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Ewige Nacht

Ewige Nacht

Titel: Ewige Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilkka Remes
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eingebaut hat?«, fragte Sami, der neben Vakkuri saß. Der 24-jährige Mann aus Kerava war vor einem halben Jahr vom Wachmann zum Beifahrer gemacht geworden.
    »Bloß, dass er sich einen kaufen wollte.«
    »Jetzt hat er ihn … Fährt einen winzigen Mazda und holt sich am Zahltag eine echte Auto-Hifi-Anlage. Der Verkäufer listet auf, was es an Lautsprechern gibt: acht Zoll, zehn Zoll … Nein, mehr Power, sagt Panu, und der Verkäufer geht zu größeren Kalibern über …«
    Vakkuri hatte nichts dagegen, dass sich das Führerhaus mit Samis Geplauder füllte, aber er konzentrierte sich aufs Fahren. Leichter Regen hielt die Scheibenwischer auf Trab. Beide Männer trugen blaugraue Einheitspullover mit kleinen Schlaufen an der Brust für Stifte. Am Gürtel hingen ein Lederhalfter mit Gaspistole und eine Kette mit Schlüsseln.
    Im hinteren Teil des Wagens war niemand, nur die Fracht, über deren Inhalt weder Vakkuri noch Sami etwas wussten. Aus Sicherheitsgründen war nur der Fahrtenkontrolleur im Büro von SecuriGuard in Vantaa informiert. Der Kontrolleur wurde mittels eines am Armaturenbrett angeschlossenen Navigationstelefons permanent darüber informiert, wo sich das Auto gerade befand.
    Der Wagen war der beste von SecuriGuard, etwas ganz Anderes als die gewöhnlichen Lieferwagen, mit denen Vakkuri früher die Geldsäcke eingesammelt und die Geldautomaten gefüllt hatte. Der Ostverkehr war die Visitenkarte der Firma, damit versuchte sie auch Kunden in Russland zu erreichen, wo es für Werttransporte einen immer größeren Markt gab.
    Vakkuri war ein erprobter Ost-Fahrer. Andere wollten auf keinen Fall nach Russland hinüber, obwohl es dort bislang noch nie größere Schwierigkeiten gegeben hatte.
    »Rate mal, was passiert ist!«, sagte Sami und plapperte weiter, ohne die Antwort abzuwarten: »Der Typ kauft sich einen 15-Zoll-Sub, trägt ihn zu seinem Auto und stellt fest, dass der nicht mal in den Kofferraum passt!«
    Die Scheinwerfer leckten über den feuchten Kiefernwald. Es waren keine anderen Fahrzeuge unterwegs, rechts und links der Abkürzung standen nicht einmal Häuser.
    »Aber unser Panu ist ja clever«, erzählte Sami weiter. »Baut die Rückbank aus und setzt dort den Subwoofer ein. Der Verstärker hat mehr Leistung als der Motor vorne im Mazda, und die Bässe dröhnen, dass im Umkreis von hundert Metern an allen Häusern die Scheiben zittern …«
    In Vakkuris Brusttasche klingelte das Privathandy. Das Autotelefon war am Armaturenbrett befestigt, es lief im Freihandbetrieb, und man konnte auf Knopfdruck die Verbindung herstellen.
    Vakkuri drosselte das Tempo. Im beleuchteten Display sah er Riikkas Nummer. Das erleichterte ihn, denn er hatte den Abend über mehrfach versucht, seine Frau zu erreichen.
    »Hallo, mein Schatz«, fing Vakkuri an, aber eine weinerliche Stimme unterbrach ihn.
    »Jani, hör genau zu … Lös keinen Alarm aus …!« Riikka schluchzte und konnte kaum weitersprechen, aber dann fasste sie sich und sagte mit zitternder Stimme: »Wenn du Alarm auslöst, werden Laura und ich …« Sie schluchzte heftiger. »… umgebracht.«
    5
    Noora sah die Scheinwerfer hinter der Kurve im leichten Regen entgegenkommen. Der blaugraue Werttransporter verlangsamte die Geschwindigkeit, und der Fahrer setzte den Blinker.
    Noora warf Ralf einen Blick zu. Der zog sich die Sturmhaube über, die nur die Augen frei ließ. Sie saßen im Ford, auf einem kleinen Waldweg, fünfzig Meter von der Hauptstraße entfernt.
    Ralf legte die Hand auf den Türgriff.
    »Mach dir keine Sorgen«, sagte er leise. »Alles wird gut gehen.«
    Noora schaute Ralf ängstlich an und griff nach seiner Hand.
    Der Geldtransporter bog in den Seitenweg ein und kam langsam näher.
    Ralf löste sich sanft aus Nooras Griff, nahm die Waffe aus der Tasche und öffnete die Tür.
    Noora sah vom Steuer aus zu, wie Ralf ruhig auf das näher kommende Auto zuging. Weil sie die Einzige war, die Finnisch konnte, hatte sie die schrecklichen Worte auf Band sprechen müssen: »Wenn dein Mann Alarm auslöst, bringen wir dich und dein Baby um.« Als sie gebeten wurde, den Satz für die Aufnahme noch einmal zu wiederholen, hatte sie immer stärkere Zweifel bekommen. Jetzt war sie geradezu erleichtert, dass die Aktion in Gang kam. Schließlich handelten sie für eine gerechte Sache.
    Der Lieferwagen fuhr auf Ralf zu, bis der dem Fahrer mit einem Handzeichen signalisierte, anzuhalten.
     
    »Tu jetzt nichts!«, flüsterte Jani Vakkuri seinem Beifahrer Sami zu.

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