Ewige Nacht
Gepäck.
»Gehört der ihnen?«, fragte Noora mit gesenkter Stimme. Ihre Aufmerksamkeit richtete sich auf den rechteckigen Aufkleber neben dem Nummernschild.
Ralf blickte bei der Fahrt vom Autodeck stur nach vorn. Auf der Rampe bogen sie scharf nach links ab auf die asphaltierte Fläche, die von niedrigen Lagerhallen, Baracken und Sattelanhängern umgeben war. Der Morgen im Hafen von Travemünde war neblig und warm. Eine Zugmaschine, mit der die Sattelanhänger rangiert wurden, huschte leer an ihnen vorbei.
Am Ende der Fahrspur war eine Kurve mit einem Schild auf der rechten Seite: A USFAHRT, Z OLL, 800 M ETER . Die Autoschlange bewegte sich in die vorgeschriebene Richtung. Ralf blickte in den Rückspiegel und sah Sakombi mit dem Dethleffs in der Schlange.
Nach der Biegung schlängelte sich die Fahrspur über das Hafengelände. Links standen Container und Anhänger in Reihen, hinter den flachen Gebäuden zur Rechten lag die Nils Holgersson der schwedischen Reederei TT-Linien.
Ralf drückte während der Fahrt eine Kurzwahltaste und sagte: »Containerreihe links, Pausenbaracke rechts.«
Gleichzeitig scherte er aus und hielt vor der Baracke neben zwei Lieferwagen.
Ohne ein Wort stiegen Ralf und Noora aus und gingen auf die Rückseite der Baracke. Als sie den Schutz eines rostigen Containers erreichten, beschleunigten sie ihre Schritte, rannten aber nicht. Ralf hielt das Telefon fest umklammert und wäre fast im Matsch ausgerutscht.
Nach den Containern kamen niedriges Gebüsch und eine schmale grasbewachsene Zone, hinter der ein hoher Maschendrahtzaun aufragte, der das gesamte Hafengebiet einfasste.
Ralf sah auf der anderen Seite des Zauns in einem lichten, windgepeitschten Wäldchen einen Mann herbeieilen. Er steckte das Handy in die Tasche und wartete auf Noora, die zurückgeblieben war. Sie war außer Atem, wirkte aber ruhig.
Ralf hatte von Tag zu Tag mehr Respekt vor ihr: Je prekärer die Lage wurde, umso bessere Nerven bewies die junge Finnin.
Der Mann auf der anderen Seite des Zauns blieb vor einer rostigen Tür im Zaun stehen, holte eine hydraulische Zange aus seiner Umhängetasche und begann, das Vorhängeschloss aufzubrechen.
»Schneller«, zischte Ralf nervös.
Die Autoschlange stand vor den drei Zollhäuschen am westlichen Rand des Hafengeländes. Die Beamten in den grünen Uniformen arbeiteten zielstrebig und ohne Hast.
Ein schnurrbärtiger Mann in Lederjacke ging an der Schlange entlang und blickte verstohlen auf die Nummernschilder, besonders auf die von Renaults. Der größte Teil der Autos kam von der Finnhansa und war in Finnland oder Deutschland zugelassen, aber es waren auch Fahrzeuge aus Holland, Belgien, Österreich und der Schweiz dabei. An den Rückspiegeln hinter den Windschutzscheiben hingen Zettel mit den Symbolen der Schiffsgesellschaften. Der Mann ging an einem in Finnland registrierten Dethleffs-Wohnmobil vorbei, ohne ihm Beachtung zu schenken.
Der grauhaarige Fahrer des Wohnmobils gähnte hinter der Scheibe und starrte gelangweilt vor sich hin.
An der zweiten Schlange ging ein Mann in Jeans und Windjacke entlang. Als er das Ende erreicht hatte, unterhielt er sich mit seinem Kollegen von der ersten Schlange, der jetzt ebenfalls dort war.
»Nichts«, sagte der Schnurrbärtige leise.
Beide sahen in die Richtung, aus der die Autos gekommen waren. Von dort näherten sich weitere Fahrzeuge, doch die stammten von einem anderen Schiff.
»Ich werde eine Runde um das Hafengelände drehen«, sagte der mit dem Schnurrbart.
Er ging eilig zu den Zollhäuschen zurück, wo die übrige BKA-Gruppe wartete. Einer von ihnen trug die Zolluniform und hatte den Peilsender in der Tasche, den er an dem dunkelblauen Renault befestigen sollte, sobald der Wagen zur »Stichprobe« angehalten wurde.
Der schnurrbärtige BKA-Beamte wechselte ein paar Worte mit dem Leiter der Gruppe, sprang anschließend in einen eckigen Mercedes-Geländewagen und fuhr los.
Die Männer vom BKA behielten alle Autos in der Schlange samt Insassen im Auge und warteten darauf, dass ihnen die Zollbeamten ein Zeichen gaben. Die prüften Pässe und Fahrzeugpapiere und winkten einige Fahrzeuge zur Kontrolle heraus.
Das Dethleffs-Wohnmobil kam näher. Der Wagen vor ihm wurde zur Stichprobe herausgewunken.
Der Fahrer des Dethleffs ließ rechtzeitig das Fenster herunter und reichte seinen Pass hinaus.
Der Beamte schaute den Pass an und verglich das Bild sorgfältig mit dem Gesicht des Fahrers. Das Dokument war auf den Namen
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