Ewiger Schlaf: Thriller
ist Coles Lincoln.«
Waters erkannte das Heck des silbernen Straßenkreuzers, das hinter dem Apartment herausragte.
»Und da ist Cole«, sagte sie.
Ein Lichtstrahl bohrte sich in die Nacht, als sich im ersten Stock eine Tür öffnete. Dann verdeckten Coles Körpermaße den größten Teil davon. Auf dem Absatz der Außentreppe schien er zu schwanken, fing sich dann aber und drehte sich wieder zur Tür um. Eine viel kleinere Gestalt trat ins Licht. Sybil, in einem durchsichtigen Nachthemd. Sie trug nichts darunter. Als sie beide Arme um Coles Hals legte, kurbelte Waters sein Fenster herunter und hörte leises Gelächter. Cole beugte sich zu ihr, küsste sie, gab ihr einen Klaps auf den Po und stieg die Treppe hinunter. Sybil stand im Licht und sah ihm nach.
»Wie können wir sicher sein, dass Mallory in ihr ist?«, fragte Lily. »Wenn die Frau zum Höhepunkt kommen muss, damit sie in ihren Körper kann ...«
Diese Frage hatte Waters sich am Nachmittag auch gestellt. Mallory hatte angerufen und ihm gesagt, er solle nach Mitternacht zu Sybil nach Hause kommen, damit sie zusammen feiern könnten. Als Waters fragte, ob sie sicher sein könne, dass der Übergang in Sybils Körper tatsächlich vonstatten ging, hatte Mallory geantwortet: Wenn ich Cole wäre, würde ich mir vielleicht Sorgen machen. Aber ich bin nicht Cole. Sybil wird heute Nacht den besten Sex ihres Lebens haben – und sie wird keine Ahnung haben, dass es daran liegt, dass ich eine Frau bin.
»Du wirst etwas zu ihr sagen müssen«, meinte Lily. »Sehen, wie sie reagiert. Wenn sie Mallory ist, wirst du es nach den ersten Worten wissen. Und dann erschießt du sie.«
Das tiefe Dröhnen des starken Motors von Coles Lincoln erfüllte die Nacht; und dann durchbrach der bläuliche Lichtbogen von Scheinwerfern die Dunkelheit hinter dem Apartment. Sybil blieb auf dem Treppenabsatz stehen und beobachtete, ob ihr Liebhaber ohne Schwierigkeiten bis auf die Straße kam. Cole hatte offenbar doch getrunken. Nach wenigen Augenblicken setzte der Lincoln zurück, blieb stehen und schoss dann nach vorn, den kleinen Weg entlang und vorbei an dem Reifenstapel in Richtung North Union Street. Sybil wartete, bis Cole gewendet hatte; dann schloss sie die Wohnungstür.
»Jetzt warten wir«, sagte Lily und blickte auf die Uhr. »Eine Stunde.«
Waters seufzte und sah nach Annelise auf dem Rücksitz. Eine Stunde schien eine Ewigkeit, wenn man mit einer Waffe unter dem Sitz auf dem Grundstück eines Fremden saß.
Was, wenn der Eigentümer ihn hatte hereinfahren sehen?
Was, wenn er bereits die Polizei angerufen hatte, um das verdächtige Fahrzeug überprüfen zu lassen?
»Ganz ruhig«, sagte Lily und legte ihm die Hand auf den Oberschenkel. »Alles in Ordnung.«
»Ich weiß.« Aber er hatte nicht das Gefühl, dass alles in Ordnung sei. Er hatte Lily und Annelise zu Hause lassen wollen. Dann hätte seine Frau vor der Polizei beeiden können, dass er bei ihr zu Hause gewesen sei, als der Mord geschah. Aber Lily hatte darauf bestanden, mitzukommen. Sie befürchtete, Waters könne die Nerven verlieren, wenn sie nicht dabei sei. Ein moralisch denkender Mann würde bei einer solchen Tat zwangsläufig an sich zweifeln, vielleicht sogar im entscheidenden Moment zögern. Lily wollte ihn wissen lassen, dass sie fest entschlossen war, dieses Verbrechen zu verüben, um ihre Familie zu retten.
Lilys Anwesenheit verkomplizierte zwar ihr Alibi, doch Annelise würde sie retten. Lily hatte sie zu Hause zur normalen Schlafenszeit ins Bett gebracht – aber nicht, ohne ihr zuvor eine starke Dosis Benadryl in die Limo zu geben. Annelise würde sich am nächsten Morgen nur daran erinnern, zur gewohnten Zeit auf die übliche Weise ins Bett gegangen zu sein und keine Erinnerung an eine mitternächtliche Pick-up-Fahrt haben – und ganz bestimmt nicht an einen Mord. Waters hatte außerdem einen Pay- TV -Film auf dem Satellitenkanal bestellt, bevor er das Haus verließ. Der Film dauerte zweieinhalb Stunden; er und Lily hatten ihn im Kino gesehen. Bis der Film zu Ende war, würden sie nach getaner Arbeit wieder zu Hause sein.
Die Unbekannte in dieser Gleichung war Cole. Waters war sicher, dass Cole – sobald er wieder er selbst war und Lilys Geschichte gehört hatte – die Notwendigkeit ihres Tun einsehen und jede Geschichte bestätigen würde, die sie für notwendig hielten. Und selbst, wenn er ihnen nicht glaubte – was für eine Wahl hatte er schon? Wenn Sybil tot war, würde er ein Alibi
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