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Evil

Evil

Titel: Evil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Ketchum
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hätte ich dir gar nichts gesagt.«
    »Ach, ich bin jetzt ein Spastiker?«
    »Ja.« Jetzt war er sauer. Er schob sich die letzte klebrige Ecke seines Sandwichs in den Mund. Dann stand er auf.
    »Pass mal auf, du Trottel. Was meinst du, was eigentlich zur Zeit im Bunker los ist? Gerade in diesem Moment?«
    Ich sah ihn nur an. Woher sollte ich das wissen? Und wen interessierte das?
    Dann dämmerte mir etwas. Meg war da unten.
    »Nein«, sagte ich.
    »Doch.« Er ging zum Kühlschrank, um sich ein Cola zu holen.
    »Quatsch.«
    Er lachte. »Kannst du vielleicht mal mit deinem ewigen ›Quatsch‹ aufhören? Schau selber nach, wenn du mir nicht glaubst. Mann, ich bin nur raufgekommen, weil ich was essen wollte.«
    Ich rannte hinunter. Hinter mir hörte ich ihn lachen.
    Draußen wurde es schon dunkel, und die Kellerbeleuchtung war an, nackte Glühbirnen über der Waschmaschine, unter der Treppe und über der Schmutzwasserpumpe in der Ecke.
    Willie stand hinter Ruth an der Tür zum Bunker.
    Beide hatten Taschenlampen in der Hand.
    Ruth machte ihre an und winkte in meine Richtung wie ein Cop an einer Straßensperre.
    »Da ist Davy«, verkündete sie.
    Willie schaute mich flüchtig an. Na und, mir doch egal
    Mein Mund stand offen. Er fühlte sich trocken an. Ich leckte mir über die Lippen. Nachdem ich Ruth kurz zugenickt hatte, schaute ich um die Ecke durch die Tür.
    Am Anfang war es schwer zu begreifen, wahrscheinlich weil es mir so aus dem Zusammenhang gerissen vorkam und weil es Meg war, doch auf jeden Fall, weil Ruth dabei war. Es war wie in einem Traum oder in einem Spiel an Halloween, wenn alle Kostüme tragen und niemand ganz als er selbst erkennbar ist, auch wenn man genau weiß, wer hinter der Maske steckt. Dann kam Donny die Treppe herunter und klatschte mir mit der Hand auf die Schulter. Er bot mir sein Cola an.
    »Siehst du? Ich hab's dir ja gesagt.«
    Ich sah es.
    Sie hatten Nägel in die Balken geschlagen, die Willie senior über die Decke gezogen hatte – zwei Nägel ungefähr einen Meter auseinander.
    Sie hatten zwei Stücke Wäscheleine abgeschnitten, Meg damit an den Handgelenken gefesselt, aber die Leinen nicht an den Nägeln festgebunden, sondern jeweils darum geschlungen und sie dann nach unten zu den Beinen des schweren Arbeitstischs geführt, um sie dort festzumachen. Auf diese Weise brauchten sie, wenn sie etwas verstellen wollten, die Leinen nur lösen, straffer um die Schlinge ziehen und wieder festbinden.
    Meg stand auf einem kleinen Stapel Bücher – drei dicke Bände der World Book Encyclopedia.
    Sie war geknebelt und hatte eine Binde um die Augen.
    Ihre Füße waren nackt. Ihre Shorts und ihre kurzärmelige Bluse waren schmutzig. Sie stand so gestreckt, dass man dazwischen ihren Nabel sah.
    Er ging nach innen.
    Woofer lief vor ihr auf und ab und ließ den Strahl seiner Taschenlampe über ihren Körper gleiten.
    Unter der Augenbinde auf der linken Wange war ein blauer Fleck. Susan saß auf einem Karton Gemüsedosen und schaute zu. Ein blaues Band lugte durch ihr Haar.
    »Wir sind alle da«, stellte Ruth fest.
    Ein trüber, gelblicher Schein fiel durch die Tür, doch das meiste Licht kam von Woofers Strahl, der ziellos seinen fahrigen Bewegungen folgte und den Dingen etwas seltsam Fließendes und Gespenstisches verlieh. Der Maschendraht über dem einzigen Fenster weit oben schien sich vor und zurück zu dehnen. Die zwei zehn mal zehn starken Holzpfosten, die die Decke stützten, glitten in merkwürdigem Winkel durch den Raum. Die Axt, die Hacke, das Brecheisen und die Schaufel in der Ecke gegenüber von Megs Bett wuchsen und schrumpften und veränderten flackernd ihre Form.
    Der herabgestürzte Feuerlöscher kroch über den Boden.
    Doch es war Megs Schatten, der den Raum beherrschte – der Kopf nach hinten, die Arme weit auseinander, schwankend. Es war ein Bild wie aus einem Horrorcomic, aus Die schwarze Katze mit Bela Lugosi und Boris Karloff, aus Famous Monsters of Filmland, aus jedem billigen Schundroman über die Inquisition, der je geschrieben worden war. Und die meisten davon hatten wir wahrscheinlich gesammelt.
    Man brauchte nicht viel Phantasie, um sich Kerzenlicht, seltsame Werkzeuge und Gestalten und glühende Kohlenbecken dazu vorzustellen.
    Ich zitterte. Aber nicht wegen der Kälte, sondern wegen der Möglichkeiten.
    »Das Spiel ist, dass sie es sagen muss«, erklärte Woofer.
    »Okay. Und was muss sie sagen?«, fragte Ruth.
    »Irgendwas. Was Geheimes.«
    Ruth nickte lächelnd.

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