Eviana - Ein leiser Zug von Magie

erklären. Und der erste Fremde, auf den sie bei ihrer Flucht stieß war ein Zauberer? Das konnte nur ein Wink des Schicksals sein. Sie fasste einen Entschluss.
    “Das ist toll, ich möchte auch ein Zauberer werden.” Meister Gandalf musterte sie noch etwas genauer.
    “Wie alt bist du eigentlich?”
    “Neun. Aber im Februar werde ich schon zehn.” Ein neunjähriges kleines, blondes Mädchen, das ein Zauberer werden wollte. Hatte man das denn schon mal gehört?
    “Sag mal, weißt du nicht, dass Zauberer alte Männer mit grauem Bart sind und keine kleinen Mädchen?” Doch so konnte er Eva Lotta nicht kommen.
    “Nein. Und wo ist überhaupt dein grauer Bart?” Meister Gandalf räusperte sich verlegen.
    “Ich mag keine Bärte. Sie kratzen. Ich klebe mir für die Vorstellung immer einen an.”
    “ Na prima, das kann ich doch auch machen, wenn ich ein Zauberer geworden bin.” Der alte Zauberer nickte.
    “Entscheidend ist, ob du für diesen Beruf begabt bist. Ein guter Zauberer zu werden erfordert immense Geschicklichkeit und Darstellungskraft. Machen wir es doch einfach so. Wenn du die Zauberlehrling-Aufnahmeprüfung bestehst, dann nehme ich dich als meinen Lehrling an.”
    “Die was?”
    “Na, die Aufnahmeprüfung. Jeder Fahrensmann möchte gern Zauberer sein. Das macht ja viel mehr Spaß als Zahnarzt oder Puppenspieler oder Musikant. Also hat der Zauberrat die Aufnahmeprüfung erfunden.”
“Der Zauberrat? Was ist denn das?” Das Mädchen kannte sich offensichtlich überhaupt nicht aus mit der Zauberei. Gandalf glaubte immer noch nicht, dass Zauberer der richtige Beruf für sie sei. Sie könnte auch der alten Medusa beim Essenkochen zur Hand gehen. Auch als Flötenspielerin konnte er sie sich gut vorstellen. Die Musikanten suchten immer Verstärkung. Und vielleicht konnte sie auch tanzen? Aber nun hatte er sich auf das Thema eingelassen und die Chance sollte sie bekommen.
    “Der Zauberrat ist die Organisation der mächtigsten Zauberer. Dort werden alle wichtigen Entscheidungen bezüglich des Zauberwesens getroffen.”
    “Oh, dann seid ihr dort auch Mitglied?”
    “Äh, nein. Aber das ist eine andere Geschichte.” Gandalf lenkte geschickt ab von dem misslichen Thema. “Hast du denn schon mal etwas gezaubert?” Eva Lotta wurde rot und musste an die Gurkennase denken. Das aber wollte sie diesem wichtigen Zauberer lieber nicht auf die Nase binden. Wer weiß, was andere Zauberer dazu sagen würden? Das wurde bestimmt nicht gerne gesehen, anderer Leute Nase so unbeherrscht zu verschandeln.
    “Öh, noch nicht so richtig. Aber ich kann das sicherlich lernen.”
    “OK, schauen wir mal. Wir beginnen gleich mal mit der ersten Aufgabe.”
    “Wie? Hier und jetzt?” Sie gingen noch immer auf dem Waldweg, fort von ihrem Dorf, kurz hinter den anderen.
    “Ja, ja, so förmlich sind wir nicht. Jeder Zauberer kann die Prüfung durchführen.” Gandalf hüstelte und dachte an seine eigene Zauberprüfung. “Also, die erste Aufgabe.” Eva Lotta wurde ganz aufgeregt. Gandalf pfriemelte an seinem Gewand und aus einer Innentasche förderte er ein kleines Stückchen Pergament zutage. “Lies mir das mal vor.” Eva Lotta wurde noch aufgeregter. Ob ihre bescheidenen Lesefertigkeiten dazu reichen würden? Sie nahm den Pergamentschnipsel entgegen und begann.
    “Wie man aus alten, matschigen Birnen einen vortrefflichen Schnaps braut.”
    “Halt, halt, gib mal her. Oh. Das ist das Falsche.” Gandalf ließ das Rezept in seinem Gewand verschwinden und fingerte wenig später ein ganz ähnliches Stück Pergament hervor. Eva Lotta las erneut.
    “Der Geigenzauber.”
    “Das ist es, aber lies noch mal.”
    “Oh, Tschuldigung, der Gegenzauber. In allen Dingen soll das Gute erklingen.” Da waren noch mehr Zeichen, aber mit denen konnte Eva Lotta beim besten Willen nichts anfangen. Betrübt gab sie Gandalf das Stück zurück. “Den Rest kann ich nicht lesen.”
    “Prima, mein Kind. Das war gut. Die anderen Zeichen können nur Zauberer verstehen. Sie zeigen die richtige Betonung und welche Handbewegungen man dazu ausführen sollte, damit es professioneller aussieht.”
    “Damit es professioneller aussieht?”
    “Ja, ja, der Erfolg des Zauberns hängt auch davon ab, dass unser Publikum uns das abnimmt, was wir tun.” Eva Lotta wunderte sich. Was für eine Art von Zauberei das wohl war?
    “Die erste Aufgabe hast du jedenfalls schon mal sehr gut gemeistert. Kommen wir nun zur zweiten.” Er zog aus seinem Ärmel einen