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Ewig sollst du bueßen

Ewig sollst du bueßen

Titel: Ewig sollst du bueßen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allison Leotta
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sich zutraute, in einer der schlimmsten Gegenden von D.C. zu
bestehen. Es war ein schmaler Raum mit einem Zementboden und drei bloßen
Glühbirnen. Auf ein paar wackligen Metallregalen reihten sich Schachteln mit
Kaugummi, Lutschern und Chips und Stapel von Seife, Windeln und Shampoo. Eine
Kaffeemaschine stand auf einem Klapptisch, der mit einer klebrigen Schicht
Zucker und Milchpulver bedeckt war. Samir gab Cops ihren Kaffee aus, in der
Hoffnung, die Polizisten würden sich in seinem Laden aufhalten. Flaschen mit
Limonade und bunten Fruchtsäften standen aufgereiht in einem schmalen Kühlschrank.
D’marco schnappte sich eine Tüte Kartoffelchips und eine Orangenlimo.
    Als er zum Kassenschalter ging, hielt Samir schon eine Packung
ultra-leichte Mentholzigaretten für ihn bereit sowie drei Rubbellose. D’marco
mochte das. »Sonst noch etwas?«, fragte Samir durch das Mikro auf seiner Seite.
D’marco schaute sehnsüchtig auf die Schnapsflaschen, die ihm von den Regalen
hinter dem Schalter aus zuwinkten, doch er schüttelte den Kopf. Er fing ein
neues Kapitel an. Er schob einen Zwanziger in die Metallschale, und als Samir
sie zurückdrehte, waren seine Zigaretten, die Rubbellose und das Wechselgeld
darin. Dann fiel ihm noch etwas ein, und D’marco deutete auf eine Stoffrose in
einem durchsichtigen Plastikzylinder. Er wollte Laprea heute Abend etwas
Schönes mitbringen.
    Als er den Laden verließ, wäre D’marco beinahe mit Ray-Ray
zusammengestoßen, der hereinkam. Ray-Ray begrüßte ihn überschwänglich. »D!« Die
beiden Männer schüttelten sich die Hände, berührten sich leicht an den
Schultern und klopften sich gegenseitig auf den Rücken. Sie waren nur ein paar
Häuser entfernt voneinander aufgewachsen. Sie waren nicht verwandt, aber sie
standen sich sehr nahe, waren wie Familie füreinander; D’marco sah Ray-Ray als
seinen Sandkasten-Cousin an. D’marco bedeutete Ray-Ray, mit ihm nach draußen zu
kommen, und die beiden stellten sich ein wenig entfernt von den anderen Männern
vor eine Treppe. D’marco öffnete sein Zigarettenpäckchen und bot es Ray-Ray an.
Ray-Ray nahm dankbar eine Zigarette.
    D’marco betrachtete Ray-Ray, als sie sich Feuer gaben. Der gute alte
Ray-Ray. Er war so groß wie D’marco, aber während D’marco ein Muskelpaket war
und sich mit langsamer Lässigkeit bewegte, war Ray-Ray so dünn wie eine
Straßenkatze und voll nervöser Energie. Seine Dreadlocks waren locker
zurückgebunden und gaben den Blick auf einige Narben auf seinem schmalen Hals
frei. D’marco kannte die Geschichte hinter jeder dieser Narben – aber er wusste
nicht, wie sein wirklicher Vorname lautete. Für D’marco und jeden, den D’marco
kannte, war er einfach Ray-Ray.
    Â»Du schlägst zu heute Abend?«, fragte Ray-Ray.
    Â»Was meinst du?« D’marco lächelte und nahm einen langen Zug von
seiner Zigarette.
    Â»Die Rose«, sagte Ray-Ray und deutete auf den Plastikbehälter, den
D’marco auf den Vorsprung hinter ihm gestellt hatte.
    Â»Die ist für Pree. Wir sind wieder zusammen.«
    Â»Wirklich? Obwohl sie dich ins Gefängnis gebracht hat?«
    Â»Nee, sie hat die Kurve gekriegt. Am Ende. Sie hat ausgesagt, dass
ich ihr nichts getan habe.«
    Â»Mann, wenn ich du wäre, würde ich mir den Cop mal vornehmen.«
    Â»Mann, der hat doch nichts getan. Der hat doch nur seinen Job
gemacht, weil sie die Polizei angerufen hat.«
    Â»Nee, D, doch nicht der Cop. Der, der
Laprea gefickt hat, als du hinter Gittern warst.«
    D’marco betrachtete Ray-Ray mit zusammengekniffenen Augen. Er stieß
den Rauch in zwei dicken grauen Linien durch seine Nase aus. Als er wieder
sprechen konnte, war seine Stimme tief und bedrohlich.
    Â»Was zum Teufel sagst du da?«
    Ray-Ray schob nervös eine leere Limobüchse mit den Füßen hin und
her. Er hatte keine schlechten Nachrichten überbringen wollen. »Du … mmh …
du hast nichts gehört? Vergiss es. Gerüchten kann man sowieso nicht trauen«,
fügte er noch lahm hinzu.
    Für Ray-Ray schien es, als ob D’marco für einen Moment ruhig
dastand, seine Zigarette bis zum Filter rauchte und den vorbeirauschenden
Verkehr beobachtete. Doch in D’marcos Brust verwandelte sich der Herzschlag vom
Tuckern eines Wagens im Leerlauf zu einer donnernden Dampfmaschine.

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