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Evernight Bd. 3 Hüterin des Zwielichts

Evernight Bd. 3 Hüterin des Zwielichts

Titel: Evernight Bd. 3 Hüterin des Zwielichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Gray
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das Herz so schwer, dass ich glaubte, ein Schluchzen nicht mehr unterdrücken zu können.
    »Das werde ich nicht. Ich kann nicht.«
    Mrs. Bethanys ernstes, schönes Gesicht sah in der Dunkelheit aus wie aus Stahl gegossen. »Die Liebe ist es nicht wert, müssen Sie wissen.«
    »Es ist nicht nur Lucas.« Und das stimmte, auch wenn ich wusste, dass ich ihn nie würde verlassen können. Meine Eltern hatten mir so viele Lügen erzählt. Das könnte ich ihnen vielleicht noch verzeihen, aber ich musste die Wahrheit darüber herausfinden, was ich werden konnte und ob es irgendeine andere Wahl für mich gab als die, mich in eine richtige Vampirin zu verwandeln. Meine Eltern würden mir nicht dabei helfen, diese Wahrheit zu entdecken.
    »Lassen Sie mich gehen.«
    Ich war mir ganz sicher, dass Mrs. Bethany gegen mich kämpfen würde, und ich war nicht in der Verfassung, großartigen Widerstand zu leisten. Stattdessen jedoch blitzten Mrs. Bethanys Augen, als sei sie erfreut über meine Äußerung. Irgendwie kam mir die Vorstellung, meine alte Rektorin froh zu machen, noch bedrohlicher vor, als sie gegen mich aufzubringen.
    »Wir werden uns wiedersehen, Miss Olivier«, sagte sie. »Und dann, denke ich, werden Sie ganz andere Prioritäten haben. Und ich ebenfalls.«
    Was sollte das heißen? Ich hatte keine Möglichkeit, sie danach zu fragen. Von einem Augenblick auf den nächsten, wie es schien, war Mrs. Bethany in der Dunkelheit verschwunden, und ich war wieder allein.
    O Gott, was sollte ich jetzt tun? Ich blinzelte und versuchte, trotz meines benommenen Kopfes einen klaren Gedanken zu fassen. Der wirbelnde Staub schien endlich zu Boden zu sinken, und ich sah in der Ferne einen schmalen Schein. Das war nicht viel, aber genug, um mir zu verraten, dass er von einer der Notfalllampen herrührte, die in der Nähe der Fluchtwege hing. Schön, dass also nicht sämtliche Lichter ausgefallen waren.
    Während des Trainings beim Schwarzen Kreuz hatten sie uns gesagt, wenn jemals etwas schieflaufen sollte, würden wir uns alle bei einem Geräteschuppen ganz am Ende des nahe gelegenen Parks treffen, auf der anderen Seite des Hudson River.
    Aber was wäre, wenn Lucas etwas zugestoßen oder sogar noch Schlimmeres geschehen war? Nein, das durfte ich nicht einmal denken. Trotzdem ließ sich die entsetzliche Vorstellung, er könnte verletzt im Geröll irgendwo in meiner unmittelbaren Umgebung liegen, nicht verdrängen, und ein Teil von mir wollte bleiben und jeden einzelnen Stein umdrehen, falls das nötig sein sollte, um Lucas zu finden.
    Nach einigen Wochen der Ausbildung verstand ich Lucas besser. Ich wusste, was er sagen würde, wenn er jetzt hier wäre: Du bist viel zu fertig, um hier im Augenblick irgendetwas auszurichten. Hol Hilfe und mach einen Schlachtplan. Das ist die einzige Möglichkeit, die Sache zu einem guten Ende zu bringen.
    Ich taumelte auf das Licht zu, entschlossen, den Anweisungen zu folgen. Vielleicht war ich inzwischen ebenfalls eine Soldatin geworden.
     
    Dieser Park war keine so grüne und üppige Fläche wie der Central Park. Er bestand aus einer Gesteinslinie, die sich an den Rand der Insel klammerte, sogar noch steiler als die Berge rings um Evernight. Mein Körper zitterte vor Erschöpfung und zu viel ausgeschüttetem Adrenalin, während ich über die Felsen stolperte. Draußen war es noch dunkler. Die Nacht war tiefer, als ich es in New York bislang erlebt hatte, und ich war zum ersten Mal weit weg von den allgegenwärtigen elektrischen Lichtern der Stadt. Es kam mir so lange her vor, dass ich zuletzt den Himmel betrachtet hatte.
    Als ich am Schuppen ankam, standen bereits einige Jäger davor. Sie waren angespannt, bis sie mich erkannten und einer von ihnen rief: »Lucas? Sie ist hier.«
    Ich erwartete, dass er sofort auf mich zustürmen würde, aber es dauerte einige Sekunden. Als Lucas sich schließlich aus dem Kreis der anderen löste und langsam auf mich zukam, hatte ich den Eindruck, als ob jeder Schritt ihn große Mühe kostete. »Bist du in Ordnung?«, fragte ich.
    »Ich … Sie haben mir nichts getan.« Sein Gesichtsausdruck war seltsam.
    Meine Hände suchten seine. »Was verschweigst du mir?«
    »Die Vampire haben sieben von unseren Leuten getötet«, sagte er. Er schien noch weitersprechen zu wollen, konnte es aber nicht. Da begriff ich, dass ich bereits wusste, was ihn so quälte.
    Ich flüsterte: »Eduardo. Ich weiß.« Lucas’ Augen suchten meinen Blick. Ich dachte, er würde mich fragen, wieso ich

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