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Evolution

Evolution

Titel: Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
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einmal war, möchte das
erhalten, was am Imperium am besten war – Stabilität,
Frieden, Bildung, ein gerechtes Rechtssystem. Aber die Jungen wissen
nichts mehr von alledem. Wie ihre Vorfahren, die ein einfaches Leben
in den nördlichen Ebenen führten, hassen sie das, was sie
vom Imperium wissen: Macht über das Land, die Menschen und den
Reichtum, von dem sie ausgeschlossen waren.«
    »Und deshalb wollen sie die bestrafen, die noch übrig
sind«, sagte Athalarich.
    »Wieso sie sich so verhalten, spielt kaum eine Rolle«,
sagte Galla. »Die Frage ist nur, was getan werden muss, um ihnen
Einhalt zu gebieten.«
    »Ich habe Milizen aufgestellt. Doch wenn die Unruhen an einem
Ort niedergeschlagen werden, brechen sie an einem andern wieder aus.
Was wir brauchen, ist eine langfristige Lösung. Wir müssen
das Gleichgewicht wiederherstellen.« Theoderich lächelte.
»Es ist eine Paradoxie, dass ich es als notwendig erachte,
unsere Römer wieder zu stärken.«
    Athalarich schnaubte. »Und wie? Indem man ihnen eine Legion
gibt? Oder indem man Augustus von den Toten wiederauferstehen
lässt?«
    »Viel einfacher«, sagte Galla unbeeindruckt von seinem
Sarkasmus. »Wir brauchen einen Bischof.«
    Nun begriff Athalarich.
    »Bedenkt, es war Papst Leo, der Attila dazu bewog, vor den
Toren Roms umzukehren«, sagte Galla.
    »Deshalb bin ich also hier. Ihr wollt Honorius zum Bischof
machen. Und ich soll ihn dazu überreden, dieses Amt zu
übernehmen.«
    Theoderich nickte erfreut. »Galla, ich sagte Euch doch, dass
der Junge ein kluger Kopf ist.«
    Athalarich schüttelte den Kopf. »Er wird nicht wollen.
Honorius ist nicht… weltlich. Er ist nur an seinen alten Knochen
interessiert, nicht an Macht.«
    »Aber wir haben zu wenige Kandidaten, Athalarich«, sagte
Theoderich. »Verzeiht mir, meine Dame, aber zu viele der
römischen Adligen haben sich als Narren erwiesen – als
arrogant, habgierig, anmaßend…«
    »Das gilt auch für meinen Mann«, sagte Galla
ungerührt. »Die Wahrheit auszusprechen ist keine
Beleidigung, mein Herr.«
    »Honorius ist der einzige, dem man wirklich Respekt
entgegenbringt«, sagte Theoderich. »Vielleicht gerade wegen der fehlenden Weltlichkeit.« Er musterte
Athalarich. »Wenn das nicht so wäre, hätte ich dich
nie in seine Obhut zu geben vermocht.«
    Galla beugte sich vor. »Ich verstehe Eure Bedenken,
Athalarich. Aber werdet Ihr es dennoch versuchen?«
    Athalarich zuckte die Achseln. »Ich will es versuchen,
aber…«
    Galla stieß die Hand vor und packte ihn am Arm.
»Solange er lebt, ist Honorius der einzige Anwärter
für das Amt; kein anderer vermag es auszufüllen. Solange
er lebt. Ich vertraue darauf, dass Ihr alles versucht, um ihn zu
überzeugen, Athalarich.«
    Plötzlich sah Athalarich Kraft in ihr: die Macht eines alten
Imperiums, die Stärke einer zornigen, bedrängten Mutter. Er
riss sich von ihr los, verwirrt durch ihr plötzliches
energisches Auftreten.
     
    Honorius bereitete sich auf die letzte Etappe der epischen Reise
vor, die mit der Begegnung mit dem Skythen am Rand der östlichen
Wüste ihren Anfang genommen hatte.
    Eine Reisegesellschaft formierte sich. Der Kern bestand aus
Honorius, Athalarich, Papak und dem Skythen – die alte
Besetzung. Doch wurden sie nun von Theoderichs Milizen eskortiert,
denn außerhalb der Städte war das Land alles andere als
sicher, einer Handvoll neugieriger junger Goten und sogar von ein
paar Mitgliedern der alten römischen Familien.
    Sie traten die Reise westwärts an.
    Es fügte sich, dass sie auf den Spuren von Roods
Jagdgesellschaft gingen, die vor dreißigtausend Jahren hier
durchgekommen war. Das Eis indes hatte sich längst in den hohen
Norden zurückgezogen – schon vor so langer Zeit, dass die
Menschen vergessen hatten, dass es überhaupt bis hierher
gekommen war. Rood hätte dieses reiche Land mit dem
gemäßigten Klima nicht mehr wieder erkannt. Und er
hätte auch über die Anzahl der Menschen gestaunt, die nun
hier lebten – wie auch Athalarich gestaunt hätte, wenn er
Roods Mammutherden ansichtig geworden wäre, die durch ein
menschenleeres Land zogen.
    Schließlich war das Land zu Ende. Sie gelangten zu einer
Kalksteinklippe. Das vom Zahn der Zeit angenagte Kliff schaute auf
den wogenden Atlantik hinaus. Über das karge Plateau oberhalb
der Klippe fegte der Wind; dort wuchs nichts außer ein paar
Gräsern, die von Kaninchendung durchsetzt waren.
    Während die Träger die Ausrüstung der
Reisegesellschaft aus den Wagen luden, ging der

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