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Evernight Bd. 2 Tochter der Dämmerung

Evernight Bd. 2 Tochter der Dämmerung

Titel: Evernight Bd. 2 Tochter der Dämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Gray
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Ich persönlich kann ja mit diesem Böser-Junge-Spiel nichts anfangen«, sagte Vic. »Ich bin eher für die sanfte Tour. Lucas aber …«
    »Er spielt kein Spiel . Er ist, wie er ist.«
    Leise antwortete Vic: »Ich weiß das. Und ich weiß, dass ihr beide noch nicht fertig miteinander seid. Hart für Balthazar, aber man muss das Kind doch mal beim Namen nennen.«
    Ich hoffte, dass er recht hatte, und diese Hoffnung heiterte mich auf. »Du bist ein ganz lausiger Kuppler, Vic.«
    »Nicht so lausig wie du. Ernsthaft: Ich und Raquel ?«
    »Das ist über ein Jahr her!« Als wir zu Ende gelacht hatten, widmeten wir uns wieder unserem »Einkauf« und sammelten die Vorräte zusammen.
     
    Ich war zwar nicht wirklich guter Laune, als ich mit den Tüten in unser Schlafzimmer zurückkehrte, aber ich fühlte mich deutlich besser als in der ganzen letzten Zeit.
    Raquel steckte mitten in der Arbeit an einem ihrer größeren Kunst-Projekte, das einen Haufen Unordnung verursachte. Ihre Collage nahm beinahe die Hälfte des Fußbodens ein, und es roch beißend nach frischem Kleber und nach Farbe. »Was ist das?«, fragte ich, während ich mir auf Zehenspitzen einen Weg durch die nassen Zeitungen und die Pinsel suchte.
    »Ich nenne es Ode an die Anarchie . Siehst du, wie die Farben in ständigem Widerstreit miteinander liegen?«
    »Ja, das kann einem kaum entgehen.«
    Mein halbherziges Lob schien Raquels Enthusiasmus keinen Abbruch zu tun. Ihre Unterarme waren voller Farbflecken, und sie hatte es sogar fertiggebracht, etwas Orange in ihre Haare zu schmieren, aber sie grinste zufrieden auf ihr entstehendes Werk hinunter, während sie einen Keks mümmelte. »Du kannst doch drum herum laufen, oder?«
    »Ja, aber ich habe das Gefühl, es wäre besser, wenn ich heute Abend unangemeldet bei meinen Eltern aufkreuze.«
    »Erlauben sie dir das denn?«
    »Nicht immer, aber ich denke, bei einer Nacht wird niemand etwas dagegen haben.«
     
    Es stellte sich heraus, dass meine Eltern begeistert waren, mich zu sehen. Früher waren sie immer bedacht darauf gewesen, dass ich ihnen nicht zu häufig am Rockzipfel hing, denn sie machten sich Sorgen wegen meiner Weigerung, andere Vampire an der Evernight-Akademie kennenzulernen. Nun vertrauten sie darauf, dass ich mich wie gewünscht entwickelte, und schon stand mir ihre Tür offen, wann immer ich es wollte.
    Bislang war mir das ganz normal vorgekommen, aber jetzt war das anders.
    »Dad?«, fragte ich, als wir das Bett in meinem Zimmer bei ihnen oben bezogen. »Hast du immer gewusst, dass ich eines Tages eine Vampirin werden würde? Eine richtige, meine ich.«
    »Natürlich.« Er ließ sich nicht von seiner Arbeit ablenken, mir eine gemütliche Ecke herzurichten. »Wenn du erwachsen wirst und jemandem das Leben nimmst - und du weißt, dass wir eine vernünftige Lösung dafür finden können -, dann wirst du dich vollkommen verwandeln.«
    »Ich bin mir da nicht so sicher.«
    »Schätzchen, alles wird gut werden.« Er legte mir seine Hand auf die Schulter, und selbst seine krumme, häufig gebrochene Nase konnte die Sanftheit in seinen Zügen nicht schmälern. »Ich weiß, dass du dir Sorgen deswegen machst. Aber wir werden jemanden finden, der bereits im Sterben liegt und gar nicht mehr bei Bewusstsein ist, und du wirst ihm einen Gefallen tun. Seine letzte Tat wird sein, dir die Unsterblichkeit zu verschaffen. Glaubst du nicht, dass er bereit wäre, das für dich zu tun?«
    »Das weiß ich nicht, denn ich werde die Person ja wohl überhaupt nicht kennen, oder?« Wie hatte ich diese Vorstellung nur je tröstlich finden können? Zum ersten Mal ging mir auf, wie anmaßend und wie gefühllos es war zu glauben, dass ich das Recht hatte, ein Leben zu beenden, selbst eines, das kurz vor dem letzten Atemzug stand, und zwar nur zu meinem eigenen Vorteil. »Aber das meine ich nicht. Du sagst immer, dass das passieren wird, wenn ich töte. Wenn ich töte. Was passiert denn, wenn ich das nicht tue?«
    »Das wirst du.«
    »Aber was, wenn nicht?« Ich hatte noch nie versucht, eine Antwort auf diese Frage zu erzwingen, denn ich hatte vorher nie das Gefühl gehabt, dass das nötig gewesen wäre. Nun aber lasteten all die unausgesprochenen Fragen schwer auf mir und bedrückten mich immer mehr. »Ich will einfach nur die Alternative kennen. Gibt es denn keinen, der was wissen könnte? Mrs. Bethany vielleicht?«
    »Mrs. Bethany wird dir genau das Gleiche wie ich sagen, nämlich, dass du gar keine Wahl zu treffen hast. Und ich

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