sprühregen in sein Gesicht.
Leonard trat einen großen Schritt zurück, wischte sich den Wein aus dem Gesicht und blickte sie in einer Art und Weise an, dass es Anna mit der Angst zu tun bekam. „Spinnst du!? Drehst du jetzt total durch?“, stieß er aus und begutachtete die Rotweinflecken auf seinem Hemd.
„Ja, ich spinne! Ich spinne, weil ich dich immer noch liebe!“ Annas Stimme überschlug sich. Ihre Augen brannten von den Tränen und der aufgestauten Wut, ihre Nase war so angeschwollen, dass sie vor Aufregung kaum noch Luft zum Atmen hatte. Unfähig zu sprechen wusste sie sich nicht anders zu helfen, als mit ihren kleinen Fäusten auf seine Brust einzuhämmern.
„Anna!“, stieß er unbeherrscht aus. „Schau dich doch an. Du bist doch nur noch ein Häufchen Elend. So eine Furie wie dich soll ich lieben? Ha, das glaubst du doch selbst nicht!“, entgegnete er und seine Stimme gewann mehr und mehr an Volumen. Anna war gänzlich überfordert mit der Situation, in die sie sich nun erfolgreich hineinmanövriert hatte und konnte sich doch nicht mehr beruhigen.
„Du Schwein! Du glaubst wohl, ich mache es dir so einfach!? Du kannst mich nach drei Jahren einfach so loswerden, ha!“, schrie sie und zog ihn grob am Hemd. „Anna, hör auf, verdammt noch mal!“, schrie er und versuchte sie zur Besinnung zu bringen. „Du bist vollkommen durchgedreht! Nein, verrückt bis du!“
Doch Anna war in einen Wutrausch geraten, den sie nicht mehr kontrollieren konnte. All ihre jahrelang aufgestaute Frustration über diese fehlende Liebe schien mit einem Mal aus ihr hervorzubrechen, wie eine aufplatzende eitrige Wunde.
„Anna, reiß’ dich zusammen!“, stieß Leonard aus und stupste sie letztendlich unbeabsichtigt etwas zu heftig von sich, so dass Anna zu Boden stürzte.
„Es ist wieder eine andere Frau. Ja? Komm, sag schon! Wer ist es diesmal?“, stieß Anna aus und begutachtete ihre leicht aufgeschundenen Handballen.
25
Eva Indra Bis aufs Blut
„Nein!“, stieß Leonard aus und leerte sein Glas in einem Zug.
„Du feige Sau. Du kennst wahrscheinlich nicht mal ihren Namen!?“, schrie sie. „Anna, hör auf damit. Das bringt nichts! Wie oft haben wir das schon durchgekaut?“
„Aber warum, Leo? Warum? Bin ich denn so schlecht? Hab ich dich je betrogen? Warum? Sag's mir doch?“
„Ich weiß auch nicht Anna! Ich bin halt so!“
„So! Du gibst es also zu!“
„Was gebe ich zu?“
„Das es da wen anderen gibt.“
„Nein. Ja... ...aber das hat nichts mit dir...“
„...wer ist es?“, wollte Anna unverzüglich wissen.
„Anna - ist das wirklich notwendig?“
„Ja, ich möchte es wissen. Wer.. ist es, verdammt noch mal ???“
Er hatte ihr den Namen gesagt. Es war einer von den vielen Frauennamen, mit denen er sie bisher betrogen hatte. Doch der Name der Frau war es nicht - es war einfach ein Name zuviel. Anna war nicht bereit für einen neuen Namen gewesen, so kurz nachdem sie den anderen erst mal eben verdaut hatte. Sie hatte es satt! Satt, sich demütigen zu lassen! „Das wird dir noch leid tun!“, stieß sie aus und erhob sich vom Boden. Doch kaum hatte sie diesen letzten Gedanken laut ausgesprochen, war ihr Zorn wie verflogen. Statt dessen manifestierte sich in ihr das Gefühl der Vergeltung auf so eindringliche Weise, dass ihr der spitze Schürhaken unvermittelt ins Auge sprang, der unbekümmert in der Verankerung neben dem Ofen hing.
Ruhig und gefasst trat sie einen kleinen Schritt näher auf Leonard zu, der ihr achtlos den Rücken zugewandt hatte. Erstaunlicherweise stärkte die Waffe in ihrer Hand ihr Selbstvertrauen, gab ihr das Rückgrat, ihr Vorhaben in die Tat umzusetzen. Keine anderen Frauen mehr! Genug! Ich hab' genug! Hörst du!, faselte sie unter aufkeimenden Tränen in sich hinein und schlug mit der Spitze des Hakens auf seinen Hinterkopf, so dass Leonard wie ein Sack zu Boden fiel und regungslos auf dem Küchenboden liegen blieb.
26
Eva Indra Bis aufs Blut
Kapitel 5
Es war ein diesiger Sonntagmorgen, als der
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