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Ewig

Ewig

Titel: Ewig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer , David G. L. Weiss
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chinesische Kaiser, der sich ein gigantisches Mausoleum bauen lässt, das mit allen technischen Raffinessen wie fließendem Quecksilber ausgestattet ist, zahllose Paläste hat und ein Tyrann ist, der für den Tod von Millionen von Menschen verantwortlich ist. Zwischen den beiden liegen nicht nur geographisch Welten.«
    »Folgen wir dem Weg des Kaisers, fahren wir südwärts nach Wiener Neustadt«, meinte Wagner und rollte vom Gelände des Missionshauses. »Aber wenn ich so überlege, eine Parallele fällt mir doch auf«, sagte der Reporter nach einer Weile. »Beim chinesischen Kaiser weiß man es nicht sicher, aber Friedrich liegt definitiv nicht in seinem Sarkophag in der Stephanskirche, im Gegenteil, er ist spurlos verschwunden.«
13. April 1976, Gräberfeld von Xi’an, Provinz Shaanxi/Zentralchina
    D ie Gruppe der vier Archäologen aus Shanghai war bereits seit mehr als zwölf Stunden damit beschäftigt, die Farbschichten auf einem der Terrakotta-Soldaten zu fixieren. Erfahrungen der letzten zwei Jahre hatten gezeigt, dass die Farben der Tonfiguren weder Licht noch die wechselnden Temperaturen aushielten und sich sofort begannen, abzulösen und zu zerfallen. Die Konservierung der kunstvollen Bemalung war seit der Entdeckung der Armee aus Ton die vordringlichste Aufgabe der Restauratoren. Die Figuren in den drei Gruben würden noch in den nächsten Jahrzehnten den Arbeitsplan von Archäologen aus ganz China füllen.
    »Ist die Gruppe von Professor Wu mit den Untersuchungen in der vierten Grube fertig geworden?«, fragte Man Ho, der Koordinator der Ausgrabungen, als er den Kopf durch die Tür der provisorisch errichteten Baracke steckte.
    »Soviel ich weiß, ja«, antwortete eine junge Archäologin, die vor einem Jahr extra aus der Provinz Guangdong angereist war und ihren gut bezahlten Job als Assistentin an der Universität von Guangzhou an den Nagel gehängt hatte, um bei den sensationellen Ausgrabungen in Xi’an dabei zu sein.
    »Professor Wu hat kurz vorbeigeschaut und ist dann weitergegangen zur großen Grabpyramide. Dort wurden heute Morgen die Magnetometer aufgestellt und die Ortungsgeräte in Betrieb genommen.«
    Man Ho nickte und schloss wieder die Tür. Er verließ die Baracke und blickte sich um, während er den geschwungenen Weg zur Hauptausgrabungsstätte nahm. Er war immer wieder erstaunt, was für Veränderungen in den letzten zwei Jahren hier vor sich gegangen waren. Felder, die seit Jahrtausenden von den einheimischen Bauern bewirtschaftet worden waren, galten nun als Sperrgebiet, das von schwer bewaffneten Kräften der Armee gesichert wurde. Die Gegend um die große Pyramide war ohne besonderen Ausweis gar nicht mehr zu betreten. Wenn Man Ho daran dachte, dass es rund um Xi’an mehr als einhundert Pyramiden gab, machte er sich um die Zukunft seiner Tätigkeit hier keine Sorgen. Damit würden er und seine Söhne und seine Enkel beschäftigt sein, rund um die Uhr und 365 Tage im Jahr, bis an das Ende ihres Lebens.
    Man Ho bereute es nicht, nach Xi’an, an den Ausgangspunkt der Seidenstraße, gekommen zu sein. Hier würde er auch in Pension gehen, dachte er, als er die Wache passierte, die aufmerksam und zum dritten Mal am heutigen Tag seinen Ausweis kontrollierte. Dann salutierte der schwerbewaffnete Soldat mit steinerner Miene und winkte Man Ho durch. Der Ingenieur nickte ihm zu und machte sich auf seinen Weg zur Grabpyramide des Kaisers. Sie lag genau zwei Li weit vom nächsten Fluss, dem Sha, entfernt. Die Konstruktion selbst war so ausgeklügelt, dass es noch Jahrzehnte dauern würde, bis man sie völlig verstehen würde.
    Unter dem gewölbten Vordach, das sich über den Eingang zur zentralen Grabpyramide spannte, stand eine Gruppe von Männern in Zivil und in Uniform um mehrere große Apparate herum.
    Notstromaggregate ratterten unaufhörlich und bliesen dicke Dieselwolken in die Luft, die bereits rauchgeschwängert war. Man Ho hustete und blickte sich suchend nach Professor Wu um. Der kleine, fast kahlköpfige Mann, der in einem abgewetzten Anzug steckte und dessen Augen durch dicke, runde Brillen fast übernatürlich vergrößert wurden, diskutierte angeregt mit einem der Techniker. Die Regierung hatte ihn als einen der ersten Wissenschaftler nach Xi’an berufen und Wu hatte seinen Lehrstuhl an der Universität in Beijing innerhalb einer Woche aufgegeben, als er hörte, worum es ging.
    »Professor Wu!«, rief Man Ho über den Lärm der Generatoren hinweg und winkte. Die kleine Gestalt

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