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Evil - Das Böse

Evil - Das Böse

Titel: Evil - Das Böse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Umlauf waren. Einer, der besonders frech gewesen war, war an den Füßen zehn Meter hoch am Fahnenmast aufgehängt worden. Dort hatte er gehangen und fast eine Stunde lang wie ein Schwein geschrien, ehe ein Zimmer-oder Klassenkamerad sich hinausgewagt hatte, um ihn herunterzulassen. Ein anderer, der ungewöhnlich frech gewesen war, war in den Duschraum geschleift worden, wo sie ihm den halben Schädel kahl rasiert hatten, ein dritter war an allen behaarten Stellen seines Körpers mit roter Menninge bestrichen worden (er hatte sich danach alle Haare abrasieren müssen und um den Schwanz einen seltsamen Ausschlag bekommen). Einfache Klosterungen liefen meistens darauf hinaus, dass die Opfer in den Duschraum gezerrt wurden und unterschiedlich lange unter eiskaltem Wasser stehen mussten. Es gab dutzende unterschiedliche Methoden zur Züchtigung von Neuen und Frechen.
    Während der Klosternacht verzogen die Lehrer sich in ihre Wohnungen, stopften sich Watte in die Ohren, legten Wagner auf oder taten sonst etwas, damit sie nichts hören oder sehen mussten.
    Die Frage war, wie heftig die Klosterung sein würde, der Erik unterzogen werden sollte. Beim Essen wurde wild und fröhlich drauflos spekuliert. Es lag entschieden ein neuer Rekord in der Luft. Was aber könnte schlimmer sein als rote Menninge oder der Fahnenmast?
    Jemand hatte gehört, dass sie Erik nackt an den Schornstein des Hauptgebäudes fesseln wollten. Ein anderer wusste sicher, dass sie ihm Stahldraht um die Schneidezähne legen und sie herausziehen würden. Ein dritter hatte aus sicherer Quelle erfahren, dass ihm ein Hoden mit einem Nussknacker abgezwackt werden sollte. Im Speisesaal surrte die Luft vor Spekulationen.
    Und Erik war von seinem Tisch verwiesen worden. Er saß jetzt ganz hinten vor der Wand am Tisch der zweiten Klasse, zwei Meter vom Platz des Rektors und des Aufsichtslehrers am Tisch der ersten Klasse entfernt. Sein neuer Tischmajor war Otto. Und Otto erschien im Schulblazer und hatte seine neue glänzende Goldschnur um den Orion gewickelt.
    Otto hatte versucht, ihn gleich nach dem Tischgebet zum Peppis zu bestellen (»Du hast beim Gebet nicht still gestanden«), aber Erik hatte sich selbstverständlich geweigert.
    »Denk an die Klosternacht! Komm her und beug den Kopf wie ein braver kleiner Junge«, höhnte Otto.
    Erik schaute zur Decke hoch, als habe er von dort etwas gehört.
    »Komisch«, sagte er, »ich dachte, ich hätte ein Wiehern gehört. Könnte das ein Silberpferd gewesen sein?«
    Dann aß er weiter, während sie in seiner Umgebung nach Luft schnappten und versuchten, ihr Kichern zu unterdrücken.
    Silverhielm - Silberpferd - Silberfotze - Fotze. Er würde Silverhielm so oft Fotze nennen, dass der Name haften blieb.
    Bei Gustaf Dahlen war alles noch einfacher. So hatte der Erfinder des AGA-Ofens geheißen, und da der Gymnasiast Gustaf Dahlen nervöse Zuckungen hatte, sollte er von nun an Blinkfeuer heißen. Das war ein perfekter Spitzname, er würde haften bleiben und war außerdem verletzend, da er sich auf ein Gebrechen bezog.
    Fotze und Blinkfeuer, so wollte er sie nennen.
    »Komm sofort her!«, brüllte Silverhielm.
    Erik stellte sich taub und ignorierte die Tatsache, dass alle Aktivitäten am Tisch zum Erliegen gekommen waren. Er aß mit gespielter Ruhe weiter, dann sagte er: »Komisch, da dachte ich doch glatt, ich hätte das Pferd schon wieder wiehern hören.«
    Silverhielm sprang so energisch auf, dass sein Stuhl hinter ihm umkippte, und bahnte sich einen Weg zu Eriks Platz. Erik sprang ebenfalls auf und hob die Hände vor seine Brust. Das sollte ausreichen, um Silverhielm zögern zu lassen, und er zögerte wirklich.
    »Das Silberpferdchen hat wohl Schiss gekriegt«, sagte Erik, schaute Silverhielm höhnisch lächelnd in die Augen und gab vor, nicht zu sehen, wie der die rechte Hand zurücknahm, um zu einem Schlag auszuholen.
    Eine Sekunde des Zweifelns. Wollte Silverhielm wirklich den Schlag führen, den er so deutlich angekündigt hatte? Besser, er war auf alles vorbereitet. UND NICHT ZURÜCKSCHLAGEN, WAS IMMER AUCH PASSIERTE!
    Doch Silverhielm führte genau den angekündigten Schlag und Erik fing ihn problemlos mit dem linken Arm auf, während er zugleich einen kurzen Schritt vortrat, sodass sein Gesicht nur wenige Zentimeter von dem des verblüfften Silverhielm entfernt war, der sichtlich mit einem Treffer gerechnet hatte.
    »Das schaffst du doch nie, Silberpferdchen«, höhnte Erik und trat einen raschen Schritt zurück,

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