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Ewig sollst du bueßen

Ewig sollst du bueßen

Titel: Ewig sollst du bueßen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allison Leotta
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waren wie so oft scherzhaft gemeint, doch er klang
anders als sonst. Anstatt zu scherzen, hörte er sich ernsthaft an.
    Sie öffnete ihre Augen. Nick betrachtete sie mit unglaublicher
Zärtlichkeit. Sein Ausdruck brachte sie völlig durcheinander. Sie hielt ihn für
einen der »schlimmen Jungs«, die sie eigentlich meiden sollte, ein charmanter Spieler,
der sie, wenn es gut lief, so lange benützen würde, bis er kein Vergnügen mehr
an ihr fand. Mit Nick kam sie sich wie ein molliges Kind vor, das Eiscreme aß.
Sie wusste genau, dass er ihr nicht guttat … aber er war so köstlich. Sie
hatte sich als Argumentation zurechtgelegt, dass ihr gegenwärtiges Glück all
den zukünftigen Schmerz wert sei. Doch nun – als er sie so anblickte – erkannte
sie, dass sie sich geirrt hatte.
    Nick liebte sie.
    Das stand außer Frage.
    Anna fühlte einen Klumpen im Hals. Sie streckte ihre Hand aus und
strich ihm durchs Haar. Als ihre Finger über seine Schläfen fuhren, fühlte sie
eine leichte Erhebung. Sie zog ihre Hand weg und sah eine dünne Narbe, etwa
fünf Zentimeter lang, genau unter seinem Haaransatz. Im dämmrigen Licht des
Schlafzimmers sah die Linie silbrig aus. Sie war ihr vorher noch nicht aufgefallen.
    Â»Wo ist die her?«, flüsterte sie und berührte die Narbe.
    Â»Hm.« Seine Mundwinkel gingen ein wenig nach unten. »Ein Autounfall.
Ich war acht.«
    Â»Was ist passiert?«
    Â»Mein Dad ist durch die Stadt gefahren.«
    Nick hielt inne.
    Â»Hat er einen anderen Wagen gerammt?«, half sie ihm auf die Sprünge.
    Nick ließ sich auf den Rücken rollen und verschränkte die Hände auf
dem Kopf. Anna stützte sich auf einen Ellbogen, damit sie sein Gesicht sehen
konnte. Er starrte an die Decke.
    Â»Nein«, antwortete Nick schließlich. Seine Stimme war weich, aber
angespannt. »Da war ein Jugendlicher auf einem Fahrrad. Ein schwarzer
Jugendlicher, etwa fünfzehn. Er schoss zwischen parkenden Autos vor. Mein Vater
bremste heftig und der Wagen schlingerte. Ich hatte keinen Sicherheitsgurt um
und bin mit dem Kopf aufs Armaturenbrett geknallt.«
    Â»O Nick, das ist schrecklich.« Sie betrachtete die Narbe auf seiner
Stirn. »Du armer Kerl.«
    Â»Mir fehlte nichts. Der Junge ist verletzt worden. Wir haben ihn
angefahren.«
    Â»Wie ging es ihm?«
    Â»Da bin ich mir nicht sicher.« Nick schluckte. Er drehte seinen Kopf
und blickte zum Fenster. Das Licht der Straßenlampen war durch den hauchdünnen
Blendschutz nur als schwacher Schein zu erkennen. »Das Letzte, was ich gesehen
habe, war, dass er am Straßenrand lag. Mein Dad fuhr davon.«
    Es brauchte eine Minute, bis Anna die Information verdaut hatte.
    Â»Herrje. Hat dein Vater Schwierigkeiten bekommen?«
    Â»Typen wie mein Vater kommen wegen solchem Mist nicht in
Schwierigkeiten. Er hat seinen Anwalt oder sonst jemanden eine Kopie des
Polizeiberichts besorgen lassen. Daraus ging hervor, dass sie weder sein
Autokennzeichen noch das Fabrikat seines Wagens hatten. Es war in einer
schlimmen Gegend der Stadt passiert. Niemand würde ihn jemals ausfindig machen.
Also hat er die Beulen beseitigen und den Wagen neu lackieren lassen. Und das
war es dann.«
    Anna starrte Nick entsetzt an.
    Â»Hast du jemals herausgefunden, wer der Jugendliche war? Oder was
mit ihm passiert ist?«
    Â»Nein. Ich war ja selbst noch ein Kind.« Nick schloss die Augen.
»Ich hatte den Eindruck, ihn ein paar Mal gesehen zu haben. Als ich wegen eines
Falles in der Gegend zu tun hatte. Und einmal auf dem Flur im Superior Court.
Aber er ist es nicht gewesen.«
    In Anna zog sich alles zusammen. Nick hatte sein ganzes Leben lang
Ausschau nach diesem Jugendlichen gehalten. Ihr Bild von Nick kam diese Nacht
nun schon zum zweiten Mal ins Wanken. Er war nicht einfach nur ein hübscher
Junge, der seine Strafverteidigerbühne dafür nutzte, um bei Cocktailpartys Hof
zu halten. Er versuchte, das Unrecht seines Vaters wiedergutzumachen. Er tat
sein Bestes, um den Fehlern seiner Familie zu entkommen.
    Genau wie sie.
    Anna wollte Nick irgendwie heilen, ihm sein Leben leichter machen,
ihn vor der Welt beschützen.
    Ihr wurde klar, dass auch sie ihn liebte.
    Sie legte ihre Hand auf seine Wange, drehte sein Gesicht zu ihr hin
und küsste seine Narbe.
    An einem sonnigen Samstag im August berichtete Nick, dass
er es geschafft hatte, noch Tickets für ein ausverkauftes

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