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Evernight Bd.1 Evernight

Evernight Bd.1 Evernight

Titel: Evernight Bd.1 Evernight Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Gray
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auf die ich berührt werden wollte. Meine Gedanken waren wie benommen, beinahe so, als ob ich überhaupt nicht mehr bei Sinnen wäre; es gab nur noch meinen Körper und was er von mir verlangte. Ich wusste, was ich tun musste, auch wenn ich es mir noch nicht vorstellen konnte. Ich wusste es einfach.
    Hör auf, sagte ich zu mir selbst. Aber Lucas und ich waren über den Punkt hinaus, an dem wir noch hätten aufhören können. Ich brauchte ihn, alles von ihm, in diesem Augenblick.
    Ich nahm sein Gesicht in meine Hände und presste meine Lippen sanft auf seinen Mund, sein Kinn, seinen Nacken. Ich konnte seinen Pulsschlag unter der Haut sehen, und dann war der Hunger zu groß, um ihn noch zurückzuhalten.
     
    Ich biss Lucas mit aller Kraft in die Kehle. Ich hörte, wie er vor Schmerz und Entsetzen aufschrie, aber in diesem Moment rann mir schon das Blut über die Zunge. Sein kräftiger, metallischer Geschmack breitete sich wie Feuer in mir aus, heiß und nicht zu kontrollieren und gefähr lich und wunderbar. Ich schluckte, und der Geschmack von Lucas’ Blut in meiner Kehle war süßer als alles, was ich bislang gekostet hatte.
    Lucas versuchte, mich von sich wegzustoßen, aber er war bereits zu schwach. Als er leblos zusammensackte, fing ich ihn in meinen Armen auf, sodass ich in tiefen Schlucken trinken konnte. Ich fühlte mich, als ob ich mit seinem Blut auch seine Seele in mich aufsog. Wir waren uns nie näher als jetzt gewesen.
    Mein , dachte ich, mein.
    Dann war Lucas vollkommen erschlafft. Mit einem dumpfen Laut fiel er kraftlos zu Boden. Der breite Riss, den meine Zähne in seinem Hals hinterlassen hatten, war dunkel und nass im Mondlicht, und er schimmerte wie vergossene Tinte. Ein dünnes Blutrinnsal tropfte auf den Boden und sammelte sich um einen winzigen Silberstern, der aus meinem Haar gefallen war.
    »Hilfe«, stieß ich hervor. Es war kaum mehr als ein Flüstern. Meine Lippen waren noch immer klebrig und heiß von Lucas’ Blut. »Kann mir nicht jemand helfen? Hilfe!«
    Ich stolperte die Stufen hinunter auf der verzweifelten Suche nach irgendjemandem. Meine Eltern würden einen Anfall kriegen, Mrs. Bethany vermutlich noch tausendmal schlimmer, aber irgendjemand würde Lucas helfen müssen. »Ist da denn niemand?«
    »Was ist los mit dir?« Courtney kam offensichtlich verärgert aus dem Wald. Ihr weißes Spitzenkleid war zerknautscht, und ich konnte ihre Verabredung hinter ihr sehen; offensichtlich hatte ich sie beim Knutschen gestört. »Warte, auf deinem Mund… Ist das Blut?«
    »Lucas.« Der Schock saß zu tief, als dass ich etwas erklären konnte. »Bitte. Hilf Lucas.«
    Courtney warf ihr langes Haar zurück und trat in den Pavillon, wo Lucas mit aufgerissener Kehle lag. Sie schnappte nach Luft: »O mein Gott.« Dann drehte sie sich mit breitem Lächeln zu mir um: »Wurde aber auch Zeit, dass du erwachsen und eine Vampirin wie wir anderen wirst.«

8
     
     
     
     
    »Habe ich Lucas getötet? Was ist mit ihm?«, schluchzte ich. Ich konnte nicht mehr aufhören zu weinen. Meine Mutter hatte mir den Arm um die Schultern gelegt; blind vor Tränen ließ ich mich von ihr zum Gartenpavillon führen. Mein Vater war mit dem ohnmächtigen Körper von Lucas in den Armen vorausgerannt. Einige der Lehrer waren in der Nähe und sorgten dafür, dass keiner der anderen Schüler etwas von der Aufregung mitbekam. »Mum, was habe ich nur getan?«
    »Lucas lebt.« Ihre Stimme hatte noch nie so liebevoll geklungen. »Er wird es schaffen.«
    »Bist du dir da sicher?«
    »Ziemlich sicher.« Wir stiegen die Steintreppe empor, und ich stolperte beinahe über jede einzelne Stufe. Mein ganzer Körper zitterte so heftig, dass ich kaum laufen konnte. Mum streichelte mir über das Haar, das sich aus den Zöpfen gelöst hatte und mir nun strähnig ins Gesicht fiel. »Liebling, geh in dein Zimmer, ja? Wasch dir dein Gesicht, und beruhige dich ein bisschen.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich will bei Lucas sein.«
    »Er wird es gar nicht mitbekommen, ob du da bist oder nicht.«
    »Mum. Bitte.«
    Sie wollte gerade erneut ablehnen, aber ich sah ihr an, dass sie merkte, wie wenig Sinn es hatte, in diesem Punkt mit mir zu streiten. »Dann komm.«
    Mein Vater hatte Lucas in das Kutscherhaus gebracht. Als ich hineinging, fragte ich mich zunächst, warum es hier eine Wohnung gab, die mit schwarz getöntem Holz verkleidet war. Gelbstichige Fotografien hingen in alten, ovalen Rahmen an den Wänden. Dann fiel mir ein, dass hier Mrs. Bethany

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