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Evernight Bd.1 Evernight

Evernight Bd.1 Evernight

Titel: Evernight Bd.1 Evernight Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Gray
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mir wäre es völlig egal gewesen, ob Erich oder Courtney oder diese Typen dabei zuhörten. Aber leider bekam ich keine Gelegenheit. Lucas ging an mir vorbei, als ob ich plötzlich unsichtbar geworden wäre.
    Erich hasste Lucas. Courtney hasste Lucas. Patrice hasste Lucas. Soweit ich das beurteilen konnte, hasste praktisch jeder in der Evernight-Akademie Lucas, abgesehen von dem schlaksigen Surfertypen, der mir am ersten Tag aufgefallen war, und mir. Okay, Lucas war ein Unruhestifter, aber ich hielt ihn für mutig und ehrlich, wovon sich viele Leute in der Schule etwas abgucken konnten. Anscheinend jedoch würde ich Lucas aus der Ferne bewundern müssen. Was den Augenblick anging, war ich immer noch allein.
     
    »Bist du immer noch nicht fertig?« Patrice hockte auf unserem Fensterbrett. Die Nacht hob die Silhouette ihres schlanken Körpers hervor, der selbst dann noch anmutig aussah, als sie sich anschickte, auf einen der nächsten Äste zu springen. »Die Aufsicht wird bald wiederkommen.«
    Jede Nacht patrouillierten in Evernight Aufsichten auf den Gängen. Meine Eltern waren die einzigen beiden Lehrer, die ich noch nicht über die Flure hatte huschen sehen, um irgendwelche Regelbrecher dingfest zu machen. Dies war ein guter Grund dafür, durchs Fenster zu verschwinden, solange wir noch die Möglichkeit dazu hatten, aber ich war damit beschäftigt, mein Aussehen im Spiegel herzurichten.
    »Herrichten« war dabei ganz buchstäblich zu verstehen. Patrice sah mühelos cool aus in ihrer engen Freizeithose und einem hellrosa Sweatshirt, das ihre Haut strahlen ließ. Ich hingegen versuchte, in Jeans und einem schwarzen T-Shirt gut auszusehen. Ohne viel Erfolg, wie ich hinzufügen könnte.
    »Bianca, nun komm schon.« Patrice war mit ihrer Geduld am Ende. »Ich gehe jetzt. Komm mit oder lass es sein.«
    »Ich komme.« Was spielte es überhaupt für eine Rolle, wie ich aussah? Ich ging nur deshalb zu dieser Party, weil ich zu feige gewesen war abzulehnen.
    Patrice machte einen Satz auf den Ast, dann auf den Boden, und sie landete so sicher wie eine Turnerin beim Abgang vom Barren. Ich schaffte es, ihr zu folgen, doch die Rinde schabte meine Handflächen auf. Die Angst, entdeckt zu werden, ließ mich besonders auf den Lärm rings um uns herum achten: Gelächter drang aus irgendeinem Zimmer, die ersten herbstlichen Blätter raschelten auf dem Boden, und wieder rief eine Eule auf der Jagd.
    Die Nachtluft war kühl genug, um mir einen Schauer über den Rücken zu jagen, als wir über das Schulgelände in den Wald rannten. Patrice konnte sich ohne jedes Geräusch durchs Unterholz bewegen: ein Talent, um das ich sie beneidete. Vielleicht würde auch ich eines Tages über so viel Körperbeherrschung verfügen, aber das war nur schwer vorstellbar.
    Schließlich sahen wir den Schein des Feuers. Sie hatten am Ufer des Sees ein Lagerfeuer entzündet, das klein genug war, sodass es keine ungewünschte Aufmerksamkeit auf sich lenkte, aber doch groß genug, um Wärme abzugeben und ein gespenstisch flackerndes Licht zu verbreiten.
    Die Schüler saßen dicht gedrängt hier und dort und steckten die Köpfe zusammen, um zu flüstern oder zu lachen. Ich fragte mich, ob es das gleiche Lachen war wie das, was ich in der Nacht des Picknicks gehört hatte. Oberflächlich betrachtet, sahen meine Mitschüler wie jede andere Gruppe von Teenagern aus, die gemeinsam ihre Zeit verbrachten. Aber es lag eine Energie in der Luft, die meine Sinne schärfte, die jede Bewegung der Schüler mit Spannung auflud und dem Lächeln der meisten etwas Grausames beimischte. Ich erinnerte mich daran, was ich gedacht hatte, als ich Lucas bei unserem ersten Zusammentreffen im Wald kennengelernt hatte. Es gab gewisse Menschen, bei denen man unter der Oberfläche etwas Wildes erahnen konnte, und ebendiese Wildheit spürte ich auch hier.
    Jemand hatte ein Radio mitgebracht, aus dem hypnotisierende, weiche Musik ertönte. Ich kannte den Sänger nicht, und der Text war nicht in Englisch. Patrice verschmolz sofort mit dem Kreis ihrer Freunde, sodass ich allein stehen blieb und mich fragte, wohin ich mit meinen Händen sollte.
    In die Taschen? Nein, das sah blöd aus. Auf die Hüften? So als ob ich wütend wäre oder was? Nein, okay, selbst darüber nachzugrübeln, ist armselig.
    »Hallo, du«, sagte Balthazar. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass er hinter mich getreten war. Er trug einen schwarzen Samtblazer und hielt eine Flasche in einer Hand. Der Schein des Feuers tauchte

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