Ewige Nacht
schlafen.«
Jussi Välimäki von der Sicherheitspolizei hatte versprochen, ihn vom Flughafen abzuholen. Timo verließ die Ankunftshalle und sah hinter der Reihe der Taxis einen kleinen, grauen Toyota, an dessen Steuer ein großer Mann saß und winkte.
Timo bugsierte den eilig gepackten Koffer in den Kofferraum und setzte sich auf den Beifahrersitz. Välimäki war fast so groß wie er, aber dünn und schmalschultrig. Sein Gesicht erinnerte ein bisschen an Cary Grant. Timo mochte Grant als Schauspieler nicht sonderlich. James Stewart gefiel ihm besser.
»Du fährst ja noch immer diese Sardinenbüchse«, brummte Timo, während er ächzend den Gurt anlegte. »Dein Kopf scheuert sogar am Dach … Ist das nicht ein miserabler Grund für eine Glatze?«
Välimäki blickte in den Seitenspiegel und fuhr los. »Bei meinem Gehalt wechselt man nicht so leicht den Wagen.«
»Irgendwas vom Außendienst gehört?«
»Wenig. Außer dass ein V-Mann in Kotka behauptet, es könnte sich ein Deutscher in der Gegend aufhalten. Der Freund einer finnischen Aktivistin.«
»Name?« Timo zog sein Notizbuch aus der Tasche.
»Tatu.«
»Ich meine nicht den V-Mann, sondern den Deutschen.«
»Ralf. Nachname nicht bekannt.«
Timo sah Välimäki scharf an.
»Und dieser Ralf ist in Kotka?«
»Möglicherweise.«
»Wie kann ich deinen V-Mann erreichen?«
»Überhaupt nicht. Nur ich erreiche ihn. Wenn ich es für klug halte.« Välimäki bog in die Straße ein, die zum Autobahnring führte und schaltete in einen höheren Gang.
Timo begriff, dass er sich um die Einzelheiten wohl selbst kümmern musste. Wer von außen kam, die Dinge im größeren Zusammenhang sah und Befehle erteilte, stieß schnell gegen eine Backsteinwand und verlor den Rückhalt seiner alten Kollegen. Diese Lektion hatte Timo schon gelernt, als er im Generalkonsulat in Sankt Petersburg als Sonderexperte der Polizei gearbeitet hatte.
»Hinter den Überfällen auf Geldtransporte in Deutschland steckt laut BfV eine militante Aktivistengruppe namens G1«, sagte Timo, während er das Handy aus der Innentasche seiner Jacke zog. »Sie haben Kontakt zur RAF und eventuell auch zu anderen alten Terroristen. Ein Mitglied der Gruppe hält sich derzeit in Finnland auf, und das könnte dieser Ralf sein, den dein V-Mann erwähnt hat.«
Timo holte sein Telefon aus der Tasche. »Gib mir die Nummer. Ich will mit dem V-Mann reden.«
»Wird dieser Ralf in Deutschland gesucht?«
»Ja. Ein schwerer Brocken.«
Välimäki zog sein eigenes Handy heraus und suchte nach der gespeicherten Nummer.
»Was ist dein V-Mann für ein Typ?«, fragte Timo.
»Arbeitet bei der Post.« Välimäki hielt Timo das Telefon hin. Sie näherten sich der Autobahn nach Tuusula. »Tatu, wie gesagt. Abitur, abgebrochenes Forstwirtschaftsstudium.«
Timo drückte auf die Taste mit dem grünen Hörer und legte das Handy ans Ohr.
»Tatu«, meldete sich eine scharfe Stimme.
»Hier ist Timo Nortamo, hallo. Neben mir sitzt Välimäki. Du hast etwas über einen Deutschen namens Ralf gehört.«
»Stimmt. Ich kenn hier eine Tierärztin, die hat eine Bekannte aus Deutschland …«
»Namen und Adressen.«
»Hanna Kanerva. Die Praxis ist in der Olavinkatu, die Nummer weiß ich nicht. War früher ein Lebensmittelladen drin. Noora Uusitalo lebt in Deutschland. Hanna behauptet, Noora habe einen deutschen Freund namens Ralf.«
»Kannst du noch einmal mit Hanna reden, ohne dass es auffällt?«
»Ich weiß nicht … Ist ziemlich schwierig.«
Timo überlegte kurz. Der V-Mann war Amateur, und man wusste nicht viel über seine Fähigkeiten und Motive. »Ich komm später noch mal darauf zurück.«
Timo unterbrach die Verbindung. »Ich fahre morgen nach Kotka.«
Välimäki sah ihn überrascht an.
Das blaugraue Fahrzeug, das aussah wie ein Lieferwagen, rollte die schmale, unbefestigte Straße entlang, die das nordöstliche Gewerbegebiet von Kotka mit der Straße nach Hamina und der Fernstraße Helsinki-St. Petersburg verband. Am Steuer saß Jani Vakkuri. Er fuhr vorsichtig und in gemächlichem Tempo.
Das Fahrzeug mit dem Volkswagen-Chassis war gut zu fahren, denn das größere Gewicht wurde durch strammere Federung und einen effektiveren Motor kompensiert. Aber die Straße war kurvenreich, und Vakkuri wollte auf Nummer sicher gehen. Schließlich war er mit Hilfe eines psychologischen Tests für diesen Job gerade deshalb ausgesucht worden, weil er Risiken mied.
»Hast du schon von dem Subwoofer gehört, den sich Panu
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