Evermore - Das dunkle Feuer - Noël, A: Evermore - Das dunkle Feuer
und nicht mit irgendeinem erfundenen, universellen Alles-ist-eins-Schwachsinn . Kapierst du das, Ever? Das hier ist alles. Genau hier, genau jetzt.« Er klopft neben sich auf die zerknitterte Bettwäsche. »Das hier ist unser Paradies, unser Himmelreich, unser Nirwana, unser Shangri-la - egal wie du es nennen willst.« Seine Brauen schnellen empor, während er mit der Zunge seine Lippen befeuchtet. »Das ist alles. Und
das meine ich wortwörtlich und im metaphorischen Sinne. Es ist alles, was wir haben, und du verschwendest deine Zeit damit, nach mehr zu suchen. Na schön, zugegeben, du hast jede Menge Zeit, um sie zu verschwenden, aber trotzdem, es ist so eine Schande zuzusehen, wie du sie zu verbringen beschließt. Ich sage dir, Damen hat einen ganz schlechten Einfluss auf dich.« Er hält inne, wie um einen Moment lang nachzudenken. »Also, was meinst du? Sollen wir’s noch mal versuchen? Ich meine, du kommst her und siehst so aus, und, na ja, da bei mir ja alles schnell verheilt, bin ich geneigt, dir wegen letztem Mal zu verzeihen, die Vergangenheit ruhen zu lassen und all so was. Versuch nur keine krummen Dinger, oder mach mir nicht wieder vor, dass du Drina bist, dann kann’s losgehen. Du hast da die letzten Male ein paar echt kaltherzige Nummern abgezogen, aber, komisch, irgendwie glaube ich, deswegen stehe ich nur noch mehr auf dich. Also, was sagst du?« Er lächelt und wirft ein Kissen zur Seite, um Platz für mich zu schaffen, während er sein Tattoo sehen lässt und mich auf diese hypnotisierende Art und Weise mustert.
Aber diesmal funktioniert es nicht. Obwohl ich auf ihn zutrete, auf das erwartungsvolle Glimmen in seinen Augen, geschieht dies nicht aus dem Grund, den er vermutet.
»Deswegen bin ich nicht hier«, verkünde ich und sehe, wie er die Achseln zuckt, als wäre es ihm völlig egal.
Den Kopf nach vorn geneigt, inspiziert er seine perfekt manikürten und polierten Fingernägel, während er fragt: »Und weshalb bist du dann hier? Komm schon, raus damit. Haven kommt nachher noch vorbei, wenn das Konzert zu Ende ist, und ich glaube, keiner von uns ist scharf auf noch so eine Szene.«
»Ich habe nicht vor, Haven wehzutun.« Ich zucke meinerseits
die Schultern. »Ich bin bloß hier, um an dein Höheres Selbst zu appellieren, das ist alles.«
Roman starrt mich mit offenem Mund an, forscht in meinem Gesicht nach dem Scherz, von dem er sicher ist, dass ich ihn verberge.
»Ich weiß, dass du eins hast. Ein Höheres Selbst. Ich weiß sogar alles über dich. Ich weiß Bescheid über deine Vergangenheit, dass deine Mutter bei deiner Geburt gestorben ist, dass dein Vater dich geschlagen und dich dann allein zurückgelassen hat - das weiß ich alles. Ich …«
»Verdammt!«, stößt er hervor, und seine blauen Augen sind riesengroß. Seine Stimme ist so leise, so erschüttert, dass ich es fast nicht gehört hätte. »Davon weiß niemand. Wie hast du …?«
Doch ich zucke nur abermals die Achseln, das Wie spielt keine Rolle. »Nachdem ich all das weiß, merke ich, dass ich dich nicht mehr hassen kann. Ich hasse dich einfach nicht mehr. Das ist nicht in mir drin.«
Er starrt mich an, die Augen jetzt schmal und voller Skepsis. Dann verlegt er sich wieder auf seine übliche Angeberei. »Natürlich hasst du mich, Schätzchen, du fährst total darauf ab , mich zu hassen, genau das tust du. Du fährst sogar so sehr darauf ab, mich zu hassen, dass ich alles bin, woran du denkst.« Er lächelt und nickt, als hätte er mich durchschaut, als hätte er es schon die ganze Zeit gewusst.
Doch ich schüttele nur den Kopf und hocke mich auf die Bettkante. »Das hat zwar mal gestimmt, aber jetzt nicht mehr. Und der einzige Grund, warum ich hergekommen bin, ist, dir zu sagen, wie leid mir das tut, was dir passiert ist. Es tut mir wirklich, ehrlich leid.«
Er wendet den Blick ab, spannt den Unterkiefer an und tritt nach der Bettdecke, während er knurrt: »Sollte es aber
verdammt noch mal nicht! Es gibt nur eins, was dir leidtun muss, Schätzchen, und zwar das, was du mit Drina gemacht hast. Den ganzen Rest - damit kannst du mich verschonen. Ich habe nicht das leiseste Interesse an deinen Almosen für die Armen, die Elenden und die Unterdrückten. Ich brauche dein Mitgefühl nicht, Süße. Falls du’s nicht gemerkt haben solltest, ich bin nicht mehr das Balg von damals. Das kannst du doch bestimmt sehen, Ever, schau mich einfach an.« Er lächelt und breitet die Arme weit aus, lädt mich ein, einen eingehenden
Weitere Kostenlose Bücher