Ewiger Schlaf: Thriller
allgemein bekannt, dass Frauen, die zusammenleben – Zimmergenossinnen oder Mädchen, die im gleichen Schlafsaal schlafen –, oft gleichzeitig ihre Regel bekommen.«
»Ja, aber in dem Fall könnte etwas Mentales der Grund sein. Wovon ich rede, ist etwas ganz anderes. Keine der beiden Frauen wusste von der anderen. Schon gar nicht, wann die andere ihre Periode hatte. Ich glaube, dass zwischen den Frauen irgendetwas ausgetauscht wurde, auf welche Weise auch immer. Und es konnte nur durch mich übertragen worden sein. Verstehst du? Hormone, Zellen ... ich weiß es nicht. Cole ist das Gleiche passiert. Das sind merkwürdige Gedanken, ich weiß, aber ich will dir nur aufzeigen, dass wir auch heutzutage noch sehr wenig von solchen Dingen verstehen.«
»Das gebe ich zu. Aber was soll ich tun?«
»Ich möchte, dass du offen genug bleibst, um mir die Hilfe zu geben, die ich wirklich brauche. Ich habe viel mehr Angst davor, dass Mallory Candler meiner Frau und meinem Kind etwas antut, als davor, wegen Mordes ins Gefängnis zu kommen. Also, was meinst du?«
Penn atmete tief ein, seufzte und blickte mit einem Ausdruck tiefen Mitleids zu Waters auf. »Ich bin dein Anwalt, John. Und ich denke, dass kein Geschworener in diesem Staat dir das, was du mir gerade erzählt hast, als Verteidigungsstrategie in einem Mordprozess abkaufen wird. Das kann ich dir garantieren.«
Waters wusste nicht genau, worauf er eigentlich gehofft hatte. Doch Penns Weigerung, auch nur darüber nachzudenken, was Waters für die Wahrheit hielt, schien seine Energie aufzuzehren. Schwäche und Erschöpfung überkamen ihn.
»Es wäre unverantwortlich von mir, dir etwas anderes zu sagen«, fügte Penn hinzu.
»Natürlich. Ich verstehe. Also, was tun wir jetzt?«
»Wir gehen zum gerichtsmedizinischen Labor, und du lässt dir für die DNA -Probe Blut abnehmen.«
»In Ordnung.« Waters nahm das Mini- DV -Band aus seiner Gesäßtasche und schob es über den Schreibtisch.
»Was ist das?«
»Das Band von Lily und mir im Bett. Wenn ich im Labor verhaftet werde, möchte ich nicht, dass die Polizei es bei mir findet.«
Als Penn sich das Videoband in die Hemdtasche steckte, musste Waters plötzlich an Annelise denken, die in der Schule saß und nichts von dem Sturm ahnte, der sich um sie herum zusammenbraute. »Ich muss noch in der St. Stephens anrufen, bevor wir gehen.«
»In Ordnung. Stimmt etwas nicht?«
»Ich will nur sichergehen, dass meine Tochter beim Unterricht ist, wo sie sein soll.«
Penn sah seinen Mandanten lange und eindringlich an. »Ich verstehe. Kein Problem, John.«
Das gerichtsmedizinische Labor befand sich in einem unauffälligen Gebäude in der Nähe des St. Catherine’s Krankenhauses. Sie fuhren in Penns Audi dorthin. Die Krankenschwester führte sie gleich ins Labor, wo aber nicht Tom Jackson sie erwartete, sondern ein Techniker aus dem Polizeilabor. Penn schien angenehm überrascht zu sein, und Waters erkannte schnell den Grund dafür: Der gerichtsmedizinische Techniker sprach wenig und stellte keine direkten Fragen.
Waters setzte sich in den phlebotomischen Stuhl, und eine Krankenschwester steckte eine Nadel in die Vene in seiner Armbeuge. Während Waters’ Blut ins Röhrchen floss – ein Beweis, der ihn vielleicht das Leben kostete –, beobachtete er Penn, der nahe bei ihm stand und den Eindruck erweckte, als denke er über die Schwierigkeiten der Verteidigung nach. Waters dachte an Annelise, die in einem Klassenzimmer der St. Stephens saß, wie sein Anruf ergeben hatte. Er würde heute in regelmäßigen Abständen nachfragen, um sich zu versichern, wo das Mädchen sich aufhielt: Solange Mallory nicht Lilys Körper verlassen hatte, schwebte Annelise in ernster Gefahr.
Die Krankenschwester riss das Klettverschluss-Tourniquet ab. »Fest drücken«, sagte sie und deutete auf den Wattetupfer, den sie über seine Vene gelegt hatte. Dann nahm sie Waters eine Speichelprobe ab.
Penn blickte den Labortechniker an. »War’s das?«
Als der Mann nickte, nahm Penn Waters’ Arm, führte den Freund nach draußen und half ihm auf den Beifahrersitz des Audi. Dann setzte er sich hinters Steuer und ließ den Motor an.
»Ich weiß, das war nicht leicht zu verkraften. Es gibt einem das Gefühl, ein Verbrecher zu sein, nicht wahr?«
»Es geht mir gut. Ich bin froh, dass Tom Jackson nicht da war.«
»Ja. Informelle Befragungen sind schwer zu kontrollieren. Wenn man mit den Gedanken woanders ist, sagt man oft Dinge, die man vielleicht nicht
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