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Ewige Nacht

Ewige Nacht

Titel: Ewige Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilkka Remes
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Aktivitäten immer näher an die freie Wirtschaft heran und versuchten, Verbindungen zum Beamtenapparat und zu politischen Entscheidungsträgern herzustellen. Mit dem Eintritt Estlands in die EU waren auch die letzten Grenzzäune verschwunden, die Finnland bislang vor der internationalen Kriminalität geschützt hatten.
    Zwei Jahre zuvor hatte Timo mit Soile und Aaro beim Besuch im Holiday Club in Vuokatti einen Mann gesehen, der ihm bekannt vorgekommen war. Eine der wichtigsten Führungsfiguren der Petersburger Unterwelt hatte dort mit seiner Tochter im Gegenstrombecken geplanscht. Und er war nicht der Einzige seiner Art. In Russland bekannte Verbrecher machten gern im friedlichen Finnland Urlaub. Warum und wie bekamen sie ihr Visum aus Finnland, dem »Land der unbescholtenen und unbestechlichen Beamten«?
    Nördlich von Köln fuhr Timo auf die Autobahn nach Essen ab. Er wusste, dass er den Job hatte, von dem er einmal geträumt hatte, aber jetzt fühlte er sich müde und niedergeschlagen.
     
    Der kleine rundliche Mann und die Frau mit der Windhundgestalt saßen in einem asketischen, nach Desinfektionsmittel riechenden Raum im Krankenhaus der US-Marine in der Nähe von Neapel Der stellvertretende Direktor des italienischen Geheimdienstes, Paolo Giraudo, schaute auf das Foto in seiner Hand, das die Frau aus Washington kurz zuvor aus ihrer Aktentasche geholt hatte. Das Schwarzweißbild zeigte eine faserige Masse, die einem Bündel Seilstücken glich. Am Ende jedes Stücks befand sich eine runde Verdickung.
    »Das ist eine 42000fache Vergrößerung des Viruspartikels, das wir aus dem Blutserum des Patienten isoliert haben«, sagte Doktor Linla Campbell. Sie kannte die Identität des Patienten, der auf der Isolationsstation des Militärkrankenhauses wartete, nicht.
    »Ich habe so etwas noch nie zuvor gesehen«, fuhr Campbell fort. Sie gehörte zu den weltweit führenden Ebola-Experten und hatte das Virus sowohl in seinem natürlichen Verbreitungsgebiet in Zentralafrika als auch im Labor untersucht und zahllose Ebola-Patienten behandelt.
    »Die meisten Viren sind kugelförmig und haben eine raue Oberfläche. Diese hier sind längliche Fasern. Das deutet auf Ebola oder auf ein Filovirus wie das Marburg hin. Aber es unterscheidet sich von den anderen durch den runden Kopf. Ebola und die Marburg-Viren haben einen gebogenen Haken am Ende, wie der Stab eines Hirten. Das hier könnte eine Variante sein … Oberflächlich betrachtet, würde ich sagen, es könnte ein Cousin von Ebola-Zaire sein. Darf ich fragen, woher …«
    »Könnte dieses Virus gentechnisch verändert worden sein?«
    Campbeils Augen verengten sich. »Das schnelle Fortschreiten der Symptome kann auf ein Kombivirus hinweisen. Das würde auch die Form erklären.«
    »Und wo könnte man so eine Veränderung durchführen?« Giraudo sprach Englisch mit starkem italienischem Akzent.
    »Dafür braucht man Fachkenntnis und Ressourcen – de facto eine staatliche Institution. Falls das hier als Biowaffe geplant worden ist, würde ich am ehesten auf China oder Russland tippen, wo man bei der Erforschung der militärischen Anwendbarkeit von Ebola besonders aktiv ist.«
    »Und dagegen gibt es keine Behandlung?«
    »Nicht gegen Ebola. Und wohl kaum gegen das hier. Ich müsste wissen …«
    »Wie ansteckend ist das Virus?« Giraudo starrte auf das Foto.
    »Die Ansteckung mit Ebola-Zaire erfolgt über Körperflüssigkeiten. Als ich in Kiwit, Jambuku, Gabun und Uganda Feldforschung machte, trugen wir nur Mundschutz, Brille und Handschuhe. Aber im vorliegenden Fall ist die Isolierung des Patienten unabdingbar. Es kann sich um ein Kombivirus handeln, über dessen Charakter keine Informationen vorliegen.«
    Giraudo sah die Amerikanerin an, hinter die leise Kardinal Ruggiero getreten war, schwarz gekleidet und mit seinem Kruzifix um den Hals.
    »Ebola zerstört den lebenden Organismus mit unglaublicher Energie«, sagte Campbell, ohne den Kardinal zu beachten, und reichte Giraudo weitere Fotos. »Hier sehen Sie ein typisches Ebola-Opfer.«
    Auf dem ersten Bild waren die Augäpfel des Patienten hellrot. Das Gesicht war gelblich, und jeder Quadratzentimeter der Haut war von kleinen roten Punkten bedeckt. Auf dem nächsten Bild waren die Punkte zu großen Hämatomen angewachsen. Der Patient war aufgedunsen, die violette Zunge quoll ihm aus dem Mund. Die Nierenschale neben dem Kissen war voller dunkler Flüssigkeit.
    Giraudo wechselte rasch das Bild, aber das nächste war noch

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