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Ewige Nacht

Ewige Nacht

Titel: Ewige Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilkka Remes
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Sakombi Ladawa in Kinshasa, Kongo, ausgestellt, und enthielt ein Dauervisum für Großbritannien.
    »Fahren Sie bitte zur Seite«, sagte der Beamte und wies mit der Hand in die Richtung.
    Der Zöllner, der die vorige Stichprobe gemacht hatte, kam mit einem Drogenhund an der Leine zu dem Wohnmobil. Der Fahrer machte einen gelassenen Eindruck, als er ausstieg.
    »Öffnen Sie bitte die hintere Tür«, sagte der Zöllner.
    Der Fahrer ging um das Wohnmobil herum und machte die Tür auf. Der Hund sprang hinein, gefolgt von dem Zöllner.
    Der Fahrer verfolgte von der offenen Tür aus, wie der Beamte im Wohnmobil die Schränke öffnete. Kurz darauf kam er mit dem Hund wieder heraus.
    »Sie können weiterfahren«, sagte er.
     
    Der schnurrbärtige BKA-Ermittler in Zivil folgte dem Weg, der am Zaun des Hafengeländes entlangführte, und stieg dann aus seinem Mercedes-Geländewagen. Er sah sich die im Zaun eingelassene Tür an. Auf der feuchten Erde davor waren frische Fußspuren zu erkennen. Er prüfte die rostige Klinke und merkte im selben Moment, dass das Schloss aufgebrochen war.
    Rasch zog er das Funkgerät aus der Tasche und teilte dem Leiter der Einsatzgruppe seine Beobachtung mit.
     
    Zur gleichen Zeit schloss im Kabinengang der Finnhansa eine Reinigungskraft die Tür zur Kabine 5020 auf. Mit dem Saubermachen wurde immer erst begonnen, nachdem alle Passagiere von Bord waren, denn das Schiff lag den ganzen Tag im Hafen.
    Die Reinigungskraft betrat die Kabine und schrie auf.
    Auf dem Bett lag ein Mann mit gefesselten Händen und Füßen und verhülltem Kopf. Er lebte, denn er bewegte sich wütend. Erst da bemerkte die Reinigungskraft auf dem anderen Bett den Jungen, der ebenfalls zum Paket verschnürt war.
    »Was ist los, warum schreist du so?«, fragte eine Kollegin. Dann sah sie es selbst. »Großer Gott …«
    Wenige Minuten später wimmelte es in der Kabine von Schiffspersonal. Der Purser nahm dem Mann die Kapuze vom Kopf und löste vorsichtig das Klebeband von seinem Mund.
    »Mein Sohn … helft meinem Sohn …«, keuchte der Finne. »Und gebt mir ein Telefon!«
    Der Mann schloss die Augen und versuchte, sich zu beruhigen. Auf seinem Gesicht standen Erschütterung, Wut und Entschlossenheit.
    17
    Soile fuhr mit der Rolltreppe im Genfer Flughafen hinunter zu den Bahnsteigen und sah auf die Uhr. 8.56 Uhr.
    Der Flug von Helsinki war für sie Routine. Seit langem schon war sie in ihrer Kleidung vom Business-Stil zu Jeans, Lederjacke und bequemen Clarks übergegangen. In dieselbe Richtung hatte sie sich in Sachen Gepäck entwickelt: von der Reisetasche zum Hartschalenkoffer auf Rollen, bis sie schließlich bei Rucksack und kleiner Umhängetasche angekommen war. Die Rucksäcke heute waren teurer, sauberer und leichter als damals bei den Interrail-Touren, aber das Gefühl, das von ihnen ausging, war das gleiche: Freiheit.
    Anfangs hatte sie deswegen ein schlechtes Gewissen gehabt – die Mutter lässt ihren kleinen Jungen bei Vater und Großmutter und genießt schon im Finnair-Bus zum Flughafen ihre Freiheit. Doch als Aaro größer wurde, hörte sie allmählich auf, sich Vorwürfe zu machen. Aber noch immer überging sie lieber die Zeitungsartikel, die den Begriff der Quality Time in Frage stellten und betonten, wie wichtig es war, viel Zeit für Kinder zu haben.
    Das Resultat ihres familiären Lackmustests bekämen sie ohnehin in wenigen Jahren: Würde aus Aaro ein anständiger Weltbürger werden oder ein Problembündel, das darunter litt, aus dem Koffer leben zu müssen? Es gab Anzeichen in beide Richtungen.
    Als sie den Bahnsteig erreicht hatte, wählte Soile Timos Nummer. Sie hatte es schon früh am Morgen auf dem Flughafen Helsinki-Vantaa versucht, aber es hatte sich niemand gemeldet.
    »Hallo«, sagte jetzt eine heisere Stimme.
    Soile erschrak über Timos seltsamen Ton. »Was ist denn mit dir los? Bist du krank?«
    »Wie kommst du darauf?«
    »Du klingst so komisch … Wie war die Fahrt? Hat’s geschaukelt?«
    »Nein. Alles in Ordnung.«
    Soile kniff die Augen zusammen. »Musstest du eine Reisetablette nehmen? Du solltest nicht fahren, wenn …«
    »Ich habe keine Reisetablette genommen. War nicht nötig.«
    »Wo seid ihr?«
    »In der Nähe von Lübeck.«
    »Gibst du mir mal Aaro?«
    »Aaro ist … auf der Toilette. Wir wollen gerade weiterfahren. Ich rufe dich später an.«
    Soile legte nachdenklich auf und ging zum Nahverkehrszug.
    Da klingelte ihr Telefon. P ATRICK, stand auf dem Display. Soile spürte einen

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