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Evil

Evil

Titel: Evil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Ketchum
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Hoffnungslosigkeit, Demütigung und hilflose Wut.
    Fast als hätte Meg durch ihr eigenes Versagen auch uns im Stich gelassen.
    Also trugen wir diese Wut nach außen. Wir richteten sie gegen Meg.
    Auch ich. In diesen wenigen Tagen legte ich im Kopf langsam einen Schalter um. Ich machte mir keine Sorgen mehr. Ich löste mich vollkommen von ihr.
    Scheiß drauf, dachte ich. Mir doch egal, wo das alles hinführt.
     

24
    Es führte in den Keller.
     

 
     
     
     
     
     
     
     
     

TEIL VIER
     

25
    Als ich schließlich nach einiger Zeit wieder hinüberging und an die Tür klopfte, bekam ich keine Antwort. Ich stand auf der Veranda und hörte zwei Geräusche. Das eine war Susan, die in ihrem Zimmer so laut weinte, dass man es durch die Fliegentür hörte. Das andere kam von unten. Ein Gerangel. Möbel, die scharrend über den Boden geschoben wurden. Gedämpfte Stimmen. Ächzen, Stöhnen. Scharfer Geruch nach Angst und Gefahr lag in der Luft.
    Die Kacke war am Dampfen, wie es so schön heißt.
    Noch heute staune ich, wie heiß ich darauf war, nach unten zu laufen.
    Ich nahm immer zwei Stufen auf einmal und bog um die Ecke. Ich wusste genau, wo sie waren.
     
    In der Tür zum Bunker stand Ruth und schaute zu. Lächelnd trat sie zur Seite, um mich vorbeizulassen.
    »Sie wollte weglaufen«, erklärte sie, »aber Willie hat sie aufgehalten.«
    Und sie hielten sie tatsächlich auf, alle zusammen, Willie, Woofer und Donny. Wie einen Boxsack hatten sie sie gegen die Betonwand gedrängt und droschen ihr nacheinander in den Magen. Sie hatte es schon längst aufgegeben, sich mit Worten zur Wehr zu setzen. Man hörte nur das zischende Atmen, als Donny sie traf und ihr die schützend verschränkten Arme in den Bauch rammte. Megs Mund war grimmig verkniffen. In ihren Augen lag harte Konzentration.
    Einen Moment lang war sie wieder eine Heldin. Eine Heldin im Kampf gegen eine Übermacht.
    Aber nur einen Moment. Denn plötzlich war mir wieder klar, dass sie nur einstecken konnte, dass sie machtlos war. Sie konnte nur verlieren.
    Ich weiß noch, dass ich dachte: Zum Glück bin ich es nicht.
    Wenn ich wollte, konnte ich sogar mitmachen.
    Und bei diesem Gedanken hatte ich ein Bewusstsein von Macht.
     
    Später habe ich mich oft gefragt, wann es passiert ist. Wann wurde ich – ich weiß kein besseres Wort dafür – verführt? Und immer wieder fällt mir dieser Augenblick ein, dieser Gedanke.
    Dieses Machtgefühl.
    Es fiel mir nicht ein, dass mir diese Macht nur von Ruth verliehen worden war und vielleicht auch nur vorübergehend. Damals war sie ganz real. Als ich sie so sah, erschien mir der Abstand zwischen Meg und mir auf einmal riesig, unüberbrückbar. Nicht dass ich keine Sympathie mehr für sie empfunden hätte. Doch zum ersten Mal nahm ich sie als etwas grundlegend von mir Getrenntes wahr. Sie war verletzlich. Ich nicht. Ich war in einer viel besseren Position als sie. Sie dagegen war so tief gesunken, wie es nur ging. War es vielleicht unvermeidlich, dass es so gekommen war? Ich erinnerte mich, dass sie mich gefragt hatte: Warum hassen sie mich? Damals hatte ich es nicht geglaubt und ihr keine Antwort geben können. War mir da etwas entgangen? Trug sie vielleicht einen Makel in sich, dem sie das hier zu verdanken hatte? Zum ersten Mal hatte ich das Gefühl, dass Megs Loslösung von uns gerechtfertigt sein könnte.
    Ich wollte, dass sie gerechtfertigt war.
    Das gestehe ich heute mit tiefer Scham.
    Denn heute glaube ich zu wissen, dass sehr viel davon rein persönlich war und schlicht zu meinem Weltbild gehörte. Früher wollte ich mir immer einreden, dass der Krieg zwischen meinen Eltern daran schuld war, die kalte, leere Ruhe, die ich im Zentrum ihres ständigen Hurrikans entwickelte. Aber das kann mich nicht mehr überzeugen. Und es hat mich wohl auch nie ganz überzeugt. Meine Eltern haben mich geliebt, mehr als ich es verdiente, auch wenn sie nichts mehr füreinander empfanden. Das wusste ich auch. Und für fast alle Menschen hätte das gereicht, um jede Lust auf solche Grausamkeiten im Keim zu ersticken.
    Nein, die Wahrheit ist: Es lag an mir. Die ganze Zeit hatte ich darauf gewartet, dass so etwas passieren würde. Es war, als wäre ich an diesem strahlend schönen Tag von einer elementaren Kraft gepackt und durchdrungen worden, die mich befreite und sich in mich verwandelte, ein wilder schwarzer Wind aus den Abgründen meiner Seele.
    Und ich frage mich: Wen hasste ich? Wen oder was fürchtete ich?
    Dort unten im

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