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Evernight Bd. 3 Hüterin des Zwielichts

Evernight Bd. 3 Hüterin des Zwielichts

Titel: Evernight Bd. 3 Hüterin des Zwielichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Gray
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Decke und fiel herab. Ich schrie und rollte mich gerade noch rechtzeitig auf dem Boden zu einem Ball zusammen, ehe sie auf einen der Waggons aufschlug. Die Schockwelle traf mich bis auf die Knochen, und das Donnern und Kreischen des zerschmetterten Metalls war ohrenbetäubend. Meine Haut war mit kaltem Schweiß bedeckt, und ich wollte zusammengekauert liegenbleiben, bis alles vorbei war.
    Plötzlich dämmerte mir, dass Lucas mitten im Geschehen war und in diesem Augenblick um sein Leben kämpfte.
    Ich riss den Kopf hoch. Dann öffnete ich den Mund, um nach Lucas zu rufen, überlegte es mir jedoch anders. Die Gefahr, dass einer der Vampire mich vor Lucas hören könnte und ich so die Aufmerksamkeit auf ihn oder mich lenken würde, war das Letzte, was ich gebrauchen konnte. Nein, ich würde Lucas selbst finden müssen, und zwar schnell.
    Was war mit Raquel? Und was mit Dana? Glücklicherweise beantwortete die zweite Frage die erste. Ich wusste, dass Dana Raquel bis zum letzten Atemzug verteidigen würde, wenn es so weit käme.
     
    Hustend lief ich durch den dunklen, staubgeschwängerten Tunnel. Zuerst wandte ich mich grob in Richtung des Abschnittes, in dem wir unsere Mahlzeiten einnahmen. Lucas war vermutlich auf dem Weg zum Abendbrot gewesen, und so war das der vielversprechendste Ort, um ihn zu finden.
    Aber es war so schwer, sich zu orientieren. Hauptquartiere waren schon im besten Fall heruntergekommene, wenig einladende Orte. Nun glich dieser Zufluchtsplatz dem Auge eines Zyklons. Die meisten Lampen waren während des Einsturzes herabgefallen, und so war es unglaublich dunkel. Selbst mit meiner Vampirsicht konnte ich nur Schatten und Schemen erkennen. Die Jäger des Schwarzen Kreuzes kämpften praktisch blind. Ich hielt eine Hand ausgestreckt vor mich, sodass ich die Wand an meinen Fingerspitzen spüren konnte. Das war die einzige Art und Weise, wie ich sicher sein konnte, dass ich überhaupt geradeaus lief. Alle paar Sekunden feuerte einer der Jäger ein Notfallsignal ab, und dann konnte ich in dem Stroboskoplicht wie in Zeitlupe sehen, was gerade geschah: zwei Kämpfer, ineinander verkeilt, Vampir nicht von Mensch zu unterscheiden, beide im verzweifelten Versuch, den anderen zu töten.
    Dann verlosch das Licht wieder, und Dunkelheit senkte sich erneut herab.
    Was, wenn Lucas einer dieser Kämpfer war? Was, wenn ich unbemerkt an ihm vorbeilief und er gerade verletzt wurde – oder Schlimmeres?
    Plötzlich war ich mir sicher, dass ich nicht an ihm vorbeigestürmt war. Ich wusste es. Irgendetwas in mir sagte mir, dass ich nicht einmal in der Nähe von Lucas war.
    Das ist das Blut.
    Meine Eltern hatten mir immer gesagt, dass das Trinken von Blut ein mächtiges Band schuf. Ich hatte angenommen, dass sie damit eine gefühlsmäßige Bindung meinten. Nun aber wusste ich, dass es um mehr als nur Gefühle ging. Irgendetwas in mir konnte wissen, wo Lucas war – vielleicht auch, wie es ihm ging. Wenn ich doch nur herausbekäme, wie ich mir diese Fähigkeit zunutze machen könnte!
    Ich komme, Lucas , dachte ich. Ich hatte keine wirklich telepathische Verbindung zu ihm oder etwas in der Art, sondern ich musste mich auf ihn konzentrieren.
    Inmitten all dieser Schreie und dem Staub schloss ich meine Augen. Die Fingerspitzen an der Wand waren nun meine einzige Orientierungshilfe. Ich streckte die Hand aus und suchte nach Lucas. Wenn ich in seiner Nähe wäre, würde ich es wissen.
    Dort.
    Ich blieb wie angewurzelt stehen und öffnete die Augen. Es war immer noch stockdunkel, und das Echo war hier stärker, sodass die Schreie und Rufe noch verwirrender waren. Aber irgendwie hatte ich das Gefühl, Lucas sei in der Nähe. Hatte ich seinen Namen gerufen?
    Das war der Moment, in dem ein herabfallendes Stück Decke mit voller Wucht auf meinem Hinterkopf landete.
    Ich spürte nicht, wie ich zusammenbrach. In dieser Sekunde fühlte ich kaum noch etwas. Ich konnte die Schreie und das schwere Aufschlagen meines Körpers auf dem Boden hören. Es tat weh – ich wusste, dass es wehtat –, aber es war ein abstraktes Gefühl, als wäre der Schmerz etwas aus meiner Erinnerung. Welche Verbindung auch immer ich mit Lucas geschmiedet hatte – sie war momentan beschädigt. Eine Zeit lang gab es für mich nichts als Geräusche. Ich konnte nicht sagen, ob dieser Zustand zehn Sekunden oder zehn Minuten lang andauerte.
    Im Grunde bekam ich überhaupt nicht mehr viel mit, bis ich merkte, dass mich eine kräftige Hand am Oberarm packte und mich auf

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