Evernight Bd. 3 Hüterin des Zwielichts
stürzten zu Boden, und sofort war die Luft von dichtem Staub erfüllt. Eliza packte mich und zog mich rückwärts mit sich; der Teil der Decke über uns blieb unbeschadet, aber wie lange würde das noch der Fall sein? »O Gott!«, schrie sie. »Komm mit.«
Wir rannten von dem hinabprasselnden Schutt auf die Menge der Jäger zu, die herbeigeeilt war, um zu sehen, was es für ein Problem gab. Und dann stürzte auch das andere Ende des Tunnels ein. Dieses lag in größerer Entfernung, sodass nur ein dumpfes Grollen weit weg zu hören war, aber jetzt kannte ich das Geräusch.
»Es kommt alles herunter!«, brüllte ich.
»Das ist kein normaler Zwischenfall.« Elizas Gesicht war unbewegt. Sie riss etwas aus ihrem Gürtel und schaltete es ein; sofort begann es einen kreischenden, hohen, metallenen Ton abzusondern, der alle warnte. »Sie sind hier.«
»Wer ist hier?«
Staubwolken rollten auf uns zu, dick und kreidig, und ich hustete und schnappte nach Luft. Die Leute weiter unten im Tunnel schrien und brüllten. Eliza lief davon, ohne mich mitzunehmen, und ich musste mir allein meinen Weg an der Tunnelwand entlang ertasten. Ich konnte nichts sehen, und ich bekam kaum noch Luft.
Als ein Schemen in der Dunkelheit Gestalt annahm, streckte ich verzweifelt die Hand aus und erstarrte.
»Da sind Sie ja, Miss Olivier.« Mrs. Bethany trat einen Schritt auf mich zu. Sie hatte sich einen schlichten, schwarzen Schal um die Schultern geschlungen, der sie mit den wirbelnden Staubwolken um uns herum verschmelzen ließ. »Wir haben nach Ihnen gesucht.«
7
»Mrs. Bethany!«
Ihr Blick wie aus Falkenaugen ließ mich auf der Stelle erstarren. Ich hätte nicht einmal dann davonlaufen können, wenn ich es versucht hätte. Irgendetwas an ihren dunklen Augen war geradezu hypnotisierend.
Sie ist gekommen, um mich nach Hause zu holen , dachte ich in meiner Verwirrung. Auch wenn Mrs. Bethany mir mehr Angst einjagte als je zuvor, so berührte der Ausdruck nach Hause etwas in mir, und einen Moment lang wusste ich nicht, wohin ich gehörte.
»Wir brauchen hier mehr Leute!«, brüllte Eduardo, und seine Worte durchschnitten das Stimmengewirr im Tunnel. Er rannte auf uns zu, und den vielen Rufen und Flüchen rings um uns herum nach zu urteilen waren weder er noch Mrs. Bethany allein.
Ich war schon einmal in eine große Schlacht zwischen Vampiren und dem Schwarzen Kreuz geraten, deshalb wusste ich, wie das klang.
Mrs. Bethany lächelte strahlend. Der Staub und der niedergestürzte Schutt um uns herum hatten keine Auswirkungen auf sie. Das waren ihre Elemente: Dunkelheit, Gewalt und Blut. Als Eduardo in Sicht kam, in der Hand einen Pflock, wurde ihr Lächeln nur noch breiter.
Leise fluchte Eduardo: »Hurentochter.«
»Wenn ich Sie daran erinnern darf«, sagte Mrs. Bethany, »so haben Sie zuerst mein Zuhause angegriffen. Erlauben Sie mir nun, dass ich mich dafür revanchiere.«
Eduardo hob seinen Pflock und rief seinem Team etwas zu, doch Mrs. Bethany kam ihm zuvor. Sie machte einen so verblüffend schnellen Satz in seine Richtung, dass ich sie beinahe nicht mehr hatte erkennen können. Ihre Hände umfassten Eduardos Kopf und drehten ihn mit einer ruckartigen Bewegung herum. Ich hörte ein übelkeiterregendes Knirschen. Eduardo sank schlaff zu Boden, und Mrs. Bethany blickte triumphierend hoch. Ehe ich noch mehr sehen konnte, wirbelten die Staubwolken um uns herum auf, umfingen die beiden und vernebelten mir die Sicht.
Zitternd drückte ich mich gegen die Tunnelwand und versuchte, mein Entsetzen so weit beiseitezuschieben, dass ich einen klaren Gedanken fassen konnte. Mrs. Bethany hatte eine große Gruppe von Vampiren hierhergebracht, um das Hauptquartier des Schwarzen Kreuzes anzugreifen. Aber wie hatte sie gewusst, dass sie uns hier finden würde?
Ich musste nicht fragen, weshalb sie sich traute, die mächtigste Bastion des Schwarzen Kreuzes überhaupt anzugreifen. Um sich für das Niederbrennen ihrer geliebten Schule zu rächen, hätte Mrs. Bethany auch noch mehr gewagt.
Ich wusste auch, dass die Vampire, die Mrs. Bethany begleiteten, nicht notwendigerweise gekommen waren, um mir zu Hilfe zu eilen. Ich war zum Feind übergelaufen. Und wenn irgendeiner von ihnen den Jägern des Schwarzen Kreuzes gegenüber meine wahre Natur offenbaren würde – tja, dann würden sich die Kämpfer auf beiden Seiten geschlossen gegen mich stellen.
Das war nicht gut. Nein, das war überhaupt nicht gut!
Eine weitere Betonplatte löste sich von der
Weitere Kostenlose Bücher