Eviana - Ein leiser Zug von Magie
krummen Stab aus Eichenholz und reichte ihn Eva Lotta.
“Nimm diesen Zauberstab und verwandele diesen Stein”, er hob einen Kiesel vom Weg auf, “in eine Maus.” Eva Lotta sah in fragend an. Das war jetzt nicht sein ernst.
“Natürlich nicht wirklich. Hier geht es darum zu sehen, ob du das Zeug hast, vor deinem Publikum den Zauberstab wie ein echter Zauberer zu bewegen.” Eva Lotta war eine gewisse Eleganz angeboren. Sie nahm den Stab, wirbelte ihn in der Luft herum, ließ ihn dann auf den Stein zeigen und beschwor ihn theatralisch. Gandalf schmunzelte.
“Du bist ein Naturtalent. Genauso muss das aussehen. Sehr schön. Kommen wir nun zur dritten und entscheidenden Prüfung.” Er ließ den Stab wieder im Ärmel verschwinden und zog eine kleine Stoffpuppe aus dem Umhang. Eva Lotta staunte. Der Umhang schien das Fassungsvermögen einer großen Reisetasche zu haben. So einen wollte sie auch einmal haben. Der Gedanke Zauberer zu werden, gefiel ihr immer besser.
“Das ist die entscheidende Prüfung. Du mu sst dich gut konzentrieren. Am besten du schließt die Augen und stellst es dir bildlich vor.”
“Was denn?”
“Die Aufgabe besteht darin, diese Puppe in einen Maiskolben zu verwandeln.” Eva Lotta schluckte. Mit Ausnahme der Gurkennase hatte sie noch nie etwas verwandelt. Ob ihr das noch einmal gelingen würde? Sie nahm die Puppe in die rechte Hand und konzentrierte sich. Sie sah einen Maiskolben. Ihre Hand wurde warm. Sie konnte den Maiskolben schon spüren. Sie fühlte, wie sich die Puppe verwandelte.
“Sehr gut, kleines Mädchen, du siehst aus wie ein Profi.” Dann sagte Gandalf nichts mehr. Er sah, wie sich die Puppe verwandelte.
“Meister, Meister, endlich finde ich euch. Hier seid ihr.” Ein Junge kam keuchend angelaufen.
“Cedric, warum störst du mich? Siehst du nicht, dass ich beschäftigt bin?”
“Der Gauklerkönig möchte mit euch die nächste Aufführung besprechen.”
“Sag ihm ich komme gleich.” Cedric hatte Eva Lotta keines Blickes gewürdigt und rannte wieder voraus zur Spitze des kleinen Zuges. Gandalf widmete seine Aufmerksamkeit wieder der Puppe, die aber nun wieder nur eine Puppe war. Der Ruf hatte Eva Lottas Konzentration gestört und die Verwandlung verhindert. Gandalf rieb sich die Augen. Hatte er sich das nur eingebildet? Oder war es der Kleinen tatsächlich beinahe gelungen, die Verwandlung durchzuführen? Er war sich nicht sicher und betrachtete das Kind aus den Augenwinkeln. Hatte sie die Aura? Er blinzelte. Sie war auf jeden Fall der begabteste Lehrling, den er je gehabt hatte.
“Na gut. Das war ja wohl nichts.” Er bemühte sich, recht grimmig zu schauen. Eva Lotta war noch ganz benommen von ihrem Wandlungsversuch.
“Das ist ungerecht. Der Junge hat mich gestört. Gebt mir noch eine Chance”, flehte sie.
Nun lächelte Meister Gandalf.
“Schon gut Kleine. Das sah für den Anfang schon ganz gut aus. Niemand erwartet von einem Zauberlehrling, dass er bereits einen Wandlungszauber beherrscht. Du darfst bei mir in die Lehre gehen.” Eva Lotta vollführte einen Luftsprung und jubelte.
“Aber du musst noch sehr viel lernen. Und gleich heute Abend geht es los.”
“Wer war eigentlich der Junge, der euch Meister genannt hat?”
“Das war Cedric, mein anderer Lehrling. Ihr werdet euch gut ergänzen.” Eva Lotta schluckte. Cedric schien älter als sie zu sein und hatte ihr keinerlei Beachtung geschenkt. Wie er es wohl aufnehmen würde, dass sein Meister nun einen zweiten Lehrling hatte? Das konnte ja noch heiter werden.
“Mylord, hier ist eine Fährte.”
“Na endlich, ihr Taugenichtse. Ich dachte schon, ihr findet sie gar nicht mehr.” Der Lord versuchte, sein Pferd zu zügeln, was ihm nur unzureichend gelang. Es drehte sich im Kreis und graste hin und wieder. Sein Reiter geriet dadurch ein ums andere Mal in eine leichte Schieflage.
“Kannst du sehen, wie alt die Spur ist?”
“Es scheint eine Gruppe von Menschen, mit Pferden und Wagen zu sein. Die Spur ist erst wenige Stunden alt. Und dieser Weg führt nach Randwald. Dort werden wir sie finden.”
Der Mann mit der goldenen Kleidung lächelte hämisch.
“So, kleine blonde Hexe, bald haben wir dich.”
IV
Am Abend erreichte der Zug der Gaukler die kleine Stadt Randwald. Die wenigen Einwohner, die um diese Zeit noch auf den Straßen der Stadt unterwegs waren, begrüßten die Fremden mit großem Hallo. Sie freuten sich auf die Abwechslung vom Alltag und auf die vielen Geschichten aus der
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