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Evolution

Evolution

Titel: Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
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leicht, sie in der dunstigen
Luft und im strömenden Regen auszumachen, so zerrupft und
durchnässt wie sie waren. Aber sie erkannte Weißblut, das
kräftige Männchen, das sie entführt hatte, zwei
weitere Männchen und ein Weibchen mit einem Jungen, das sich
irgendwie an ihrem Rücken festhielt – ein kleines,
klitschnasses Fellbündel.
    Obwohl sie noch genauso zerschlagen und halb ertrunken war wie
zuvor, fühlte Streuner sich plötzlich besser. Wäre sie
ganz allein gewesen, hätte sie sehr darunter gelitten; die
Anwesenheit der anderen war tröstlich für sie. Dennoch
gehörten diese anderen nicht zu ihrer Familie, nicht zu ihrer
Sippe.
    Es trieb noch mehr Vegetation im Wasser. Sie sammelte sich in der
Mitte, wo der Fluss am tiefsten war. Da waren Bäume und
Büsche, die zum Teil schon am Oberlauf des Kongo mitgerissen
worden waren, tausende Kilometer entfernt in einem ganz anderen Land
in der Mitte des Kontinents. Es waren auch Tiere dabei. Ein paar
klammerten sich an die Äste wie die Anthros. Sie sah die
zappelnden Leiber eines Pärchens der Rostroten und sogar einen
Dickbauch, der auf einem Walnuss-Baum hockte. Der Dickbauch, ein
Weibchen, hatte es sich gemütlich gemacht und ließ sich
auch durch den Regen nicht die Laune verderben. Sie war schon wieder
in ihre Gewohnheit verfallen, ständig Laub zu mampfen und
brauchte nur noch zuzugreifen.
    Aber nicht alle Tiere hatten die Reise in dieser Arche des
Schreckens lebend überstanden. Eine ganze Familie dicker,
schweineartiger Anthracotheria war ertrunken und steckte wie
fleischige Früchte zwischen den Ästen einer zerbrochenen
Palme. Und da war auch das Indricotherium, das vor der Entwurzelung
des Mangos in den Fluss gestürzt war. Der Kadaver trieb mit
wackelndem Hals und gespreizten Beinen im Wasser – auf ein
Stück Treibgut reduziert wie die anderen.
    Als der Fluss sich verbreiterte, wurde dieses Treibgut von den
turbulenten Strömungen zu einer Art Floß aus Baumkronen
und Wurzeln zusammen geschoben. Die Tiere starrten sich und den Fluss
an, während ihr schwimmender Untersatz immer weiter trieb.
    Streuner sah den dichten grünen Wald, der das flache
Flussufer aus erodiertem Sandstein säumte. Die Bäume waren
Mangobäume, Palmen und eine Art Bananenstauden. Äste hingen
tief übers Wasser, und Lianen und Ranken schlängelten sich
über die überwucherten Terrassen. Sie hielt Ausschau nach
einem Ast, an dem sie sich emporzuschwingen und von hier zu entkommen
vermochte. Aber sie war durch den reißenden Fluss vom Wald
getrennt, und je länger das Pflanzen-Floß
flussabwärts trieb, desto weiter traten diese verlockenden Ufer
auseinander, und der vertraute Wald wich schließlich den
Mangroven, die die Küstenregion dominierten.
    Und der Regen wollte einfach nicht nachlassen. Er wurde sogar noch
stärker. Schwere Tropfen fielen vom bleiernen Himmel und
schlugen im Wasser Krater, die im Moment ihrer Entstehung auch schon
wieder verschwanden. Ein weißes Rauschen dröhnte ihr in
den Ohren, sodass sie das Gefühl hatte, in einer riesigen Blase
aus Wasser eingeschlossen zu sein – Wasser unter sich und um
sich herum – und nur diesen entwurzelten Mangobaum hatte, an dem
sie sich festzuhalten vermochte. Stöhnend und ausgekühlt
verschwand Streuner zwischen den Ästen des Mangobaums und
kauerte sich dort einsam und allein zusammen. Sie wartete darauf,
dass dieser Albtraum endlich verschwand und sie wieder in die ihr
vertraute Welt mit Bäumen, Früchten und Anthros
zurückversetzt wurde.
    Das sollte jedoch nie geschehen.
    Das Unwetter, so heftig es gewesen war, flaute rasch ab. Streuner
sah fingerdünne Lichtstangen in den Blätter-Verhau dringen.
Das Prasseln des Regens war verstummt und dem unheimlichen leisen
Plätschern des Flusses gewichen.
    Sie kroch zwischen den Ästen hervor und kletterte auf die
Oberseite des Baums. Die Sonne war stark, als ob die Luft gereinigt
worden wäre, und sie spürte, wie die Wärme tief ins
Fell eindrang und es schnell trocknete. Für einen Moment genoss
sie die Wärme und Trockenheit.
    Jedoch gab es hier keinen Wald mehr: nur diesen Baum und seine
entwurzelten Begleiter, die auf der graubraunen Wasseroberfläche
trieben. Die Flussufer waren auch nicht mehr zu sehen. Ihr Blick ging
bis zu einem messerscharfen Horizont – und sonst war der Baum
nur von Wasser umgeben. Als sie den Weg zurückverfolgte, den das
Floß genommen hatte, machte sie Land aus: eine grün-braune
Linie, die den östlichen Horizont säumte.
    Eine

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