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Ewiger Schlaf: Thriller

Ewiger Schlaf: Thriller

Titel: Ewiger Schlaf: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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lassen.
    Waters überlegte gerade, ob er die Waffe aus Coles Hand nehmen sollte, als er auf der Innenseite von Coles linkem Handgelenk eine hässliche Wunde sah. Er beugte sich vor und sah, dass die Verletzung aus mehreren Schnitten bestand, manche davon so frisch, dass das Blut noch nicht getrocknet war. In der Mitte dieses Netzes aus Schnitten befanden sich drei tiefe, parallele Schnitte – ganz ähnlich wie die, die er unter Eves Armbanduhr gesehen hatte. Nur dass diese Schnitte viel schlimmer waren.
    Der Anblick der Wunden rief eine tiefe Veränderung in Waters hervor. Obwohl Mallory ihm die Wunden zugefügt hatte, schienen sie den Schmerz zu versinnbildlichen, den Cole in den letzten Jahren mit sich herumgetragen hatte. Indem sie Sybil als Opfer für den Mord an Mallory auswählten, verschonten sie Cole. Er würde weiterleben, dieselben Fehler begehen, die er immer begangen hatte, nach dem Glück suchen, ohne es zu finden, und vermutlich jung an einem Herzinfarkt sterben oder an den Komplikationen der Diabetes, die er so geflissentlich ignorierte. Schlagartig wurde Waters klar, wie einfach es wäre, Coles Hand mit der Waffe zu heben, die Mündung an seine Schläfe zu drücken und den Abzug zu betätigen. Bis Sybil ins Zimmer käme, könnte Waters auf der anderen Seite des Schreibtisches stehen, fassungslos auf Cole starren und aufrichtige Tränen der Trauer weinen. Mallory wäre tot – und Coles Tod würde man als Selbstmord betrachten. Angesichts der finanziellen Schwierigkeiten Coles, die in der ganzen Stadt bekannt waren, würde es niemand anzweifeln ...
    Cole bewahrte ein paar Polohemden im Schrank auf der anderen Seite des Zimmers auf. Nur um sicherzugehen, wollte Waters seine Hand mit einem dieser Hemden umwickeln, bevor er die Waffe abfeuerte, damit keine Schmauchspuren an seinen Händen zurückblieben.
    Sein Blick schweifte von den Narben zum Revolver, dann auf Coles großen Hinterkopf und die kahle Stelle. Cole hat über die Firma eine Lebensversicherung, dachte er. Er hatte es selbst überprüft – zusammen mit allen anderen Policen –, nachdem Cole die Haftpflichtversicherung nicht bezahlt hatte. Wenn man die 500.000 Dollar, die im Todesfall ausgezahlt würden, dazu benutzte, Coles Schulden in Vegas zu bezahlen, blieben immer noch 150.000 Dollar offen, die Waters aus eigener Tasche übernehmen müsste. Außerdem müsste er regelmäßig erhebliche Summen zahlen, um Coles Frau und seinen Kindern zumindest annähernd den gewohnten Lebensstil zu ermöglichen.
    Den Abzug zu betätigen, dachte Waters, ist das Mindeste, was ich tun kann.
    Der Gedanke widerte ihn nicht so sehr an, wie es eigentlich der Fall sein sollte. Es blieb die schlichte Tatsache bestehen, dass die Gefahr für Lily und Annelise sofort vorbei wäre, wenn Mallory starb.
    Waters stupste Coles Schulter an.
    Sein Partner stöhnte, bewegte sich aber nicht.
    Mit seltsamer Teilnahmslosigkeit ging Waters zum Schrank, holte ein rotes Polohemd heraus, wickelte es um seine Hand und ging zurück an den Schreibtisch. Cole schnarchte immer noch.
    Waters ging in die Knie, legte seine baumwollumwickelte Hand über Coles und hob die Waffe. Coles Atem setzte kurz aus; dann schnarchte er weiter. Ganz langsam richtete Waters die Mündung der Waffe auf Coles Schläfe und steckte den eigenen Finger in den Abzug. So nahe an seinem Partner konnte er Coles unverwechselbaren Geruch wahrnehmen, eine Mischung aus Schweiß, Aftershave und Zigarrenrauch, den Waters überall mit geschlossenen Augen erkennen würde.
    Gott vergib mir, dachte er.
    Kurz bevor er genügend Druck ausübte, um den Hebel zu betätigen, sah Waters ein Zimmer voller Menschen vor dem geistigen Auge. Es waren größtenteils ältere Leute, eine Reihe hinter der anderen, und ein Mann in Schwarz sprach über Gott. Während der Mann redete, drehte Waters sich in der Kirchenbank herum und sah einen einsamen Jungen zwischen zwei Erwachsenen sitzen. Der Junge war Cole Smith, ein sommersprossiger 12- oder 13-Jähriger, doch das Mitgefühl, das sich auf seinem Gesicht spiegelte, hätte für jemanden ausgereicht, der doppelt so alt war. Smith’ Mitgefühl galt John Waters, der gerade seinen Vater verloren hatte.
    Waters erstarrte, den Finger im Abzug – und in diesem grauenvollen Loch in der Zeit hörte er Sybil über den Flur kommen.
    »Cole?«, rief sie. »He, du Schlafmütze.«
    Er ließ Coles Hand mit der Waffe wieder in die Schublade fallen und warf das Polohemd unter den Schreibtisch.
    »Was tun

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