Eve & Caleb - 03 - Kein Garten Eden
Absperrung vor dem Podest wurde umgestoßen, sodass mehrere Menschen auf den Bürgersteig stürzten. Eine Gruppe von Frauen rannte auf das Einkaufszentrum des Palasts zu und versuchte hineinzugelangen. Ich richtete mich auf und stieß mich mit aller Kraft nach hinten ab. Mein Hinterkopf krachte gegen die Nase des Lieutenants. Ich drehte mich um und trat ihn, so fest ich konnte, zwischen die Beine. Er krümmte sich vor Schmerzen und taumelte rückwärts. Sobald er mich losließ, sprang ich vom Podest und stürzte mich in die dichte Menschenmenge. Nach wenigen Metern verlor ich ihn bereits aus dem Blick. Sein Gesicht tauchte zwischen den vorbeirennenden Menschen kurz auf, bevor es wieder verschwand.
Mit gesenktem Kopf raste ich über die Hauptstraße, wobei ich mich zwischen den Leuten hindurchschlängelte, die sich vor dem Podest verliefen. Meine Hände waren taub und immer noch auf meinem Rücken zusammengebunden. Ein Mann in einer abgewetzten schwarzen Jacke prallte gegen mich. Mit einem schnellen Blick nahm er mich zur Kenntnis, dann rannte er weiter. Alle waren zu sehr damit beschäftigt, nach drinnen zu kommen. Vom nördlichen Ende der Straße waren die ersten Anzeichen der Armee zu sehen: eine Wand aus Soldaten in ausgeblichenen, schlammdurchweichten Kleidern. Die Rebellen hatten sich Stoffstreifen um die Oberarme gebunden und die roten Fetzen waren von weit her zu sehen.
Ich lief durch die Gärten des Venetian davon, indem ich mich durch die schmalen Gassen schlängelte, die ich entdeckt hatte, als Caleb und ich zusammen hier gewesen waren. Mit gebundenen Händen zu rennen war nicht ganz leicht, zumal die Fesseln schmerzhaft in meine Handgelenke schnitten. Ich eilte an der Rückseite des Gebäudes entlang, vorbei an den breiten, leuchtend blauen Kanälen, während der Himmel über der glänzenden Wasseroberfläche immer dunkler wurde. Menschen rannten an den verriegelten Geschäften vorbei, bückten sich unter den Torbögen hindurch und huschten durch die Wandelgänge, um nicht entdeckt zu werden. Andere stürzten durch die Eingangstüren des Apartmentkomplexes und verschlossen sie hinter sich. Ich drehte mich um, um die bogenförmigen Brücken und den offenen Innenhof abzusuchen, dessen gusseiserne Stühle auf dem Pflaster verstreut lagen. Ich hatte den Lieutenant unterwegs irgendwo abgehängt, aber jetzt kam ein Soldat auf mich zu. Er hielt die Augen fest auf mich gerichtet, während er sein Messer zog.
Ich sprintete durch einen der offenen Wandelgänge, dass die Steinsäulen nur so an mir vorbeiflogen. Schließlich erreichte ich den Seiteneingang des Venetian, doch er war mit einer Eisenkette, die um die innengelegenen Türgriffe geschlungen war, verschlossen. Ich lief am Gebäude entlang und probierte jede Tür aus, an der ich vorbeikam. Der Soldat beschleunigte. Er war schneller als ich, denn ich war immer noch damit beschäftigt, einen Zugang zum Gebäude zu finden. Innerhalb von Sekunden hatte er mich eingeholt.
»Prinzessin«, sagte er, das Messer in der Hand. Er packte mich am Arm und drehte mich um, dann durchschnitt er die Fesseln. »So. Ich dachte, Ihr könntet vielleicht Hilfe gebrauchen.«
Das Blut schoss zurück in meine Hände. Das kalte Kribbeln überraschte und belebte mich gleichermaßen. Ich ballte die Fäuste, um meine Finger irgendwie wieder aufzuwärmen. Er war höchstens ein oder zwei Jahre älter als ich und hatte wild abstehendes feuerrotes Haar und einige versprengte Sommersprossen auf der Nase. Ich erkannte ihn vage als einen der Soldaten, der am Konservatorium des Palastes stationiert gewesen war. Seine grauen Augen musterten mein Gesicht, meine Arme und wanderten dann zu meinem Bauch. In dem Moment wurde mir klar: Er hatte gewusst, dass ich schwanger war.
Er warf einen Blick über seine Schulter auf die Überreste der Menge, die von der Hauptstraße auf uns zugelaufen kamen.
Auf der anderen Seite der Kanäle, am Rand der Brücke, tauchte ein weiterer Soldat auf und mein Retter lief los in Richtung Osten, weg von mir. Bevor er um die Ecke des alten Hotels bog, nickte er mir kurz zu.
Ich rannte in Richtung der Außenbezirke, an der Einschienenbahn vorbei, die über mir zum Stillstand gekommen war. In der Ferne, hinter den verbliebenen Hotels, ging die Landschaft in trockene graue Flecken aus Sand über. Ich lief an einem Parkplatz vorbei. Einige Leichen lagen dort, deren Blut auf dem Asphalt zu grausigen Pfützen zerlaufen und getrocknet war. Ich wandte den Blick ab und
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