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Evas Auge

Evas Auge

Titel: Evas Auge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Fossum
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zu stehen kommen würde? Was war das eigentlich für ein Gefühl?
    Eva gab Gas und jagte durch den Kreisverkehr. Sie fuhr an der Glühbirnenfabrik vorbei und sah den Zeitungsständer vor der Bäckerei. »Erstickt aufgefunden«, stand dort, wie auch an der Tankstelle, Maja in der ganzen Stadt, und Elmer hatte es sicher auch gelesen, falls er Zeitungen las, aber das taten schließlich alle. Eva fuhr langsamer, hatte jetzt die Oscarsgate erreicht, glitt an der Brauerei vorbei, erreichte das Schwimmbad und hielt dahinter an. Sie blieb noch eine Weile im Wagen sitzen. Der Parkplatz war groß, und viele Autos waren weiß. Sie schloß ihres ab und ging langsam am Schwimmbad vorbei, registrierte den Chlorgeruch und ging zum Chefparkplatz, direkt neben dem Haupteingang. Elmer war garantiert kein Chef, so war er nicht angezogen, und er hatte sich über sein Gehalt beklagt. Eva ging langsam weiter, jetzt lag der Parkplatz auf ihrer linken Seite, er war mit einer Schranke abgesperrt. Ein Parkautomat blinkte rot, und ein riesiges Schild rechts verkündete, der Platz sei bewacht, verriet aber nicht, auf welche Weise. Sie konnte nirgendwo eine Kamera entdecken. Eva drückte sich an der Schranke vorbei und ging dann nach links, sie mußte systematisch suchen, hier standen viele Autos. Ihr Herz schlug schneller, sie bohrte die Hände in die Manteltaschen und versuchte, lässig umherzuschlendern, hob ab und zu ihr Gesicht in die Sonne und brachte ein kleines Lächeln zustande, von dem sie hoffte, daß es überzeugend wirkte. Dort stand ein Honda Civic, weiß und fast unnatürlich blank, er schien direkt vom Händler zu kommen. Eva ging weiter, sie mußte sich alle Autos ansehen, auch die Autonummern, aber niemand sollte begreifen, was sie da machte. Konnte ein Mann abends morden und morgens zur Arbeit gehen? War das möglich? Ein BMW, ein wenig abgenutzt und verdreckt, hinter dem Fenster lag viel Müll herum. Ein Käfer, auch nicht weiß, eher schmutziggelb. Sie ging zur nächsten Reihe weiter, spürte, daß die Sonne ein wenig wärmte, obwohl sie schon Oktober hatten, eine wehmütige kleine Wärme auf der Wange. Maja war plötzlich unwiderruflich tot. Es war nicht zu glauben. Eva wußte nicht so recht, ob sie das begriffen hatte. Plötzlich tauchte sie aus dem Nichts auf, und ebenso plötzlich war sie wieder verschwunden. Schien einfach kurz vorübergeflogen zu sein, wie ein seltsamer Traum. Ein weißer Mercedes, ein alter Audi, sie schlenderte weiter, auf ihren langen Beinen, mit offenem Mantel, und plötzlich stand ein Mann vor ihr und versperrte ihr den Weg. Er trug einen dunklen Overall mit vielen Reflektorstreifen. Der Parkplatzwächter.
    »Haben Sie einen Besuchsschein?«
    Eva runzelte die Stirn. Er war ein Rotzbengel, allerdings ein großer.
    »Was?«
    »Das ist ein Privatparkplatz. Suchen Sie hier etwas?«
    »Ja, ein Auto. Ich fasse nichts an.«
    »Sie müssen verschwinden, der Parkplatz ist nur für Angestellte.«
    Er hatte einen gelben Bürstenschnitt und haufenweise Selbstvertrauen.
    »Ich muß doch nur etwas nachsehen. Nur eine Runde über den Parkplatz. Für mich ist das wichtig«, fügte sie hinzu.
    »Nix! Na los, ich bringe Sie zum Ausgang.«
    Er kam mit befehlerischer Geste auf sie zu.
    »Sie können hinter mir hergehen, wenn Sie wollen, ich will mir doch nur die Autos ansehen. Ich suche einen Typen, mit dem ich sprechen muß, das ist wichtig. Bitte. Ich habe selber ein Auto mit Stereoanlage.«
    Er zögerte. »Na gut, aber machen Sie schnell. Ich bin doch hier, um Unbefugte zu verjagen, das ist alles.«
    Sie ging weiter an den Autoreihen vorbei und hörte hinter sich seine Schritte.
    »Was ist das denn für ein Auto?« nervte er.
    Sie gab keine Antwort. Elmer durfte nicht erfahren, daß jemand nach ihm suchte. Dieser Rotzbengel im blauen Overall würde sicher tratschen.
    »Ich kenne viele, die hier arbeiten«, fügte er hinzu.
    Ein Toyota Tercel, ein alter Volvo, ein Nissan Sunny. Der Wächter räusperte sich.
    »Arbeitet der unten? Bei den Zapfanlagen?«
    »Ich kenne ihn nicht«, sagte Eva kurz. »Ich kenne nur sein Auto.«
    »Ganz schön heimlichtuerisch, was?«
    »Richtig.«
    Sie blieb stehen und nickte. Er hatte die Arme verschränkt und kam sich blöd vor. Eine Frau hielt sich unbefugt auf Privatboden auf, und er rannte hinter ihr her wie ein Hund. Was für ein Wächter! Ein wenig von seinem Selbstvertrauen ging verloren.
    »Und was wollen Sie mit einem Typen, den Sie gar nicht kennen?«
    Er ging an ihr vorbei

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