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Evernight Bd. 2 Tochter der Dämmerung

Evernight Bd. 2 Tochter der Dämmerung

Titel: Evernight Bd. 2 Tochter der Dämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Gray
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zurückfahren«, schlug Lucas vor. »Bianca, ruf doch deine Eltern an und sag ihnen, dass die Straßen nicht mehr passierbar sind.«
    »Wenn wir weiter in diesem Tempo fahren, sind wir in einer Stunde da und wären immer noch pünktlich.« Balthazar stellte den Kragen seines Mantels auf, als könnte er bereits die Kälte spüren.
    Ich wusste, dass Balthazar hier in der Stadt übernachten würde, wenn ich ihn darum bäte, und ich wollte so gerne bleiben, damit Lucas und ich ein paar Minuten für uns allein sein könnten. Wenn wir meine Eltern davon überzeugen würden, dass die Straßen nicht befahrbar seien, ehe sie am Morgen geräumt würden, dann hätten wir viele Stunden vor uns … während der arme Balthazar ganz in der Nähe auf uns warten müsste. Für mich wäre das seltsam, für Balthazar noch schlimmer, und er sah bereits jetzt schon elend genug aus. Er wollte so schnell wie möglich zur Evernight-Akademie zurück.
    »Wir fahren lieber jetzt«, sagte ich zu Lucas. »Es ist besser so.«
    Lucas starrte mich an, und sein Gesichtsausdruck veränderte sich von Enttäuschung zu etwas anderem, das schwerer zu deuten war. »Vielleicht ist es wirklich besser.«
    Daraufhin wusste keiner von uns mehr etwas zu sagen.
    Balthazar war offenbar zu sehr in seiner eigenen Welt, um die Spannung zwischen mir und Lucas wahrzunehmen, und öffnete die Wagentür. Eisige Luft strömte herein und blies mir die Haare in die Augen. Lucas hatte seine Aufmerksamkeit bereits wieder der Straße zugewandt wie ein Mann, der einen Fluchtplan austüftelt. Balthazar streckte mir seine Hand entgegen, damit ich im Schnee nicht ausrutschte, und ich griff danach. »Gute Nacht, Lucas«, sagte ich leise.
    Lucas beugte sich vor, um hinter mir die Tür zuzuziehen. »Wir sehen uns heute in einem Monat. Amherst. Stadtzentrum. Übliche Zeit. Okay?« Dann seufzte er und warf mir ein schiefes Lächeln zu. »Liebe dich.«
    »Ich liebe dich auch.« Aber zum ersten Mal machten diese Worte nicht mehr alles gut.
     
    In den nächsten Tagen waren Balthazar und ich in so entsetzlicher Stimmung, dass ich vorschlug, wir sollten so tun, als hätten wir uns gestritten. Herumzulaufen und das glückliche Pärchen zu spielen, brachten wir beide nicht über uns. Aber in einer Woche würden wir uns wieder zusammenreißen und so tun, als hätten wir uns versöhnt.
    Allerdings hatte ich auf diese Weise viel mehr Zeit für mich allein, und die Angst in mir wuchs so sehr, dass ich in jeder freien Minute darüber nachgrübelte. Beim bloßen Gedanken daran, wie Lucas und ich auseinandergegangen waren, fühlte ich mich innerlich, als ob ich seekrank wäre, als ob der Boden unter mir ins Schwanken geraten wäre.
    Vic bemerkte mein dumpfes Brüten, und um mich ein bisschen abzulenken, schlug er vor, mir Schach beizubringen. Ich aber war viel zu sehr mit meinen Gedanken beschäftigt und so abgelenkt, dass ich mir keine einzige Regel merken konnte, ganz zu schweigen davon, mir eine Strategie zu überlegen.
    »Du bist völlig neben der Spur in letzter Zeit«, sagte er eines Nachmittags zu mir, als wir beide uns durch die wöchentliche Essenslieferung wühlten. Keinem der menschlichen Schüler schien aufzufallen, dass sich etliche ihrer Klassenkameraden bei diesen Gelegenheiten nie blicken ließen; die Leute waren viel zu beschäftigt damit, freudig die Sachen zusammenzusuchen, die sie bestellt hatten: Spaghettipackungen und Kekstüten. Vic steckte zwei Flaschen Orangenlimonade in seine Segeltuchtasche. »Und es kann einem auch nicht entgehen, dass Balthazar im Augenblick ebenfalls wie ein begossener Pudel rumschleicht.«
    »Ja, kann ich mir vorstellen.« Ich fühlte mich unwohl bei diesem Gespräch und starrte auf Raquels Einkaufsliste. Ich hatte ihr freiwillig angeboten, ihre Bestellung mitzubringen, wenn ich meine eigene abholte.
    »Balty ist bei unserem letzten Filmklassikertreffen aufgekreuzt - Sieben und Die üblichen Verdächtigen . Das Thema war: Kevin Spacey vor dem Sündenfall. Beeindruckendes Double Feature, was? Aber Balthazar hat die ganze Zeit in eine Ecke gestarrt.«
    »Vic, ich weiß, dass du es gut meinst, aber ich will darüber nicht sprechen.«
    Er zuckte mit den Achseln, während er einige Dosensuppen zusammensuchte. »Ich habe mich nur gefragt, ob das irgendetwas mit Lucas zu tun hat.«
    »Vielleicht. Irgendwie schon. Es ist kompliziert.«
    »Ich schätze, Lucas ist die Art von Typ, über den die Mädchen nicht hinwegkommen. Stürmisch, geheimnisvoll, wild und so.

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