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Evil - Das Böse

Evil - Das Böse

Titel: Evil - Das Böse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Typen aus dem Fach wanden sich. Es war ihnen deutlich anzusehen, dass sie weder zustimmen noch widersprechen wollten. Sie waren eine Bande von Leuten, die alle ungefähr aussahen wie Höken. Drei trugen das Schuljackett, es war fast wie bei einer Ratsversammlung. Die Besprechung fand in Klasse 6 statt, doch sie hatten die Stühle nicht umgestellt, wie der Rat das machte. Das Fach saß hinten in der Ecke und hatte nur die Bänke ein wenig verschoben, damit das Ganze ein bisschen offizieller aussah.
    Na ja, also, das sei alles nicht so leicht, wie man glauben könnte, wenn man einen Sozi reden hörte. Und was er vorbrachte, seien doch auch typische Soziideen, was?
    Selbstverständlich sei es die Aufgabe des Fachs, dem Rat gegenüber die Interessen der Mittelschüler zu vertreten. Aber hier gehe es offensichtlich nicht darum, dass ein Ratsmitglied gegen ein Gesetz verstoßen habe. Vielmehr habe sich Johan S. bei Tisch ziemlich danebenbenommen, da müsse er sich nicht wundern, dass er sich einen Peppis eingefangen habe. Das passiere in solchen Fällen allen, so gesehen herrsche in Stjärnsberg allgemeine Gleichheit. Die Sache habe deshalb durchaus nichts Undemokratisches an sich. Es gebe nun mal diese Regeln, daran könne das Fach nichts ändern. Hinzu komme die Frage der guten alten Traditionen, die man nicht einfach im Handumdrehen ändern könne. Gleichheit herrsche im Übrigen auch insofern, als alle früher oder später in der Abiklasse landen würden.
    Schließlich sei es sogar unkameradschaftlich, dass einige die Peppis verweigern wollten. Durften sich die einen weigern, während die anderen geschlagen wurden? Nein, das würde dem Kameradschaftsgeist schaden, es würde zu Sonderrechten für einige wenige führen und am Ende unweigerlich zu einer kleinen undemokratischen Elite.
    »Eine Peppisbefreiung, darum geht’s euch«, sagte Höken, der sich nun zum ersten Mal äußerte. »Ihr versucht ganz einfach, die Kameradenerziehung zu umgehen und für euch selbst eine Peppisbefreiung zu erreichen. Ihr seid überhaupt nur eine kleine Gruppe, die das will.«
    »Scheißreaktionäre«, sagte Johan S.
    »Hab ich’s mir doch gedacht«, sagte Höken, »Sozimoden. Die werden wir niemals unterstützen, darauf könnt ihr einen fahren lassen.«
    Damit war die Frage geklärt.
    Die Rache holte Johan S. am nächsten Tag ein, und es war ganz klar, dass das Fach dabei seine Finger im Spiel hatte.
    Otto Silverhielm und sein Klassenkamerad Gustaf Dahlen, der unter spastischen Augenzuckungen litt, holten Johan S. ins Karo.
    Sie schlugen lange und sorgfältig auf ihn ein. Und als er reif zum Hinauskriechen war und an mehreren Stellen heftig blutete, hielten sie ihn fest und ließen ihn versprechen, nie mehr einen Peppis zu verweigern. Das Gymnasialpublikum schrie dazu »Sozischwein, Sozischwein« statt der üblichen Verse über Ratten.
    Erik stand ganz hinten im Mittelschulpublikum, ballte die Faust hinter dem Rücken und hatte Tränen in den Augen, als Johan S. aufgab und durch das aus seiner Nase sprudelnde Blut nuschelnd gelobte, in Zukunft alle Peppis widerspruchslos hinzunehmen. Oh verdammt!
    Vor dem Wahlkampf waren seltsame Gerüchte in Umlauf, dass der Präfekt und sein Stellvertreter abgesetzt und durch Otto Silverhielm und seinen Kumpel Gustaf Dahlen ersetzt werden sollten. Doch davon sickerte nicht viel zur Mittelschule durch. Erst als die vom Rektor aufgestellte Liste der Kandidaten am schwarzen Brett vor dem Speisesaal aufgehängt wurde, war klar, dass die Gerüchte zutrafen.
    Der Rektor nominierte immer doppelt so viele Kandidaten, wie tatsächlich gewählt werden konnten. Sie sollten einen halben Tag lang in der Aula miteinander diskutieren - das war der Wahlkampf in dieser Schule -, abends vor dem Essen warfen die Schüler dann die Umschläge mit ihren Stimmen in eine Urne mit Vorhängeschloss. Dann wurde die Urne zum Rektor getragen und am nächsten Tag hing das Wahlergebnis am schwarzen Brett.
    Silverhielm und Dahlen erzählten überall, der Rat sei schlaff geworden und die Ordnung an der Schule müsse wiederhergestellt, die Tradition der Kameradenerziehung verteidigt werden.
    Das war auch ihr Thema während des Wahlkampfes in der Aula.
    Als Erster stieg einer aus der Abiklasse aufs Podium, ein Kumpel von Silverhielm, wie alle wussten (sie segelten zusammen). Der Kumpel beklagte die schlaffen Zustände. Er berichtete, dass er seit vielen Jahren in Stjärnsberg sei, aber nie in der ganzen Zeit habe es so viel Ärger und

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