Evianna Ebel und die Tafeln des Schicksals
BVb.“ Jayma legte die Hand auf den Arm ihres Bruders.Ihr Blick verfinsterte sich. „Meistens bei einem dieser scheußlichen Kämpfe imCollisseum.“
Evianna hob den Kopf.„Im Collisseum?“
„Ja. Hat er nicht davon erzählt?“
Evianna schüttelte den Kopf.
„Naja, ist ja auch nichts, womit man angeben könnte. Niemand weiß, wieso er sich das antut.Möchten sie einen Moment mit ihm allein sein?“, fragte Jayma und erhob sich von dem einzigen Stuhl im Zimmer. „Ich werde auf dem Gang warten und aufpassen, dass der Arzt sie nicht erwischt.“ Lächelnd ergriff Jayma Eviannas Hand und drückte sie. Evianna erwiderte das Lächeln mechanisch. Froh darüber, dass Jayma den Raum verließ, zog Evianna den Stuhl heran und setzte sich an Keirs Bett. Vorsichtig legte sie ihre Hand auf seine. Sie sah ihn an und dachte daran, wie wenig sie eigentlich über ihn wusste, was in Anbetracht der kurzen Zeit, die sie zusammen Dienst taten wohl nicht verwunderlich war. Aber die Kämpfe im Collisseum? Das waren brutale Veranstaltungen bei denen er nun wohl vorerst ausfiel. „Versprich mir, wieder gesund zu werden, hörst du?“, sagte sie leise. Keir musste sie gehört haben denn seine Hand bewegte sich ein wenig. Um die Nadel, die auf dem Handrücken in der Vene steckte, nicht herauszureißen, schob Evianna ihre Hand in seine. „Ich werde denjenigen finden, der das getan hat“, versprach sie. Mit dem Daumen strich Keir über Eviannas Handfläche. Nur gut, dass er die Augen nicht geöffnet hatte, dachte Evianna, sonst würde er sehen, dass seine Finger gerade ein Dämonenmal berührten und sich wahnsinnig darüber aufregen. Und Aufregung war sicher nicht das, was er in diesem Zustand brauchen konnte. Wenn er wieder gesund war, würde sie ihm alles erklären, vorausgesetzt, er wurde wieder gesund. Das musste er einfach.
Jayma öffnete die Tür. „Der Arzt kommt. Schnell“, sagte sie.
Evianna erhob sich.„Danke“, rief sie Jayma zu und verließ das Zimmer während Jayma ihren Platz auf dem Stuhl einnahm. Draußen fing Evianna den Arzt ab. Sie unterhielt sich kurz mit ihm und folgte ihm dann in einen nahegelegenen Untersuchungsraum.
Als sie am späten Nachmittag nach Hause zurückkehrte, duftete das ganze Haus verführerisch nach Essen. Evianna warf einen Blick in den eingeschalteten Ofen und entdeckte einen Auflauf, der aussah, als könne er sofort gegessen werden. „Engus?“, rief Evianna.
Der Puk antwortete nicht.
Evianna schnappte sich den Back-Handschuh, zog ihn an, öffnete die Ofentür und nahm den Auflauf heraus. Dann deckte sie den Tisch.
„Engus, der Auflauf wird kalt“, rief sie noch einmal am Fuß der Treppe. Auch diesmal bekam sie keine Antwort. Evianna setzte sich an den Tisch und tat sich eine gute Portion auf. Während sie aß, fiel ihr Blick auf den Haken, an dem Engus‘ Kochschürze üblicherweise hing. Er war leer. Evianna legte die Gabel beiseite. Es war noch nie vorgekommen, dass Engus während einer seiner Kochsessions freiwillig die Küche verlassen hatte– bekleidet mit seiner Schürze. Zumindest zum Essen war er bisher immer aufgetaucht. Vielleicht hatte er dringende Termine auf dem Dachboden? Evianna erhob sich, um das zu klären. Ein plötzlicher Impuls veranlasste sie jedoch, nach ihrer Waffe zu greifen. Langsam stieg sie die Treppe hinauf. Mit jeder Stufe wurde das Gefühl, das etwas nicht stimmte, stärker. Vorsichtig spähte Evianna ins Schlafzimmer doch dort war niemand. Und auch nicht im angrenzenden Bad. Vor der Tür des Beschwörungszimmers blieb Evianna stehen. Dort drinnen war jemand. Das konnte sie spüren. Unschlüssig starrte sie auf den Türgriff. In dem Moment wurde die Tür aufgerissen. Jemand schoss aus der Tür hervor und von einem mächtigen Schlag getroffen, ging Evianna zu Boden. Benommen nahm sie wahr, wie sie an Armen und Beinen gepackt und in das Beschwörungszimmer geschleift wurde. Riemen schlossen sich um ihre Fussgelenke, um ihren Hals und ihr linkes Handgelenk. Eviannas Beine wurden gespreizt. Sie hörte ein Hämmern. Danach war es unmöglich, die Beine zu bewegen. Das Hämmern ertönte links von ihr, dicht an ihrem Kopf. Auch ihre linke Hand ließ sich nicht mehr bewegen und es war unmöglich, den Kopf zu heben. Was geschah hier mit ihr? Jemand packte Eviannas rechtes Handgelenk. Im nächsten Moment ertönte ein Hämmern und sie durchfuhr ein beissender Schmerz. Eviannas Blick wurde klar und sie sah Zagon, der einen dicken Nagel aus blauem Stahl durch die Hand
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