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Ewige Nacht

Ewige Nacht

Titel: Ewige Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilkka Remes
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Ralf, denn sie wollte ihm glauben. Während der letzten zwei Jahre war sie ihm treu gefolgt, hatte gelernt, ihm zu vertrauen und selbst seines Vertrauens würdig zu sein. Mit der Zeit hatte sie auch akzeptiert, dass Ralf ihr nicht alles erzählen konnte.
    »Der Überfall von Bremen ist der jüngste in einer Serie von Raubüberfällen auf Geldtransporter in Deutschland …«
     
    Timo Nortamo tat alles, um seine Stimme ruhig zu halten, aber das war nicht leicht. Er saß in seinem Büro und hielt in der einen Hand das Telefon, in der anderen die Quittung, die ihm Aaro gefaxt hatte.
    Prima.
    Der Sohn eines Experten für Verbrechensaufklärung begeht Bestellungsbetrug. Und bricht das Gesetz, indem er Abhörgeräte an Computer anschließt.
    Aaros Telefon klingelte, aber er ging nicht ran. Er hatte schon auf dem Display gesehen, wer es war.
    Timo seufzte, legte ein Bein auf den Schreibtisch und ließ das Telefon klingeln. Neben ihm an der Wand hing eine große Karte von Europa, dem Kontinent, für dessen innere und äußere Sicherheit die TERA verantwortlich sein sollte. Dabei war einer ihrer Mitarbeiter nicht einmal in der Lage, für die Sicherheit seines eigenen Heim-PCs zu sorgen.
    Der Schreibtisch quoll über vor Ordnern, Kopien und ausgedruckten E-Mails. Die jüngsten hatten mit einer Serie von Überfällen auf Geldtransporter zu tun. Mitarbeiter des deutschen Nachrichtendienstes hatten herausgefunden, dass es da im Hintergrund irgendwelche Verbindungen zu radikalisierten Globalisierungsgegnern und ökomilitanten Kreisen gab.
    Timo ließ hartnäckig das Telefon klingeln. Er wusste, Aaro hatte nicht aus Bosheit gehandelt, sondern aus Gedankenlosigkeit. Timos Mutter und seine Frau Soile hielten ihm schon seit Jahren Predigten darüber, dass Aaro zu früh in die Welt der Erwachsenen hineingerate. Und Timo hatte jedes Mal wieder seine Machtlosigkeit beteuert: Er konnte den Jungen doch nicht zwingen, mit Holzkühen zu spielen, wenn er sich mehr für HTML-Programmierungen interessierte.
    Schließlich meldete sich Aaro. »Hi.«
    »Was treibst du?«, fragte Timo scharf.
    »Ich sauge den Laden. Hab das Telefon nicht gehört.«
    »Saugen hilft jetzt auch nichts mehr.«
    Stille.
    »Dann eben nicht.«
    Aaros kleinlaute Stimme sorgte dafür, dass Timo sich selbst hasste. Solche Dinge erledigte man nicht am Telefon, sondern unter vier Augen. Er hatte seinen Sohn zuletzt vor drei Wochen gesehen, auch im Sommer verbrachte er viel zu wenig Zeit mit ihm, das wusste er.
    Er ließ die Stille noch etwas wirken, dann fragte er: »Warst du beim Angeln?«
    »Beim Angeln?«
    »Am Wochenende fahren wir aufs Meer. Wir leihen uns Ekis Boot.«
    »Das gibt der uns nie.« Aaros Stimme hatte wieder Farbe bekommen.
    »Doch, das wird er«, sagte Timo und schwieg dann eine Weile. »Was das Abhören betrifft. Du weißt, dass das nicht in Ordnung war.«
    »Ich war ein bisschen zu … Wird nicht wieder vorkommen.«
    »Wir sprechen am Wochenende darüber. Ich rede auch mit Oma. Du wirst ihr jeden einzelnen Euro zurückzahlen. Und dann rufe ich Eki wegen des Bootes an.«
    »Im Bootsgeschäft in der Jokikatu gibt es den neuen Navi von Garmin. Da kann man Seekarten aus dem Internet draufladen«, sagte Aaro. »Ob man den mal ausleihen oder zwei Tage testen kann?«
    »Karte und Kompass genügen völlig. Und die Sterne.«
    »Okay. Die Steinzeitgeräte muss man auch beherrschen, falls der Navi mal abkackt.«
    Timo steckte das Telefon in die Tasche und verließ sein schäbiges Büro. War er zu lax gewesen? Woher sollte ein Kind lernen, was richtig und was falsch war, wenn nicht von seinen Eltern und wenn nicht in genau so einer Situation wie dieser? Aber am Telefon konnte man keine Abreibungen erteilen. Und Aaro war sich ja seiner Schuld bewusst.
    Timo überlegte, was er Soile sagen sollte. Müsste nicht auch die Mutter mehr Zeit mit ihrem Kind verbringen, statt in den Tiefen ihrer Forschungsarbeit zu versinken?
    Mit knurrendem Magen ging Timo in die Kantine im Keller und stellte sich in die Schlange. Er schob das Tablett auf der Ablage vor sich her und pflückte sich hinter den Baguettes eine Scheibe halbwegs dunkles Brot heraus, das dunkelste, das es gab.
    »Wie man hört, strebt dein Sohn eine Karriere in der Gegenspionage an«, sagte ein Brite hinter ihm.
    Timo verzichtete auf die Butter und tat so, als hätte er es nicht gehört. Das wirkte immer am besten. Finnische Knorrigkeit veranlasste die anderen am ehesten zur Vorsicht und provozierte im besten Fall

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