Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Evil

Evil

Titel: Evil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Ketchum
Vom Netzwerk:
Keller bei Ruth lernte ich, dass Wut, Hass, Furcht und Einsamkeit alle demselben Knopfdruck gehorchen und nur auf den Finger warten, der ihre zerstörerische Wirkung in Gang setzt.
    Und ich lernte, dass sie nach Sieg schmecken können.
     
    Ich sah, wie Willie zurücktrat. Auf einmal kam er mir gar nicht mehr unbeholfen vor. Seine Schulter traf sie mitten im Magen und hob sie von den Füßen.
    Wahrscheinlich war ihre einzige Hoffnung, dass einer von ihnen sie verfehlen und sich an der Wand den Schädel einschlagen würde. Aber das war unrealistisch. Allmählich wurde sie müde. Sie konnte nicht ausweichen, nicht fliehen. Sie musste so lange einstecken, bis sie hinfiel. Und das konnte nicht mehr lange dauern.
    Woofer stürzte sich auf sie. Sie musste in die Knie gehen, um nicht am Unterleib getroffen zu werden.
    »Heul endlich, verdammt!«, brüllte Willie. Wie die anderen atmete er schwer. Er wandte sich zu mir.
    »Sie will nicht heulen.«
    »Der ist alles egal«, meinte Woofer.
    »Sie wird weinen«, sagte Willie. »Dafür sorge ich.«
    »Zu viel Hochmut«, bemerkte Ruth hinter mir. »Hochmut kommt vor dem Fall. Das dürft ihr nie vergessen. Wer hochmütig ist, fällt auf die Schnauze.«
    Donny rammte Meg.
    Football war seine Spezialität. Ihr Kopf krachte nach hinten gegen die Betonwand. Ihre Arme lösten sich. Ein glasiger Ausdruck lag in ihren Augen.
    Sie rutschte einige Zentimeter an der Wand hinunter.
    Aber sie hielt sich noch immer auf den Beinen.
    Ruth seufzte.
    »Das reicht erst mal, Jungs. Ihr werdet sie nicht zum Weinen bringen, diesmal nicht.«
    Sie streckte den Arm aus und winkte.
    »Kommt jetzt.«
    Es war ihnen anzusehen, dass sie noch nicht fertig waren mit Meg. Doch Ruth klang gelangweilt und duldete keinen Widerspruch.
    Willie knurrte etwas von blöden Nutten, und einer nach dem anderen zogen sie ab.
    Ich ging als Letzter. Es fiel mir schwer, mich loszureißen.
    Dass so etwas möglich war.
    Ich sah, wie sie an der Wand herabglitt und sich auf den kalten Betonboden hockte.
    Ich bin nicht sicher, ob sie mich überhaupt wahrnahm.
    »Gehen wir«, sagte Ruth.
    Sie machte die Metalltür zu und schob den Riegel vor.
    Meg blieb allein im Dunkeln zurück. Hinter der Tür eines Fleischschranks. Wir gingen hinauf und schenkten uns Cola ein. Ruth holte Cheddarkäse und Cracker. Wir saßen um den Esstisch.
    Susan weinte noch immer in ihrem Zimmer, etwas leiser jetzt. Willie stand auf und schaltete den Fernseher ein. Die Show Truth of Consequences kam auf den Bildschirm und übertönte ihr Schluchzen.
    Eine Weile schauten wir zu.
    Ruth hatte eine Frauenzeitschrift vor sich auf dem Tisch liegen. Sie rauchte eine Tareyton, blätterte in dem Journal und trank ihr Cola.
    Sie kam zu einem Foto – eine Lippenstiftwerbung – und hielt inne.
    »Das kapier ich nicht«, sagte sie. »Das ist doch eine ganz gewöhnliche Frau. Kapiert ihr, was die alle an ihr finden?«
    Sie hielt die Zeitschrift hoch.
    Willie sah auf und biss achselzuckend in einen Cracker. Ich fand die Frau eigentlich hübsch. Ungefähr so alt wie Ruth, vielleicht ein bisschen jünger, aber hübsch.
    Ruth schüttelte den Kopf.
    »Die sieht man jetzt überall. Überall, ich schwör's euch. Suzy Parker heißt sie. Ein richtiges Starmannequin. Und ich kapier es einfach nicht. Vielleicht weil sie rote Haare hat. Männer mögen Rothaarige. Aber was soll's, sogar Meg hat rote Haare. Und ihre Haare sind schöner, findet ihr nicht?«
    Ich warf einen zweiten Blick auf das Bild. Ich musste ihr Recht geben.
    »Nicht zu fassen.« Sie runzelte die Stirn. »Meg ist eindeutig hübscher als die. Viel hübscher.«
    »Klar«, stimmte ihr Donny zu.
    »Die Welt ist verrückt«, meinte Ruth. »Ich versteh nicht, wie so was sein kann.«
    Sie schnitt sich ein Stück Käse ab und legte es auf einen Cracker.
     

26
    »Frag deine Mom, ob du heute Nacht bei uns schlafen kannst«, sagte Donny. »Ich muss dringend mit dir über was reden.«
    Wir standen auf der Brücke in der Maple Street und ließen Steine über das Wasser hüpfen. Der Bach floss klar und träge.
    »Können wir denn nicht jetzt reden?«
    »Schon.«
    Aber er verriet mir nicht, was ihn beschäftigte.
    Ich weiß nicht, warum ich mich dagegen sträubte, drüben zu übernachten. Vielleicht weil ich befürchtete, dann irgendwie tiefer in die Sache hineingezogen zu werden. Vielleicht war es auch nur, weil ich genau wusste, wie Mom darüber dachte: Bei den Chandlers wohnten jetzt zwei Mädchen, und sie fand es bestimmt nicht

Weitere Kostenlose Bücher