Evianna Ebel und die Tafeln des Schicksals
Sofa hervorblickte.
„Nicht der da“, sagte Evianna. Sie blätterte in einer der Zeitschriften, die Engus als Sitzerhöhung dienten und zeigte Shak schließlich das Bild eines männlichen Models, das für Pheromone warb. Shak schüttelte sich wie ein nasser Hund. Die Hörner verschwanden, die Augen nahmen einen sanften Braunton an und die dunklen Haare wurden zu einer modernen Frisur. Die Schultern wurden breiter und die Taille blieb schmal.
Erstaunt sah Evianna der Verwandlung zu. Sie lächelte und Shak lächelte zurück. Seine Zähne waren ebenmäßig und weiß. Er sah zum Anbeißen aus. Kein Wunder, dass Dämonen so leichtes Spiel hatten.
Shak sah an sich herab. „Das ist also der Typ Mann auf den du stehst?“ Evianna zuckte mit den Schultern.
Shak beugte sich vor und hauchte ihr einen Kuss auf die Wange. „Wir sehen uns, Baby.“ Er ging zur Tür.
Evianna folgte ihm. „Stell‘ nichts Verbotenes an. Bitte.“
„Du hast mein Wort darauf.“ Dann verließ Shak das Haus, blieb jedoch nach zwei Metern stehen und starrte in den Vorgarten. „Du hast hier ein Problem, um das du dich kümmern solltest“, sagte er. Danach löste er sich einfach in Luft auf. Ein Problem? In ihrem Vorgarten? Evianna trat aus der Tür und fuhr bei dem Anblick, der sich ihr bot, erschrocken zurück.
„Alles klar bei dir?“, fragte Engus und kam vorsichtig hinter dem Sofa hervor. „Nein.“ Nachdem Evianna sich von dem Schreck erholt hatte, ging sie hinaus in den Garten und warf einen genaueren Blick auf die riesige Steinskulptur, die mitten auf ihrem Rasen stand.
„Das sollte es auch nicht sein, nachdem du einen Dämon freige….iiih“, kreischte der Puk. Er war auf dem Treppenabsatz stehen geblieben und spähte um die Ecke. „Woher hast du denn diese Scheußlichkeit?“
Evianna umkreiste die Skulptur, die verdächtig nach Shaytan aussah. „Ich dachte, du stehst auf Gartenzwerge?“
„Soll das ein Witz sein? Das Ding ist mindestens zwei Meter groß und aus Stein! Und es kommt auf keinen Fall mit auf den Dachboden!“
„Ja, schon gut. Beruhige dich. Ist wahrscheinlich falsch geliefert worden“, murmelte Evianna abwesend. Sie berührte den kalten, schwarzen Stein der Statue und fragte sich, wieviel den Gargoyles an den Tafeln gelegen sein musste, um soetwas wie das hier zu riskieren. Es wäre leicht, Shaytan jetzt und hier zu töten. Ein Schuss aus ihrer Waffe würde den Gargoyle in diesem Zustand zur Strecke bringen, wenn man Shaks Aussage trauen konnte. Evianna kam zu dem Schluss, dass es besser wäre, wenn niemand dieses Ding in ihrem Garten sah.
„Behaupte du nochmal, meine Gartenzwerge wären hässlich“, rief der Puk mit angewidertem Gesicht.
„Geh‘ in den Keller und hol‘ eine Abdeckplane“, wies Evianna den Puk an. „Und bring Band zum festmachen mit.“
„Immer ich“, beschwerte sich der Puk. Aber er machte sich auf den Weg in den Keller. Wenig später erschien er wieder in der Tür, eine große blaue Plane hinter sich herziehend. Auf der letzten Treppenstufe blieb er stehen und beschnüffelte die Plane gründlich. Sie roch eindeutig nach Keller. „Was hast du damitvor?“
Evianna nahm sie ihm ab und zog sie unter einigen Mühen über die Steinstatue.„Ich schicke das Ding zurück, was sonst?“ Die spitzen Hörner der Teufelsgestalt bohrten sich durch den Stoff, der Rest der Statue war jedoch einigermaßen verhüllt. Evianna befestigte die Plane mit mehreren Metern Klebeband und betrachtete ihr Werk. Atmeten Gargoyles in steinernem Zustand? Falls ja, könnte das eventuell zu einem Problem werden. Evianna zog ihr Messer hervor, stellte sich auf Zehenspitzen und schnitt ein kleines Loch in die Plane, dort wo sie Shaytans Nase und Mund vermutete. Zufrieden ging sie zurück ins Haus. Sie warf das Klebeband auf den Esstisch und lief hinauf in ihr Beschwörungszimmer. Dort lagen die sechs steinernen Tafeln noch immer auf dem Boden. Evianna hob die oberste Tafel auf. In der oberen rechten Ecke war eine Steinstatue abgebildet. Sie vermutete, dass es Daimon war, doch mit Bestimmtheit ließ sich das nicht sagen, da sie ihn noch nie gewandelt gesehen hatte. Auch auf den anderen Tafeln befanden sich Steinstatuen. Anscheinend gab es für jeden Gargoyle eine, doch konnte sie nur Shaytan und Satyr eindeutig zuordnen.
Evianna trug die Tafeln hinunter und legte sie auf den Esstisch. Schnüffelnd kam Engus näher und hüpfte auf einen Stuhl. Er streckte eine Hand nach den Tafeln aus. Bevor er sie berührte, hielt er inne.
Weitere Kostenlose Bücher