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Evernight Bd.1 Evernight

Evernight Bd.1 Evernight

Titel: Evernight Bd.1 Evernight Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Gray
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beantwortete, war… nun ja, war einschüchternd.
    Trotzdem blieb es dabei: Der Lehrstoff würde kein Problem werden, das zeichnete sich bereits ab. Mein Sozialleben war jedoch eine andere Geschichte.
    Courtney und die anderen Evernight-Typen hatten beschlossen, dass ich niemand war, den man meiden musste; meine beliebten Eltern hatten mir das Recht verschafft, auf der sicheren Seite zu sein und einfach ignoriert zu werden, aber das war es dann auch schon. Die anderen »Neuzugänge« beobachteten mich währenddessen mit großem Misstrauen. Ich teilte mir ein Zimmer mit Patrice, und offenkundig war das schon Grund genug anzunehmen, dass ich mich nicht gegen sie und ihre Freunde stellen würde.
    Die einzige andere »Ausgestoßene«, mit der ich zu tun hatte, war Raquel Vargas, das Mädchen mit der Kurzhaarfrisur. Eines Morgens stöhnten wir gemeinsam über die Masse an Mathehausaufgaben, die wir aufbekommen hatten, aber das war es dann auch schon mit unserem Sozialkontakt. Raquel, das konnte ich spüren, schloss nicht so leicht Freundschaften; sie schien zwar einsam zu sein, aber mehr in sich selbst zurückgezogen. Nicht dass sie sich groß von mir unterschied, wahrlich nicht, aber irgendwie ging es ihr noch elendiger.
    Dafür sorgten die anderen Schüler.
    »Selbes Sweatshirt, selbe Hose«, höhnte Courtney im Singsang, als sie eines Tages an Raquel vorbeischlenderte.
    »Und das gleiche dumme Armband. Ich wette, dass wir es morgen wieder zu sehen bekommen.«
    Raquel schoss zurück. »Nicht jeder kann es sich leisten, jede Variante der Schuluniform zu kaufen.«
    »Nein, wahrscheinlich nicht«, sagte Erich, ein Junge, der häufig mit Courtney rumhing. Er hatte schwarze Haare und ein schmales, spitzes Gesicht. »Nur die Leute, die hierhergehören.«
    Courtney und all ihre Freunde lachten. Raquels Wangen wurden tiefrot, aber sie ging nur wortlos weiter, was das Gelächter noch lauter werden ließ. Als sie an mir vorbeikam, trafen sich unsere Blicke. Ich versuchte, ihr ohne Worte zu bedeuten, dass sie mir leidtat, aber das schien sie nur noch mehr aufzubringen. Offensichtlich konnte Raquel nicht viel mit Mitleid anfangen.
    Ich hatte das Gefühl, dass Raquel und ich, hätten wir uns woanders kennengelernt, eine Menge Gemeinsamkeiten hätten entdecken können. Aber auch wenn sie mir leidtat, war ich nicht sicher, ob es gut wäre, viel Zeit mit jemandem zu verbringen, der noch niedergeschlagener als ich war. Allerdings dachte ich, ich wäre nur halb so bedrückt, wenn ich verstehen würde, was da zwischen Lucas und mir passiert war.
    Wir waren beide im Chemiekurs von Professor Iwerebon, saßen aber in verschiedenen Ecken des Raumes. Wann immer ich nicht damit beschäftigt war, den starken nigerianischen Akzent unseres Lehrers zu entschlüsseln, beobachtete ich heimlich Lucas. Er sah mir weder während des Unterrichts noch danach in die Augen, und er sprach nie mit mir. Am seltsamsten daran war, dass Lucas ansonsten keineswegs zurückhaltend darin war, sich gegen all die anderen zu stellen. Er war schnell damit bei der Hand, sich mit jedem anzulegen, der sich seiner Auffassung nach angeberisch, hochnäsig oder verletzend benahm - was praktisch jeder der Evernight-Typen rund um die Uhr tat.
    Einmal zum Beispiel fingen zwei Jungs an zu lachen, als auf dem Schulgelände ein Mädchen, das kein Evernight-Typ war, seinen Rucksack fallen ließ und dann halb darüber stolperte. Lucas, der unmittelbar hinter den beiden lief, sagte: »Das ist schon Ironie.«
    »Was?« Erich war einer der beiden lachenden Typen. »Dass die Schule jetzt auch totale Versager aufnimmt?« Das Mädchen, das die Tasche hatte fallen lassen, errötete.
    »Selbst wenn das stimmen würde, wäre das keine Ironie«, stellte Lucas klar. »Ironie ist der Unterschied zwischen dem, was gesagt wird, und dem, was geschieht.«
    Erich schnitt ein Gesicht. »Wovon sprichst du?«
    »Du hast sie ausgelacht, weil sie gestolpert ist, und das, obwohl du selbst gleich flach auf dem Gesicht landen wirst.«
    Ich konnte nicht genau sehen, wie Lucas Erich zu fassen bekommen hatte, sodass er kurz darauf ausgestreckt im Gras lag. Einige Leute lachten, aber die meisten von Courtneys Freunden starrten Lucas an, als ob er sich etwas hatte zuschulden kommen lassen, indem er sich für dieses Mädchen eingesetzt hatte.
    »Siehst du, das ist Ironie«, sagte Lucas und ging davon.
    Wenn ich die Chance gehabt hätte, hätte ich Lucas gerne gesagt, dass ich fand, er hatte das Richtige getan, und

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