Evas Auge
dann hat er Cola oder Seven Up getrunken. Und er hat bei ihren Turnieren immer Buch geführt.«
»Und unsere Leute haben ihn dann eingebuchtet, diesen Peddik?«
»Genau. Aber nachher habe ich erfahren, daß sie es sich danach anders überlegt haben.«
»Einarsson hat sich für ihn eingesetzt.«
»Ach, meine Güte, ist das denn möglich?«
»Naja, auch wir lassen mit uns reden. Nichts geht über soziale Netzwerke, wissen Sie, davon haben wir viel zu wenige. Sie haben nicht zufällig irgendein Wort aufgeschnappt? Mitten im ganzen Krach?«
»Doch, das ließ sich nicht vermeiden. ›Verdammtes Frauenzimmer‹ und so.«
»Also eine Frauengeschichte?«
»Bestimmt nicht. Nur viel Promille, und dann greifen sie zum nächstliegenden Thema. Seine Ehe war wohl nicht besonders heiß, deshalb sind sie ja schließlich hergekommen, nicht wahr?«
Der Mann fischte aus einem Behälter auf dem Tresen einen Zahnstocher und reinigte sich damit die Fingernägel. »Meinen Sie, zwischen beiden Morden besteht ein Zusammenhang?«
»Keine Ahnung«, sagte Sejer. »Aber ich muß einfach danach fragen, wo ich schon hier sitze und aus dem Fenster schaue und ihren Block sehen kann. Fast wenigstens.«
»Das kann ich verstehen. Tolle Frau, übrigens. So sollen Mädels aussehen!«
»War sie oft hier?«
»Nix. Die hatte feinere Angewohnheiten. Ein seltenes Mal hat sie hereingeschaut, nur, um in Rekordzeit einen Cognac zu kippen und wieder zu verschwinden. Hatte nicht viel Freizeit, glaube ich. Fleißige Kleine. Hat wirklich rangeklotzt.«
»Diese Jungs, die hier getrunken haben, die haben doch sicher über den Mord geredet?«
»Der Mord lag hier mitten im Laden wie ein frischer Kuhfladen, und sie sind wochenlang darum herumgeschwirrt. So sind die Menschen eben.«
Sejer stand auf.
»Und jetzt kommen sie nicht mehr her?«
»Doch, sie schauen schon mal rein, aber nicht mehr regelmäßig. Und nicht mehr gleichzeitig. Trinken nur zwei Halbe und gehen dann wieder. Entschuldigung«, sagte der andere dann plötzlich, »ich hätte Ihnen natürlich etwas zu trinken anbieten müssen.«
»Das habe ich dann eben noch gut. Vielleicht schaue ich auch mal rein und trinke einen Halben. Sind Sie ein guter Koch?«
»Kommen Sie doch mal abends und probieren Sie das Cordon Bleu.«
Sejer verließ das Lokal und blieb im Tageslicht abrupt stehen. Der Koch war ihm gefolgt.
»Hier war nach dem Mord an Durban schon mal ein Bulle. So ein englischer Dandy, mit Schnurrbart.«
»Karlsen«, lächelte Sejer. »Der ist aus Hokksund.«
»Ja, ja, er kann ja trotzdem in Ordnung sein.«
»Ist Ihnen aufgefallen, ob einer von den Jungs während des Abends verschwunden und danach wiedergekommen ist?«
»Das mußte ja kommen«, grinste der Koch. »Diese Frage, meine ich. Aber das weiß ich wirklich nicht mehr. Die sind oft raus und wieder reingelaufen, und es ist schließlich ein halbes Jahr her. Sie sind manchmal um sieben ins Kino gegangen und dann wieder hergekommen, sie haben im Peking gegessen und sich dann hier vollaufen lassen. Einarsson ging manchmal zwischendurch Tabak kaufen, ich führe seine Marke nicht. Aber wie das an dem Abend war, weiß ich wirklich nicht. Dafür haben Sie hoffentlich Verständnis.«
»Vielen Dank für Ihre Auskünfte. Es war jedenfalls nett bei Ihnen.«
Auf dem Heimweg hielt er bei der Fina-Tankstelle. Er ging in den Laden und nahm sich eine Zeitung aus dem Gestell. Hinter dem Tresen stand eine hübsche junge Blondine mit Locken. Ein bißchen fülliges Gesicht, runde, goldene Wangen, wie frischgebackene Rosinenbrötchen. Aber da sie nicht älter sein konnte als siebzehn, gestattete er sich nur väterliche Gefühle.
»Sie haben einen schönen Overall an«, sagte er und zeigte darauf, »so einer liegt bei mir zu Hause in der Garage.«
»Ja?« Sie lächelte fragend.
»Wissen Sie, ob die auch in Kindergrößen lieferbar sind?«
»Ach, Gott, da habe ich wirklich keine Ahnung.«
»Können Sie irgendwen fragen?«
»Sicher, aber dann muß ich anrufen.«
Sejer nickte und schlug die Zeitung auf, während die Frau eine Nummer wählte. Er mochte den Geruch hier im Laden, eine Mischung aus Öl und süßer Schokolade, Tabak und Benzin.
»Die kleinste Größe ist für zehn Jahre. Kostet zweihundertfünfundzwanzig Kronen.«
»Könnten Sie mir einen bestellen? Den kleinsten? Der ist zwar noch ein bißchen zu groß, aber der Junge wächst ja schließlich noch.«
Sie nickte, er legte seine Karte auf den Tresen und bedankte sich, nahm die
Weitere Kostenlose Bücher