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Evil

Evil

Titel: Evil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Ketchum
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Bestimmten zu meinen, dann drehte sie sich um und durchquerte den Raum, langsam und vorsichtig, als würde sie durch Scherben gehen. An der Tür blieb sie kurz stehen, um sich abzustützen. Dann war sie verschwunden.
    Jetzt waren nur noch wir Kinder da.
     
    Willie bewegte sich als Erster. »Ich hole Decken.«
    Er hielt sich die Hand vor sein verletztes Auge. Die Hälfte seiner Haare war verbrannt.
    Doch niemand war mehr wütend.
    Vor dem Tisch schwelte noch das Feuer, und dünne Rauchfäden stiegen auf.
    »Deine Mutter hat angerufen«, murmelte Donny.
    Er starrte hinab auf Meg.
    »Häh?«
    »Deine Mutter. Sie hat angerufen. Wollte wissen, wo du bist. Ich bin rangegangen. Ruth hat mit ihr geredet.«
    Ich musste nicht lang fragen, was sie ihr erzählt hatte. Sie hatten mich nicht gesehen.
    »Wo ist Woofer?«
    »Er hat bei Eddie gegessen.«
    Ich hob die Armschiene auf und trug sie hinüber zu Susan. Aber das bekam sie wahrscheinlich gar nicht mit. Ihr Blick hing an Meg.
    Willie kam mit den Decken zurück. Er schaute uns nacheinander kurz an und warf die Decken auf den Boden, dann machte er kehrt und ging wieder hinaus.
    Wir hörten ihn die Treppe hinaufstapfen.
    »Was willst du jetzt machen, Donny?«
    »Ich weiß nicht.«
    Seine Stimme klang dumpf, zerstreut, wie betäubt – als hätte er den Tritt gegen den Kopf einstecken müssen und nicht ich.
    »Sie könnte sterben. Sie wird sterben. Wenn du nichts machst. Niemand außer dir wird was machen. Das weißt du genau. Ruth nicht und Willie auch nicht.«
    »Ich weiß.«
    »Also mach was.«
    »Was denn?«
    »Irgendwas. Sag es jemand. Der Polizei.«
    »Ich weiß nicht.«
    Er nahm eine Decke vom Boden und breitete sie über Meg aus, wie Ruth es ihm befohlen hatte. Er deckte sie sehr sanft zu.
    »Ich weiß nicht.« Er schüttelte den Kopf.
    Dann wandte er sich ab. »Ich muss gehen.«
    »Lass uns die Arbeitslampe da, okay? Wenigstens das, damit wir uns um sie kümmern können.«
    Er dachte kurz nach.
    »Ja, klar.«
    »Und vielleicht noch etwas Wasser? Einen Lappen und Wasser?«
    »Okay.«
    Er ging hinaus in den Keller, und ich hörte den Wasserhahn. Dann kam er mit einem Eimer Wasser und mehreren Staublappen zurück und stellte sie auf den Boden. Die Arbeitslampe hängte er an den Haken in der Decke. Er schaute uns nicht an. Kein einziges Mal.
    Er trat zur Tür.
    »Bis dann.«
    »Ja, bis dann.«
    Und er schob den Riegel vor.
     

45
    Die lange, kalte Nacht zog sich endlos hin.
    Wir bekamen keinen Besuch mehr von oben.
    Im Haus war es still. Aus dem Zimmer der Jungs hörten wir leise das Radio, »All I Have To Do Is Dream« von den Everly Brothers und »Hard Headed Woman« von Elvis. Jedes Lied schien wie ein Hohn.
    Inzwischen war meine Mutter bestimmt schon außer sich vor Sorge. Ich konnte mir vorstellen, wie sie in jedem einzelnen Haus an der Straße anrief, um zu erfahren, ob ich da war, ob ich draußen im Garten schlief oder einfach irgendwo übernachtete, ohne es ihr gesagt zu haben. Dann würde mein Vater die Polizei anrufen. Jeden Augenblick rechnete ich mit dem offiziell klingenden Klopfen an der Tür. Es wollte mir einfach nicht in den Kopf, dass sie immer noch nicht aufgetaucht waren.
    Hoffnung wurde zu Enttäuschung, Enttäuschung zu Wut und Wut zu dumpfer Resignation. Dann begann der Kreislauf wieder von vorn. Ich konnte nichts anderes tun als warten und Meg mit einem feuchten Lappen über das Gesicht und die Stirn wischen.
    Sie hatte Fieber. Ihr Hinterkopf war klebrig von verkrustetem Blut.
    Wir dösten immer nur kurz und schraken dann wieder hoch.
    Ständig schwirrten mir irgendwelche Melodien und Slogans aus der Werbung durch den Kopf. Ajax, der weiße Wirbelwind. Dadadum dadadum. Macht wirklich sauber, wirklich rein. Sie können wirklich sicher sein … wirklich sicher sein … wirklich sicher sein … Ich konnte nichts festhalten. Aber ich konnte auch nichts loslassen.
    Manchmal fing Susan an zu weinen.
    Manchmal bewegte sich Meg und stöhnte.
    Ich war glücklich, wenn sie stöhnte. Das hieß, dass sie noch lebte.
     
    Zweimal wachte sie auf.
     
    Beim ersten Mal wischte ich ihr mit dem Tuch übers Gesicht und wollte gerade damit aufhören, als sie die Augen aufschlug. Fast hätte ich es fallen lassen, so überrascht war ich. Dann versteckte ich es schnell hinter mir, weil es rosa vom Blut war. Ich wollte nicht, dass sie das sah. Irgendwie verstörte mich diese Vorstellung.
    »David.«
    »Ja.«
    Sie schien mich gehört zu haben. Ich schaute ihr in die Augen

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