Evernight Bd.1 Evernight
mich gerade mit Bianca unterhalten.«
Courtney warf mir über die Schulter hinweg einen Blick zu. Ihre langen, blonden Haare hingen ihr locker bis auf die Taille, und sie wogten wie eine Welle, als sie den Kopf herumwarf. »Hast du irgendetwas Interessantes mitzuteilen, Bianca?«
»Ich…« Was wollte sie denn hören? Alles wäre besser gewesen, als das, was ich tatsächlich antwortete, nämlich: »Hm, nö.«
»Dann macht es dir doch nichts aus, wenn wir mal einen Augenblick verschwinden, oder?« Sie begann, Balthazar mit sich wegzuziehen, ohne auf eine Antwort zu warten. Er warf mir einen Blick zu, und ich wusste, ein einziges Wort von mir hätte ihn aufgehalten. Aber ich stand nur hilflos dort und sah den beiden nach.
Einige Leute kicherten. Ich warf einen Blick zur Seite und entdeckte Erich, und trotz des tanzenden Feuerscheins war ich mir ziemlich sicher, dass er mit dem Finger auf mich zeigte.
Ich trat aus dem Licht und hatte vor, mir ein Fleckchen zu suchen, an dem ich niemanden störte, und abzuwarten, bis ich Patrice oder sonst jemanden, der als halbwegs freundlich durchginge, zu fassen bekäme. Aber jeder Schritt, mit dem ich mich von den anderen entfernte, fühlte sich gut an, und ehe ich mich’s versah, hatte ich die Party verlassen.
Wenn wir uns nicht nach der Ausgangssperre aus der Schule geschlichen hätten, dann wäre ich nun geradewegs durch die Tür und hoch in mein Zimmer gestürmt. Rechtzeitig jedoch fiel mir ein, dass ich gegen die Regeln verstoßen hatte, und ich überlegte es mir anders. Stattdessen lief ich in Richtung Westen über den Rasen auf den Weg zum Pavillon und schmiedete Pläne, wie ich wieder ins Gebäude kommen wollte.
Nach den ersten Schritten sah ich jemanden dort stehen. Zuerst hatte ich keine Ahnung, wer das sein könnte, aber wer auch immer es war, er hatte ein Fernglas vor dem Gesicht. Als das Mondlicht das bronzefarbene Haar zum Leuchten brachte, wusste ich es. »Lucas?«
»Hallo Bianca.« Es dauerte einige Sekunden, bis er das Fernglas sinken ließ und mich angrinste. »Schöne Nacht für eine Party.«
Ich starrte auf das Fernglas. »Was machst du denn da?«
»Wonach sieht es denn aus? Ich beobachte heimlich die Party.«
Er war beinahe so barsch wie auf dem Flur, bis er mein Gesicht richtig erkennen konnte. Ich musste immer noch ganz elend aussehen, denn er fragte mich mit sanfterer Stimme: »Alles in Ordnung?«
»Mir geht’s gut. Ich bin ein Loser, aber mir geht’s gut.«
Lucas lachte. »Ich habe gesehen, dass du es ganz schön eilig hattest. Hat dir jemand Schwierigkeiten gemacht?«
»Nein, eigentlich nicht. Aber das alles kam mir so … bedrohlich vor, schätze ich. Du weißt ja, wie ich mit Fremden bin.«
»Gut für dich. Das ist nicht der richtige Umgang für dich.«
»Da könntest du recht haben.« Ich starrte auf das Fernglas. Nur jemand mit ausgezeichneter Nachtsicht konnte irgendetwas erkennen, auch wenn ich davon ausging, dass der Feuerschein die Sache ein bisschen leichter machte. »Warum beobachtest du die Party?«
»Ich gucke, ob sich irgendjemand betrinkt, unvorsichtig wird oder allein davonläuft.«
»Was denn, bist du jetzt eine von Mrs. Bethanys Fluraufsichten, oder was?«
»Wohl kaum.« Lucas ließ das Fernglas sinken. Er war so gekleidet, dass er mit der Dunkelheit verschmolz: schwarze Hose und ein langärmliges T-Shirt, das seine kräftigen Arme und die muskulöse Brust betonte. Er war drahtiger als Balthazar, und sein Gesicht war schärfer geschnitten. Etwas an ihm war auf aggressive Weise männlich. »Habe mich nur gefragt, was zur Hölle diese Typen treiben, wenn sie nicht andere herumschubsen, angeben und allen auf die Nerven gehen. Man sollte glauben, dass ihnen für anderes wenig Zeit bleibt.« Er warf mir einen abschätzigen Blick zu. »Du scheinst sie ja ganz gerne zu mögen.«
»Wie bitte?«
Er zuckte die Achseln. »Du hängst doch immer mit ihnen rum.«
»Tu ich gar nicht! Patrice ist meine Zimmergenossin, also muss ich mit ihr Zeit verbringen, und ihre Freunde kommen ständig vorbei, also kann ich ihnen überhaupt nicht aus dem Weg gehen. Ich meine, einige von ihnen sind ganz in Ordnung, aber die meisten jagen mir eine Heidenangst ein.«
»Keiner von ihnen ist in Ordnung, das kannst du mir glauben.«
Ich dachte, ich sollte ein gutes Wort für Balthazar einlegen, aber ich wollte in diesem Augenblick eigentlich lieber nicht über ihn sprechen. Außerdem merkte ich, dass mich Lucas in die Defensive gedrängt hatte, und
Weitere Kostenlose Bücher