Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Evolution der Leere: Roman

Evolution der Leere: Roman

Titel: Evolution der Leere: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
Vom Netzwerk:
»Komm rein.« Mit seiner dritten Hand zog er sich seinen Morgenrock heran, als Argain hereinstiefelte. Jetzt, da Edeard den Schlaf abschüttelte, merkte er, wie tief die Ströme der Angst durch das Bewusstsein des Mannes flossen. Bittere Reue brannte so scharf wie Galle. »Was gibt's?«, fragte Edeard beklommen.
    »Wir haben sie erwischt«, sagte Argain, doch in seiner Stimme lag nicht die kleinste Spur von Stolz. An diesem Morgen hatten er und Marcol aufgeregt von den neuen Hinweisen, die sie erhalten hatten, erzählt, davon, dass in der kommenden Nacht ein Überfall auf eine Schiffswerft im Hafendistrikt geplant war, bei der zwei halb fertiggestellte Handelsschoner abgefackelt werden sollten.
    »Und?«, fragte Edeard nach.
    »Sie haben sich gewehrt.« Jetzt glitzerten Tränen in Argains Augen. »Es tut mir so leid, Edeard. Ihre Verstohlenheitstarnung war perfekt, wir haben nicht mal gewusst, dass sie da war.«
    Edeard wurde still, das heiße Blut, das durch seinen Körper pochte, schien plötzlich zu gefrieren, als er das Bild empfing, das sich in Argains Gedanken formte. »Nein«, stieß er hervor.
    »Wir haben es nicht gewusst, ich schwör's bei der Herrin. Sobald wir sie mit unserer Fernsicht erkannt hatten, hat Marcol sie aus den Flammen gezerrt.«
    »Wo ist sie?«
    »Im Hospital auf der Half Bracelet Lane in Neph. Das war das nächstliegende.«
    Edeard schleuderte seine Fernblicke in den Distrikt, stieß durch die dicken Mauern des Hospitals. Wie immer offenbarte der Sinn nur vage, leuchtende Schatten, doch er konnte den Körper wahrnehmen, der auf einer Pritsche in der ebenerdigen Station lag. Er hätte die Signatur überall erkannt. Sie loderte vor Schmerz.
    »Oh gütige Herrin«, stöhnte er entsetzt.
    Die Reisetunnel brachten ihn binnen Minuten nach Neph. Als er unter Abad voranjagte, spürte er, dass vor ihm noch jemand flog. Zwei Mädchen, die einander an den Händen hielten, während sie Kopf voran dahinrasten. Voll Angst, voller Sorge, und mit langen schwarzen, im Flugwind flatternden Röcken.
    »Marilee? Analee?«, rief er. Edeard hatte keine Ahnung gehabt, dass sie von den Reisetunneln wussten. Ihre Gedanken verschwanden hinter einem erstaunlich starken Schild. Die Zurückweisung war so erschütternd wie absolut.
    Nur wenige Sekunden nach den Zwillingen glitt er durch den Boden des Hospitals. Die beiden jungen Frauen rannten bereits auf die Station zu, flüchtig wie Schatten in dem dunklen Gang. Ihre Absätze klapperten auf den Fliesen. Er folgte ihnen, jeder seiner Schritte langsamer als der letzte. Die Fernblicke seiner gesamten Familie liefen in dem Krankenhaus zusammen, ihre Präsenz lauernd wie unheilvolle Seelen.
    Jiska lag auf einer Liege, aus ihrer Kehle drang ein schrecklich gurgelndes Wimmern. Der Schmerzpegel, der den langen Saal füllte, war so hoch, dass Edeards Beine zitterten. Er weinte, als er zu ihr trat. Drei Ärzte waren über seine Tochter gebeugt und versuchten, die verbrannten Kleider von ihrer geplatzten Haut zu lösen. Tinkturen und Salben wurden auf das geschwärzte, steife Fleisch aufgetragen, konnten jedoch nur wenig ausrichten gegen den brüllenden Schmerz.
    Er machte einen weiteren Schritt nach vorn. Sofort rückten Marilee und Analee zusammen, wie um eine Barriere zwischen ihm und dem Bett zu bilden, ihre Gedanken grimmig und fest. Sie trugen Roben, die seinem unverkennbaren schwarzen Umhang ähnelten, die Kapuzen über den Kopf gezogen, sodass sie ihre Gesichter beschatteten. Eherne Wächter ihrer tödlich verletzten Schwester, entschlossen, jede letzte Entweihung ihrer Unantastbarkeit zu verhüten.
    »Sie hat genug erlitten, Vater.«
    »Sie braucht dich nicht hier, um alles nur noch schlimmer zu machen.«
    »Jiska«, flehte er. »Warum?«
    »Mach das nicht, Vater.«
    »Nicht hier.«
    »Nicht jetzt.«
    »Versuch nicht, uns deine Ahnungslosigkeit als Unschuld zu verkaufen.«
    »Du bist nicht ahnungslos. Auch nicht unschuldig.«
    »Du bist abgrundtief schlecht.«
    »Ein Monster.«
    »Wir werden alles tun, was in unserer Macht steht, um dein Imperium zu zerstören.«
    »Und dich.«
    Die zwei schwarzgekleideten Gestalten flimmerten vor seinen Augen, und er sah die Zwillinge auf dem tropischen Strand, wie es sich vor so vielen Jahren niemals zugetragen hatte, beide in langen, regenbogenfarbenen Baumwollkleidern, barfuß auf dem heißen Sand, sich schmachtend an Marvane klammernd, freudestrahlend und glücklich, während Natran die Trauung vollzog.
    »Ich tu das alles für

Weitere Kostenlose Bücher