Evolution der Leere: Roman
die naheliegende Wahl.«
»Der Herrin sei Dank, dass du sie nicht in voller Größe errichtet hast.«
»Ich hab' den Tempel gesehen, mit dem du sie ersetzt hast«, sagte Corrie-Lyn trocken. »Der war auch nicht viel besser.«
Inigo erwiderte ihr Grinsen. »Das nennt man wahre Dankbarkeit.«
Edeard spürte die Unruhe, die in Justines Gedanken wuchs. Er schaute zu ihr hinüber und sah sie neben Gore stehen, dessen goldenes Gesicht sich vor Sorge verhärtet hatte.
»Was ist?«
»Ein paar Dinge entziehen sich unserer Kontrolle«, sagte Justine. »Ich denke, du solltest den Skylord jetzt fragen.«
Das Geschöpf, dem sie folgten, war immer noch eine halbe Million Kilometer entfernt, ein schimmernder Fleck auf der anderen Seite von Nikran. Mit gemischten Gefühlen spähte Edeard zu ihm hinauf. Wenn der Skylord erklärte, dass er nicht erfüllt war, würde Inigo in die Erinnerungsschicht hinabtauchen und eine Version von ihm hervorholen müssen, die es war. Es gab im Augenblick nur wenige Gewissheiten für ihn, aber dass er keine große Lust verspürte, seinem zukünftigen Ich zu begegnen, das wusste er genau.
»Ich werd's versuchen.«
Er tastete nach dem Skylord, fand ihn am Rande der Wahrnehmung. Normalerweise waren ihre Gedanken zufrieden und gelassen. Dass einer von ihnen eine solche Verstörtheit in sich barg, hatte er noch niemals erlebt. Er trauerte um seinen Verwandten, der Ilanthe zum Opfer gefallen war; und das riesige Kriegsschiff, das hinter ihm herraste, war nicht weniger verwirrend - es gab uralte Erinnerungen der Ahnen an dergleichen Dinge: an die Zeit des Chaos.
»Du hast von denen, die mit mir reisen, nichts zu befürchten, auch nicht von dem Schiff«, versicherte Edeard dem Skylord. »Sie sind meine Gefährten bei meinem Streben nach Erfüllung.«
»Ich erkenne die Stadt jetzt«, erwiderte der Skylord. »Ihresgleichen hat Zerstörung und Verderben über dieses Universum gebracht. Wir haben keine Seelen mehr gefunden, seit sie die bevölkerten Planeten in die Sterne geschleudert haben, die sie umkreisten. Niemand außer denen deiner eigenen Art ist je wieder erschienen.«
»Diese Zeit ist nun vorbei. Du weißt, dass bereits mehr meiner Spezies hier sind. Es kommen wieder Bewusstseine zu euch.«
»So wie das andere, das tötet.«
»Wegen ihm wünsche ich zum Herzen zu gelangen. Ich will ihm die Warnung überbringen. Ich glaube, ich bin erfüllt, ich glaube, das Herz wird mich empfangen. Trifft das zu?«
Der Skylord nahm sich viel Zeit für seine Antwort. »Du bist erfüllt«, stimmte er schließlich zu. »Ich werde deine Essenz zum Herzen geleiten.«
»Geleite mich so zum Herzen, wie ich bin. Dieses Schiff wird mich tragen. Wir werden dir folgen.«
»Die Meinen geleiten die Essenz jeden Geistes.«
»Geleite mich zum Herzen. Das Herz soll entscheiden, ob es mich so annimmt, wie ich bin, oder ob ich meinen Körper verlasse und purer Geist werde.«
»Ich werde dich geleiten.«
»Ich danke dir.«
Jenseits der Kristallkuppel ziselierten die Sterne nun kurze Lichtbögen in den Raum, als Makkathran wendete, um dem Skylord zu folgen. Dann beschleunigten sie wieder. Edeard erlebte einen langen Moment des Schwindels. Als er den Blick wieder nach oben richtete, konnte er direkt über dem höchsten Punkt der Kuppel eine kleine Gruppe von Sternen sehen. Sie waren alle hell blau-weiß geworden. Der Rest des Universums um sie herum war schwarz.
»Das ist nicht schnell genug«, sagte Gore. »Ilanthe hat eine Woche Leerenzeit Vorsprung. Der Himmel weiß, wie nah sie schon ist.«
»Soweit wir wissen, ist das die höchste Geschwindigkeit, mit der ein Skylord reisen kann«, erwiderte Justine.
»Ja, aber die baumeln ja auch nicht gerade am höchsten Ast des IQ-Baums, oder? Frag Makkathran, es hatte Millionen von Jahren Zeit, um aus dem schlau zu werden, was in der Leere als Raumzeit durchgeht.«
Justine sah Edeard auffordernd an.
»Ich werd' fragen«, sagte er.
»Schneller?«, fragte Makkathran. Seine Gedanken verrieten Neugier. »Wir wurden für jeden denkbaren Quantenzustand konstruiert, mit Ausnahme natürlich von diesem. In der Leere hat der Geist Priorität, was dabei hilft, so viele schwache Mentalitäten zu verleiten. Vor langer Zeit habe ich die grundlegenden Verbindungen zwischen Rationalität und dem multidimensionalen Gitter beobachtet, welches die Funktionalität dieses Universums verankert. Geschwindigkeit ist ein Teilaspekt des Zeitflusses, der wiederum von Gedanken determiniert wird. Die
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